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Chiffren im Schnee

Chiffren im Schnee

Titel: Chiffren im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Berlinger
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musste ihr die Stelle gezeigt haben, die sie vorhin nicht bemerkt hatte. Jetzt sprang sie wieder auf und lief zur Balkontür. «Wie furchtbar! Und dieser Herr Bircher hat es nicht für nötig befunden, mich darüber in Kenntnis zu setzen.»
    «Er wollte wohl dein zartes Gemüt nicht zu sehr schockieren. Herr Bircher glaubt, ich hätte mir im Morphiumrausch einen Einbrecher eingebildet. Aber wir beide wissen es besser, nicht wahr?»
    «Christian, bitte …»
    «Also gut, tun wir einfach so, als wärst du wirklich die unschuldige, zerbrechliche Lady, für die der Direktor dich hält. Lass mich dir eine Geschichte erzählen: Letzten Sommer weilte ein Professor aus Wien in diesen Räumen. Sein Fachgebiet war die Kryptographie, er hat dazu mehrere bedeutende Studien verfasst. Dieser Professor und seine Frau kamen kurz nach ihrem Aufenthalt im Splendid gewaltsam zu Tode. Sie starben in einem Hotel an der Riviera, nach ihrem Tod wurden ihre Zimmer sehr gründlich durchsucht; etwas später geschah dasselbe mit dieser Suite. Kommt dir diese Geschichte vielleicht bekannt vor?»
    Lady Georgiana kehrte an ihren Platz aufs Sofa zurück. Sie nahm mit einem Seufzer ihre Kappe ab und enthüllte einen Schopf erstaunlich fülliger rotbrauner Haare. «Ich habe sie alle gewarnt, dass man dich nicht so einfach hinters Licht führen kann.»
    «Danke für das Kompliment, aber es ist nicht angebracht. Es ist nicht mein Verdienst, dass ich über all diese Geschehnisse Bescheid weiss.»
    Diese Worte weckten Lady Georgianas Interesse, sie legte die Kappe zur Seite. «Und woher stammt dann dieses erstaunliche Wissen?»
    Der Lieutenant ignorierte die Frage. «Also, wo waren wir? Ah ja, es scheint offensichtlich, dass man etwas aus dem Besitz des Professors suchte. Und ich würde einmal behaupten, dass sich mehr als eine Partei an dieser Suche beteiligt hat. Was war das Resultat all dieser Bemühungen? Die Geschehnisse der letzten Nacht deuten darauf hin, dass zumindest eine Partei davon ausgeht, dass die Suche noch nicht abgeschlossen ist. Was mag wohl der Grund dafür sein? Alles war hier ruhig, niemand kam auf die Idee, die Zimmer ungestört während der Schliessung des Hotels im Herbst nochmals zu durchstöbern. Anscheinend war man überzeugt, dass hier nichts mehr zu finden wäre. Ich fürchte, es klingt etwas arrogant, aber wahrscheinlich wurde diese Gewissheit durch meine Ankunft arg erschüttert.»
    «In der Tat. Und mit Arroganz hat das nichts zu tun. Du hast einen gewissen Ruf, mein Lieber», sagte Lady Georgiana liebenswürdig.
    «Einen Ruf, der einigen Leuten wohl sehr gelegen kam. Also, wenn ich das so theatralisch ausdrücken darf: Bei der Nachricht, dass ich in den ehemaligen Räumen Professor Hatvanys logiere, dürften die Alarmglocken aller Nachrichtendienste zwischen Paris und St. Petersburg geschlagen haben. Was tut der Kryptographie-Spezialist des NID ausgerechnet im Splendid? Eigentlich ja der ehemalige Kryptographie-Spezialist des NID , aber dass ich den Dienst quittiert habe, hat man bestimmt als Finte abgetan. Nur allzu verständlich, denn es ist doch ein bisschen arg viel Zufall, dass ich hier einfach so auftauche. Aber es ist ja auch kein Zufall, nicht wahr? All die freundlichen Ermunterungen, doch endlich meinem alten Wunsch nachzukommen, die Berge zu sehen. Und immer wieder wurde mir das Hotel Splendid in Sternenbach empfohlen. Das hätte mich eigentlich stutzig machen müssen. Doch war ich – wie du dich vielleicht entsinnen kannst – in den vergangenen Monaten manchmal etwas abgelenkt. Nein, dass ich hier bin, ist kein Zufall, sondern das Resultat sorgfältiger Planung. Liege ich mit dieser Interpretation der Ereignisse richtig, liebste Cousine?»
    Einen Moment lang war es in der Suite ganz still. Man konnte Kinderstimmen und Gelächter vom Eisfeld her hören. Schliesslich strich sich Lady Georgiana über ihre Haare. «Ich hoffe nur, es war nicht Hastings, der geredet hat. Ich mag ihn und möchte wirklich nicht, dass er in Schwierigkeiten gerät.»
    Diesen Hastings ins Spiel zu bringen, war wohl ein Ablenkungsversuch der Lady. Anna hatte allerdings nicht den Eindruck, dass sie damit sehr erfolgreich war.
    «Hastings tat sein Bestes, um mir den Aufenthalt hier auszureden. Aber er verriet mit keinem Wort den wahren Grund für seine Sorge. Ich hätte allerdings misstrauisch werden müssen, als er mich drängte, meine Waffe mitzunehmen.»
    Auch wenn sie beileibe nicht alle Details verstand, so war Anna doch

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