Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi
durcheinanderbekommen, wir sind ja bei der Raststätte Holzkirchen verabredet. Ich hab’s wieder mal versägt. Scheiße, was? Und jetzt ist die Alte bestimmt sauer auf mich. Und Frauen können so was von sauer sein, aber kannst du dir ja vorstellen, oder?«
»Gefährlich ist’s, den Leu zu wecken, verderblich ist des Tigers Zahn. Doch der größte aller Schrecken, das ist das Weib in seinem Wahn. Stimmt doch, was?« Dabei nickt der Kerl, als hätte er soeben die Quantentheorie zerpflückt. »Ich vertraue seit Jahren nur noch auf meinen geistigen Führer.«
»Und das funktioniert?«
»Klar, Mann, schau mal, ich hab noch fünf Liter Sprit im Tank, fast nichts mehr zu essen und hab mir überlegt, ob ich da unten bei den Toiletten ein bisschen Geld finde. Da sind doch immer so Teller auf so Tischen. Aber wie ich da so unten steh und mir die paar Münzen anschau, da sagt mein Führer, also, mein Gott, der sagt, Siggi, das kannst du nicht machen. Das Geld, das gehört jemandem, aber nicht dir. Geh wieder nach oben. Und, wow, Mann, da oben, da stehst du und gibst mir einen Hunni. Er da oben hat dich geschickt, Mann.«
»Du hast so was von recht, Mann«, sagt Zeno und denkt sich: So zugedröhnt, wie der ist, hoffentlich schafft der es bis Holzkirchen.
»Ich wollt mir grade was zu essen machen«, sagt der Kerl, »aber wenn du sowieso Koch bist, dann könntest du vielleicht …? Oder?«
Mittlerweile sind sie bei seinem Wohnmobil angekommen. Ein uralter Ford, wahrscheinlich tatsächlich aus den Sechzigern und selbst umgebaut. Eine schreckliche Kiste. Die hintere Doppeltür öffnet sich unter lautem Protest, aber drinnen sieht die Karre gar nicht mal so übel aus: an der linken Wand ein Dreißig-Zoll-Plasmafernseher, flach und ziemlich neu. Rechts eine schmale Couch, ein kleiner Kleiderschrank, eine Kommode und auf einem Kühlschrank: ein zweiflammiger Gasofen.
»Geh rein, Mann, und schau, was im Kühlschrank ist. Und mach was draus. Jetzt hab ich so richtig Kohldampf. Ich geh noch mal in die Bude da und hol uns zwei Dosen eiskaltes Bier. Bis gleich, fühl dich wie zu Hause.«
So kommt es, dass der Zeno um fast fünf Uhr früh in einem Wohnmobil über einem offenen Kühlschrank gebeugt steht und sich bei dem Anblick am Kopf kratzt: drei Nürnberger Bratwürste, die allerdings aussehen, als würden sie aus Kabul kommen. Mit dreimal umsteigen. Dann: vier gekochte Kartoffeln, die auch schon ein paar Kilometer auf der Schale haben, ferner ein kleines Glas, halb voll mit Sauerkraut. Etwas selbstmordgefährdeter Schnittlauch ist noch zu sehen und eine Zwiebel und zwei Knoblauchzehen. Das war’s. Macht nichts, das wird jetzt:
Bratwurstpfanne mit Kraut und Schnittlauch-Bratkartoffeln
Geht so, für vier Personen hochgerechnet:
Ca. 400 g Nürnberger Rostbratwürste in Stücke schneiden und in der Pfanne anbraten. Nach ein paar Minuten rausnehmen und auf einen Teller legen. Eine Zwiebel klein hacken, in die Pfanne mit etwas heißem Öl geben, nach einer Minute den klein gehackten Knoblauch dazu. Glasieren und raus aus der Pfanne zu den Würstchen legen. Die gekochten und geschälten Kartoffeln (600 g) würfeln und in die Pfanne werfen. Sobald die Kartoffeln angebräunt sind, das Sauerkraut (ca. 300 g) dazugeben und alles gut mischen. Jetzt die Würstchen-Stücke und das Zwiebel-Knoblauch-Gemisch in die Pfanne, alles noch mal kurz zusammen anbraten und mehrmals wenden, jetzt erst salzen und pfeffern. Auf die Teller geben und gehackten Schnittlauch drüber. Fertig.
Klingt simpel. Ist es auch, aber es schmeckt.
Die Beifahrertür geht knarrend und quietschend auf und Siggi steigt ein. Über den Schalthebel zwischen den zwei Vordersitzen balanciert er nach hinten und lässt sich auf das Sofa plumpsen. Die zwei Bierdosen hält er hoch über dem Kopf: »Da, Mann. Wow, das riecht ja hier wie schon lange nicht mehr. Bist du sicher, dass du in Holzkirchen raus musst? Du kannst mitfahren, so weit du willst, Mann. Hier, dein Bier. Ist im Fahrtpreis mit drin. All inclusive , Mann, verstehste?«
»Lass mal. Wo willst du eigentlich hin, Siggi?«
»Tja, wohin will ich? Ich weiß es nicht. Hab es eigentlich noch nie gewusst. Muss es auch nicht wissen, ich werd nämlich getragen, Mann.« Dabei nickt er ernsthaft mit dem Kopf und prostet durch das verkratzte Plastikfenster im Dach dem Mond zu. Oder der Stelle, an der er den Mond normalerweise vermutet.
Zeno, der immer noch am Gasherd steht, hält einen Teller über die Pfanne und schaufelt
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