Chicagoland Vampires
wenn es schlecht um dich steht?«
»Es geht darum, dich zu beschützen, bis das Problem gelöst ist. Ich habe dir nicht das Leben gerettet, um es dir zu nehmen, Merit. Ich werde weder dich noch mich ein zweites Mal in die Lage bringen, dich verletzen zu können. So Gott will, werden wir eine Möglichkeit finden, mich von Mallorys Einfluss zu befreien, und das, bevor unsere Unsterblichkeit an uns vorübergezogen ist.«
Es gab Momente, da genoss ich insgeheim Ethans Alphatier-Gehabe. Aber dieser gehörte nicht dazu. In mir stieg Zorn auf, denn seine Sturheit und sein Verlangen, die Kontrolle über jeden Aspekt seines Lebens zu haben, gingen mir gehörig auf den Geist.
»Du löst dieses Problem, indem du mich wegstößt? Du bist ein vierhundert Jahre alter Vampir, und ein simpler Verdrängungsmechanismus ist das Beste, was du zu bieten hast?«
»Solange du nicht selbst von den Gedanken und Launen eines anderen abhängig bist, verzichte ich dankend auf deinen Rat.«
Das war eindeutig, aber ich ließ mich nicht kleinkriegen. »Ah«, sagte ich mit einem Nicken. »Du wirfst mir also so lange Unsinn an den Kopf, bis ich gehe? Weißt du, das hatten wir schon mal. Und am Ende hast du dich bei mir entschuldigt.«
»Das war etwas anderes.«
War es nicht. Nicht wirklich. Doch wenn er das glaubte, was konnte ich schon tun? Er glaubte, er würde mich beschützen; wie sollte ich ihn davon überzeugen können, dass er mit seinem Instinkt falschlag?
Mir standen die Tränen in den Augen. Ich ging zum Ausgang, denn ich würde nicht vor ihm weinen.
»Wir sind hier noch nicht fertig«, rief er mir hinterher.
Ich warf einen Blick zurück und sah in seinen Augen, wie panische Angst in ihm aufstieg. Vielleicht wurde er sich der Folgen seines lächerlichen Verhaltens langsam bewusst. Gut. Vielleicht würde er ja doch noch zur Vernunft kommen. Aber ich würde meine Zeit nicht darauf verschwenden, jemanden davon zu überzeugen, wie wichtig ich für ihn sein konnte.
»Deiner Meinung nach«, sagte ich, »sind wir fertig.«
Eine Tür hart zuzuschlagen hatte mir selten so gutgetan.
KAPITEL ZWÖLF
SEINE BIBLIOTHEK? GUT BESTÜCKT
Es war gut für uns, dass wir nicht mehr telepathisch verbunden waren, denn er hätte meine Gedanken auf dem Weg zur Operationszentrale sicherlich nicht gerne gehört.
Ich kam zu dem Entschluss, dass ich wohl am besten den anderen Wachen bei den Ermittlungen zu Paulie Cermaks Tod half, aber da meine Gedanken durch Ethans Sturheit völlig blockiert waren, erwies ich mich als ziemlich nutzlos. Ich hatte alle Informationen zu Paulie Cermak, die ich im Netz finden konnte, ausgedruckt, in der Hoffnung, ein konkretes Motiv für seine Ermordung zu finden. Der Papierstapel lag vor mir auf dem Tisch, aber ich hatte ihn in der letzten halben Stunde nicht einmal angesehen.
Jede einzelne meiner Gehirnzellen konzentrierte sich darauf, wütend auf Ethan zu sein und sich zu fragen, ob ich ihn davon abhalten konnte, unsere Beziehung zusammenbrechen zu lassen. Er hatte Angst, er könnte mir Schmerzen zufügen. Mit Sicherheit war es kein angenehmes Gefühl, von den Neurosen eines anderen abhängig zu sein, aber das hörte sich einfach nicht nach Ethan an – nach dem Mann, der sich für mich einem Pflock in den Weg geworfen hatte.
Aber was sollte ich tun? Welcher Weg war der richtige? Seine Wünsche zu respektieren und Abstand zu ihm zu halten? Das scharfe Luder zu spielen und ihn mit allen Mitteln dazu zu bringen, seine Meinung zu ändern? Oder sollte ich ihn einfach ignorieren, bis wir es geschafft hatten, seine Gedankenverschmelzung mit Mallory in Ordnung zu bringen?
Mallory wieder in Ordnung zu bringen war definitiv der erste Punkt auf meiner überarbeiteten Agenda.
»Merit!«
Ich kehrte schlagartig in die Realität zurück und bemerkte, dass Lindsey von ihrer Patrouille zurückgekehrt war und mich von der anderen Seite des Konferenztischs belustigt ansah.
»Was?«
»Dein Handy klingelt.«
Erst jetzt bemerkte ich, dass das Handy in meiner Jackentasche klingelte. Die Jacke hing über der Lehne meines Stuhls, und ich schaffte es gerade noch rechtzeitig, bevor das Klingeln aufhörte.
»Hallo?«
»Zu beschäftigt, um ans Telefon zu gehen?«
Es war Catcher. »Tut mir leid. Ich hab das Handy nicht gehört. Was gibt’s?«
»Ich habe mit Mallory gesprochen. Sie hat einen Beschwörungszauber gewirkt.«
»Was erreicht man damit?«
»Man beschwört etwas. Es erscheint etwas im Raum, das vorher nicht da gewesen ist. Der
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