Chill Bill (German Edition)
und tun ließ, die sie nicht wollten. Er hatte seinen Admiralsrang nicht umsonst. Freitas fühlte sich in die Zeiten zurückversetzt, als Forçalobo sein Vorgesetzter gewesen war. Das Gefälle zwischen ihnen bestand noch immer.
»Du bist ein guter Soldat, Freitas«, sagte Forçalobo in einem Ton, als hätte es die letzten 25 Jahre nicht gegeben, »aber manchmal fehlt dir noch ein bisschen der Überblick. Du hast nicht alle Fäden in der Hand. Und das ist fatal für einen Offizier.«
Er stand auf, ging um den Schreibtisch herum und setzte sich auf den freien Stuhl neben Freitas. »Ein guter Offizier muss die Probleme entschärfen, bevor die Mannschaften sie sehen.«
Freitas hatte sich wieder gefasst. »Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte er.
»Da gibt es einen
Capitão
Pessoa, ein richtiger Kreuzritter, wie es aussieht.«
»Ja, ich weiß. Und dieser Mann ist auch der letzte, von dem man unüberlegte Aktionen erwarten würde. Er hatte bisher nicht gerade den Ruf, ein Heißsporn zu sein.«
»Ah, ja. Da holt also jemand von deinen Jungs zum Rundumschlag aus und der Chef weiß nichts. Und obendrein gefällt sich der Chef plötzlich darin, für die
Gringos
von der DEA zu handlangern.«
»Handlangern?«
»Fünfzig Kilogramm Koks in einem Tanklaster beschlagnahmt. Tolle Schlagzeile!«
Freitas rutschte unwillig auf seinem Hintern herum. »Bei allem Respekt, aber das ist unsere normale Polizeiarbeit.«
»Ist es nicht.« Forçalobo blätterte in einem Stoß Papier. »Aber wenn wir schon über Polizeiarbeit reden: Ich habe da ein paar Schriftstücke gefunden. Von damals. Du weißt schon. Alter Kram, Personalakten, Korrespondenz. Der junge Fähnrich De Las Freitas war ja stramm bei der Sache damals …«
Für Freitas fühlte es sich an wie ein Genickschlag. An seiner Haltung las Forçalobo ab, dass er sein Ziel erreicht hatte. »Alles, was ich will, ist, dass deine Jungs ein bisschen mehr Respekt haben. Das war’s!« Er legte die Schriftstücke zur Seite und streckte De Las Freitas zum Abschied seine Hand entgegen.
»Ach, da gibt es noch etwas, was ich dir sagen will. Als Freundschaftsleistung. Es sind Killer in der Stadt - wie man sagt, bist du die Zielscheibe.«
PERTO WERTET AUS
Katz lag mit rasendem Kopfschmerz im Bett. Er hatte Perto beauftragt, sich um die Entwicklung der Fotos von der Telefonpost zu kümmern. Espertocabeça Junior hatte drei Filme verknipst, das waren an die hundert Aufnahmen von Touristen, die Ferngespräche geführt hatten.
Eine dämliche Fleißaufgabe, dachte Perto, aber immer noch besser als mit dem alten Spinner bei den Behörden herumzusitzen. Perto erledigte die Arbeit in der Wohnung einer freien Fotojournalistin. Die Besitzerin, eine reich verheiratete Texanerin, hatte sich für die zwei Wochen pro Jahr, die sie in Rio verbrachte, in Cinelândia ein Apartment gekauft mit Dunkelkammer und allem Luxus. Das gab ihr die Sicherheit, ein zweites Standbein zu haben. Perto hatte die Aufgabe, alle paar Wochen mal einen Blick in die Bude zu werfen, ob noch alles beisammen war. Dafür konnte er das Fotolabor benutzen, was ihm eine Menge Zeit und Geld ersparte. Außerdem fand er auf diese Weise immer einen Platz, wo er sich vor seinem Telefon in Sicherheit bringen konnte, wenn er Stress mit Kunden hatte, mit Frauen oder seiner Bank.
Als er von der ersten Serie der Fotos einen Rohabzug hatte, traute er seinen Augen nicht. Sein Sohn hatte hauptsächlich Frauen fotografiert.
Mulatas
mit langen Beinen und prallem Hintern, eine Gruppe von Frauen beim Eisessen, blonde Frauen, dunkelhaarige, Touristinnen und
Cariocas
. Der ganze Film mit Ausnahme eines Fotos von einem grauhaarigen Europäer in Bermudashorts war eine einzige Serie von erotischen Schnappschüssen. Die beiden anderen Filmrollen hatten dasselbe Thema. Vielleicht hatte seine Ex doch recht, wenn sie behauptete, Perto sei als Vater eine Null. Perto machte sich einen starken Drink, griff sich das Telefon und rief Katz an.
»Also, was die Fotos angeht, stecken wir in einer Sackgasse.«
»Wieso, haben Sie denn schon das ganze Material gesichtet?«, erkundigte sich Katz.
»Ja, es sind nur alte Leute drauf. Sie wissen schon. Touristen, die sich hier im Rentenalter noch mal eine Freude machen wollen.«
»Was? Hundert Leute, und alles Rentner?«
»Alles Rentner und ein paar Touristinnen aus Japan.«
»Gut, dann machen wir morgen weiter. Haben Sie jetzt einen Mann draußen?«
»Habe ich. Aber um ehrlich zu sein, nachdem ich das Filmmaterial
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