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Chiffren im Schnee

Chiffren im Schnee

Titel: Chiffren im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Berlinger
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Haus und die Gäste kennt, dürfte das sehr schwierig werden.»
    «Sie scheinen sich ziemlich sicher zu sein, dass ich Ja sagen werde.»
    Christian wusste, dass von seiner Antwort auf diese Frage sehr viel abhing, und er wählte deshalb seine Worte vorsichtig: «Seit letztem Sommer, als Sie bemerkten, dass hier etwas nicht stimmt, haben Sie nach Antworten gesucht, weil Sie wohl wussten, dass die Antworten des Herrn Direktors nicht befriedigend waren; Sie haben sich Notizen gemacht und Chronologien erstellt, und Sie haben versucht, mehr über Herrn Professor Hatvany zu erfahren. Sie wollen die Wahrheit wissen. Uns zu helfen, dürfte Ihre beste Chance sein, dieses Ziel zu erreichen.»
    Das war die richtige Antwort; ob es die einzige Antwort war, stand auf einem anderen Blatt. Darüber wollte er nicht zu sehr nachdenken, denn es würde ihn unweigerlich zu Orten führen, von denen er sich seit dem Aufwachen im Hospital tunlichst ferngehalten hatte.
    Sie schien seine Worte genau zu bedenken, bevor sie sagte: «Die Hatvanys haben hier kein Manuskript zurückgelassen, das wäre beim Aufräumen bemerkt worden. Es kann natürlich sein, dass der Professor das Manuskript irgendwo im Haus versteckt hat.»
    «Sie haben die Hatvanys sehr gemocht, nicht wahr?»
    Anna wunderte sich, ob man sich jemals an diese Fragen aus dem Nichts gewöhnen konnte. «Ja, sie waren liebenswerte Gäste. Sie haben immer die Tiere im Park gefüttert.»
    «So wie Sie das tun wollten, als wir uns dort zum ersten Mal begegnet sind und ich Sie davon abgehalten habe.»
    «Sie haben es ja für mich erledigt. Die Eichhörnchen bekamen ihr Futter, es ist ihnen egal, wer es bringt.»
    Er lachte leise, und Anna musterte ihn nachdenklich. «Was wollen Sie nun tun?», fragte sie.
    «Als Erstes müssen wir wohl einen Weg finden, uns auszutauschen, ohne dass Sie deshalb in Schwierigkeiten mit dem Direktor geraten. Ich werde das mit Lady Georgiana besprechen.»
    Anna konnte sich nicht vorstellen, dass die Lady davon begeistert war, eine ihr unbekannte Gouvernante als Verbündete zu haben. Sie behielt ihre Bedenken aber für sich.
    «Machen Sie sich keine Sorgen.» Er schien ihre Gedanken lesen zu können. «Meine Cousine wird einsehen, dass es gut ist, Hilfe zu haben. Was ist mit dem Pagen, der uns gewarnt hat? Wird er dem Direktor berichten, dass Sie hier waren?»
    «Er wird nichts sagen, wenn ich ihn darum bitte. Er ist sehr aufgeweckt und verständig.»
    Der Lieutenant nickte. «Gut. Und es wäre auch hilfreich, wenn Sie so tun würden, als würden Sie Herrn Birchers Interpretation der nächtlichen Geschehnisse beipflichten. Es ist besser so. Die an dieser Sache beteiligten Herrschaften sind scheue Geschöpfe. Geschichten von Einbrüchen und misstrauisches Personal machen sie nervös.»
    In diesem Moment stürmte Jost, in Überrock und schweren Stiefeln, in die Suite.
    «Sind Sie in Ordnung, Sir? Wie geht es Ihnen? Fräulein Staufer, guten Tag. Sir, was ist passiert?»
    Vom Besuch bei seinem Vater zurück, musste er wohl bereits erfahren haben, was sich am frühen Morgen zugetragen hatte; zumindest die offizielle Version. Dass seine Begrüssung gegen sämtliche Regeln in Herrn Ganz’ Handbüchern verstiess, schien ihm langsam zu dämmern. Er riss sich die Mütze vom Kopf und meinte atemlos: «Sie hätten mich nicht fortschicken sollen, Sir! Mein Vater hätte sich auch über einen kurzen Besuch gefreut. Das wäre alles nicht passiert, wenn Herr Ganz mir das mit dem Feldbett erlaubt hätte. Ich hätte den Kerl erwischt!»
    Der Lieutenant holte tief Luft. «Ammann, Sie strapazieren meine Geduld mit diesem Gerede von Feldbetten. Ich brauche kein Kindermädchen, das nachts auf mich aufpasst.»
    Anna hatte den Eindruck, dass Jost kein Wort davon gehört hatte. Er fuhr einfach empört fort: «Und wissen Sie, was für Lügen der Patron über Sie verbreiten lässt, Sir? Dass Sie zu viel von Ihrer Medizin genommen und sich den Einbrecher nur eingebildet hätten. Statt sich darum zu kümmern, den Gauner zu fassen.»
    Die Tatsache, dass Jost an der Existenz eines Einbrechers keine Zweifel hatte, war rührend, aber in diesem Moment sehr unpraktisch. Der Lieutenant warf Anna einen warnenden Blick zu, der aber nicht nötig gewesen wäre. «Es hat in der Tat keinen Einbrecher gegeben, Ammann.»
    Stirnrunzelnd knetete Jost die Mütze in seinen Händen. Es dauerte einen Moment, bis er verstand. Dann warf er einen nicht allzu freundlichen Blick auf Anna. «Sie haben also ihm von

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