Chill Bill (German Edition)
und die andere verschwanden in einem Hochhauseingang. Der Eingang war vergittert und ein Nachtwächter passte auf. Borboleta heftete seine Augen auf die Leuchtziffern über der Aufzugtür, als die Mädels nach oben fuhren: 3 – 4 – …
»Ich bin ein Freund von Rebeiro, mach auf, Mann!«, sagte er zu dem
Porteiro
. Der Nachtwächter blickte gelangweilt in sein Comic-Heft. »Kenne keinen Rebeiro.«
Acht. Der Aufzug blieb stehen.
»Arnoldo Rebeiro, du Arsch!«
»Hau ab!«, antwortete der Nachtwächter.
Borboleta bekam einen unzufriedenen Gesichtsausdruck. Er schickte einige Flüche durch das Gitter. Dann griff er in die Tasche und holte einen Zehner heraus.
»Für dich macht’s zwanzig.«
Borboleta fischte einen zweiten Schein aus der Tasche.
»Gib her!«
»Mach auf!«, schnauzte Borboleta.
»So läuft das nicht.«
Borboleta gab ihm zehn. Der
Porteiro
pfiff laut. Daraufhin erschien ein Muskelprotz im Gang.
»Jetzt hau ab!«, sagte der
Porteiro
und steckte den Schein weg.
Borboletas Stimme versagte fast. »Ich komme wieder!«
GEZEITENWENDE
»Ich habe einen Termin«, beharrte Freitas.
»Wer sind Sie überhaupt?«, fragte die junge Frau zurück. Freitas platzte der Kragen. »Wer ich bin?«
Forçalobo konnte die Sekretärin noch nicht lange haben. Wie es aussah, war sie eher ein Experiment zum Thema ›Nützliches mit dem Angenehmen verbinden‹, wobei die Betonung auf dem Angenehmen zu liegen schien. De Las Freitas stürmte an ihr vorbei in Forçalobos Arbeitszimmer.
»
Almirante
«, sagte er, »Sie alter Schwerenöter! Setzen Sie jetzt neuerdings jedes Kätzchen gleich hinter einen Schreibtisch?«
»Du meinst sicher Paola? Sie arbeitet sich noch ein.«
»Sie was? Diese Frau kann ja nicht mal ihren Namen buchstabieren.«
»Ach was, vergiss es«, sagte Forçalobo, »du solltest beim Militär abmustern. Du bist zu viel unter Männern. Schau sie dir an!«, riet er mit glänzenden Augen. »Sie ist eine Wonne.«
Freitas brachte ein eingekniffenes Lächeln zustande. Der alte Sack sprang also im Alter von 65 Jahren mit einer Zwanzigjährigen ins Bett. »Sie könnte Ihre Tochter sein«, stellte Freitas nicht ganz neidlos fest.
»Ich habe keine Tochter«, antwortete Forçalobo schlau. Freitas dachte an Elisabeth und wurde schnell still. Sein Hals schwoll an. Forçalobo war ein Mann, der keine Skrupel kannte. Wegen der deutlich sichtbaren indianischen Anteile in seinem Blut hatte er lange Zeit nicht die Frauen bekommen, die ihm gefielen. Seit er zu den Leuten mit Geld gehörte, hatte sich das Blatt gewendet, und Forçalobo wütete in den Revieren, die sich ihm neu erschlossen. Er hatte Einfluss. Genug um denen, die ihn kannten, ein Gefühl wie kaltes Blei im Unterleib einzuflößen. De Las Freitas wechselte zu einem geschäftlichen Tonfall. »Warum bin ich hier?«
Forçalobo legte seine Unterlagen zur Seite und ging schweigend zu einer kleinen Bar am hinteren Ende des Raumes. »Wir haben uns lange nicht gesehen.«
»Ihr Anwalt hat mich aufgesucht. Er hielt es für nützlich, wenn ich mich mit Ihnen in Verbindung setze. Ein solcher Aufwand, nur um über alte Zeiten zu schwatzen?«
»Nein, dafür sind die aktuellen Probleme zu wichtig.«
»Probleme? Was meinen Sie?«
»Es gibt Dinge, über die wir offener reden sollten. Drogenpolitik zum Beispiel.«
»
Almirante
, ich habe Ihnen einige Gefallen getan. Glauben Sie mir, das war nicht leicht für mich. Die Zeiten haben sich geändert. Selbst ich habe nicht mehr zu allem Zugriff.«
»Ich bin dir wirklich dankbar«, unterbrach Forçalobo, »wirklich: Ich bin dir dankbar. Aber ich rede nicht von kleinen Mengen. Weißt du, damals, als sich das Blatt in der Politik gewendet hat …«
Jetzt unterbrach ihn Freitas. »Lassen wir das,
Almirante
, bitte! Sie haben viel für mich getan, ich habe einiges für Sie getan. Aber die Zeiten ändern sich. Ich muss ab und zu an meine Zukunft denken. Die Presse hetzt mich. Wir reißen uns für die PR die Ärsche auf und trotzdem rutschen wir immer tiefer in den Schlamassel.«
»Ich weiß. Ich beobachte jeden deiner Schritte. Du hast Format. Du wirst eines Tages Gouverneur werden.«
Freitas schluckte hart. Der Alte hatte ihn durchschaut.
Forçalobo nahm mit Genugtuung den veränderten Gesichtsausdruck von Freitas zur Kenntnis. »Was trinkst du? Ach, nimm einen Scotch! Das Leben ist kurz.«
Forçalobo nahm wieder seinen Platz ein. Er wusste, wie man mit Leuten umging, wie man sie führte, verführte, sie Dinge sagen
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