Chili Con Knarre
Eltern nachzusehen. Als er das Licht einschaltete, bemerkte er, dass sein Vater die metallische Badezimmertapete abgelöst und die Wände für den ersten Grundieranstrich vorbereitet hatte. Die Fassungen der Lampen, die Schalter, die Abdeckungen der Abflüsse und
die Handtuchhalter waren entfernt worden und lagen nun übers Bett verteilt. Auf dem Nachttisch lag ein Haufen Schraubenzieher in verschiedenen Größen in einem wackeligen Schüsselchen, das James in der zweiten Schulklasse angefertigt hatte.
Jackson arbeitete jedoch nicht im Bad, also ging James nach draußen zum Schuppen. Er versuchte die Tür zu öffnen, aber wie üblich war sie verschlossen. Allerdings war jetzt das Vorhängeschloss von außen entfernt und zweifellos drinnen wieder angebracht worden.
James rappelte an der Tür. »Paps?«, rief er. »Bist du da drin?« Keine Antwort. James begann zu frösteln und war verärgert. »Was soll ich dir denn zum Essen rausstellen? Ich habe heute Abend meinen Kochkurs, also muss ich das jetzt herrichten, bevor ich gehe.«
Es kam keine Antwort. »Nun mach schon, Paps! Antworte mir, oder du bekommst eben einfach ein Thunfischsandwich!« James wusste, dass dies fast einer Drohung gleichkam, da Jackson keinen Thunfisch mochte, schon gar nicht, wenn er mit fettreduzierter Mayonnaise angerichtet war.
Nach einer weiteren langen Minute des Wartens entfernte sich James von der Tür. Und in diesem Moment hörte er das Geräusch eines sich im Schloss drehenden Schlüssels und eines aufgezogenen Riegels, so dass er stehen blieb. In dem schmalen Lichtstrahl, der aus dem Schuppeninneren herausfiel, erschien das finstere Gesicht seines Vaters. Das Licht sammelte sich um Jacksons Kopf wie ein Heiligenschein.
»Was ich zum Essen bekomme, ist mir scheißegal!«, schleuderte ihm Jackson entgegen und warf die Tür wieder
zu. Diesmal machte er sich nicht die Mühe, sie abzuschließen. Im Gegenteil, er hatte sie so fest zugeschlagen, dass sie wieder aufsprang und weit genug offen blieb, um hineinschauen zu können. James war nicht mehr im Schuppen gewesen, seit sein Vater mit seinen Naturbildern begonnen hatte, und Jackson hatte mehr als deutlich gemacht, dass keinem der Zutritt in sein Refugium erlaubt war. Weil James jedoch nicht gegen seine Neugier ankam, stupste er versuchsweise an die Tür.
Als diese nach innen aufging, erstarrte James. Vor ihm saß sein Vater still und unbewegt wie ein Stein auf einem metallenen Faltstuhl und starrte auf ein Stück Sperrholz, das er weiß angestrichen hatte. Ein Haufen ähnlicher Holzrechtecke lehnte ordentlich an der gegenüberliegenden Wand, und Jacksons Farben und Pinsel waren fächerförmig auf seiner aufgeräumten Werkbank ausgebreitet.
James betrat den Schuppen und setzte sich leise auf einen niedrigen Hocker neben der Tür. »Was ist los, Paps?«, sprach er ihn sanft an.
Ohne seinen Blick von der Tafel vor sich abzuwenden, murmelte Jackson: »Ich kann das nicht mehr.«
James starrte die leere Leinwand an. »Du kannst nicht mehr malen?«, erkundigte er sich vorsichtig.
Jackson nickte. »Diese Galeriedame, Mrs. Perez, sagte mir, meine Bilder verkaufen sich nicht allzu gut.« Er schaute auf seine abgearbeiteten Hände. »Behauptet, die letzte Lieferung sei flach gewesen.« Er wandte sich seinem Sohn zu. »Was sagst du dazu? Natürlich sind sie flach. Schließlich male ich ja auf Bretter.«
»Ich denke, sie wollte damit sagen, dass sie nicht so
lebendig ausgefallen sind wie deine erste Bilderserie«, meinte er zögernd, ängstlich bedacht, die Gefühle seines Vaters nicht zu verletzen, »sie vielleicht mehr Bewegung oder mehr Gefühl vertragen könnten, um eine intensivere Wirkung auf ihren Betrachter zu haben.«
Jackson sah James an, als würde dieser eine fremde Sprache sprechen. »Ich empfinde aber nichts für sie. Es sind Vögel, verdammt noch mal.« Seine Stirn glättete sich wieder und er seufzte. »Sie meint, ich sollte was anderes malen. Das würde ich ja auch gern, aber ich weiß nicht, was. Ich möchte oben gern eine neue Beleuchtung installieren und ich will auch an deinem Badezimmer weitermachen, aber wenn ich nicht noch ein paar dieser Bilder verkaufe …« Er ließ den Satz unbeendet im Raum stehen. »Ich konnte nur Vögel malen. Die hatte ich hier oben im Kopf«, dabei tippte er sich an seinen Schädel, »und dann flogen sie mehr oder weniger auf das Brett. Was soll ich denn jetzt machen?«
Hilflos versuchte James eine Lösung für das Dilemma seines Vaters zu
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