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Chill Bill (German Edition)

Chill Bill (German Edition)

Titel: Chill Bill (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger M. Fiedler
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zurück, wo man ihn formlos ausgesetzt hatte, und betrat kurz entschlossen das Café. Drinnen lieferte sich eine Frau hinter einer Schmuddeltheke ein Rededuell mit dem Fernsehsprecher über ihrem Kopf, ein Dutzend Angestellte vom Flughafen verfolgten lärmend über leer gegessenen Tellern die Reportage aus dem südlichen Überschwemmungsgebiet, ein schmieriger Ventilator an der Decke verteilte den Geruch von frisch gegrilltem Fleisch großzügig in dem hallenartigen Raum, der auch am Tag von Neonlicht beleuchtet wurde. Kaum kitzelten die fettigen Aromen Katz’ lädierten Magen, packten ihn Konvulsionen, als wringe eine gewaltige, unsichtbare Hand seinen Körper von unten aufwärts aus. Katz verdrehte die Augen zur Decke und sah dort das viel zitierte Licht am Ende eines langen Tunnels. Hier hatte er ein ideales Einsatzgebiet für seine Technik gefunden.

ANFLUG
    Ein Stahlvogel brummte leise in der Morgensonne. Hoch oben über den Wolken zog er Kreise, Achten und Dreiecke. Man hätte meinen können, Gott sende durch ihn geheimnisvolle Zeichen.
    »Mist«, schrie Rebeiro, während er versuchte, Einzelheiten am Boden zu erkennen, »wir hätten uns eine Maschine aussuchen sollen, bei der die Flügel oben dran sind.« Immer wenn er sich genauer am Boden umsehen wollte, kam ihm diese verdammte Tragfläche dazwischen.
    »Sie meinen einen Hochdecker«, schrie der Pilot.
    Es war Rebeiro scheißegal, was er meinte, Hauptsache man konnte vom Sertão etwas sehen. Unten glitzerte von Horizont zu Horizont ein Meer von Pfützen, jede – aber das konnte man aus dem Flugzeug nicht ermessen – etwa einen Quadratkilometer groß. Im Licht der niedrigen Sonne schossen Reflexe von dort wie Gewitterblitze in die Maschine und entluden sich im Gehirn, dass die Insassen zu niesen begannen. Der Pilot drosselte den Motor. Sofort ließ der Lärm nach.
    »Da!«
    »Wo?«
    »Da!«
    »Wo?«
    »Da!«
    »Wo?«
    »Da!«
    »Wo?«
    »Da!«
    Die 4-0-4 stand auf einer Viehwiese ein Stück abseits der Straße versteckt hinter einem Maisfeld. Weidende Rinder auf dem schlammigen Areal nahmen sie offensichtlich als eine der ihren an. Die Cessna wirkte, als sei sie in der kurzen Zeit mit der Umgebung verwachsen. Wahrscheinlich traf das mindestens auf ihr Fahrwerk auch zu.
    »Bring sie runter!« Rebeiro klopfte dem Piloten auf die Schulter. Der flog eine weite Rechtskurve und ließ die Maschine durchsacken. In geringer Höhe nahm er Kurs auf die Straße. War wenig Verkehr um diese Zeit. Um nicht zu sagen, gar keiner. Rebeiro klatschte Acht-Zehen-Joe heftig auf den Rücken und strahlte über alle Backen. Er hatte wieder Trümpfe in der Hand. Seine Zukunft sah rosig aus.

HIGH NOON – WAS NUN
    »Ein Steak kann man nur flambiert essen«, belehrte De Las Freitas seine Tochter, »die Franzosen machen es so.«
    »Interessiert mich nicht«, patzte Elisabeth. Sie aß lieber in der
Churrascaria
um die Ecke eine billige
Feijoada
als französisch klingende Appetithäppchen im Nobelrestaurant eines Luxushotels, wo die Kellner einem über die Schulter schauten und die Tischdecken so dick waren, dass die Weingläser wackelig standen. Auf das Publikum aus nordamerikanischen Drogenfahndern hätte sie auch verzichten können.
    »Es gibt hier einen ausgezeichneten Cabernet Sauvignon«, fuhr Freitas fort, »einheimisch!«
    Er glaubte, seiner Tochter einen großen Gefallen damit zu tun, dass er einheimische Weine trank.
    »Papi«, sagte sie, »ich will …«
    De Las Freitas unterbrach sofort. »Psss, psss! Nicht Papi! Du bist eine junge Dame.«
    Elisabeth fühlte sich beobachtet. Alles was ihr Vater ihr je gegeben hatte, war dieses kalte, geschäftliche Gefühl, Teil der Öffentlichkeit zu sein. Nein, es war nicht mal ein Gefühl, Gefühllosigkeit war es, Theaterspiel für das Weiterkommen ihres Vaters. Sie hasste es. Sie wollte einen Vater, wie ihn alle anderen Mädchen hatten, einen Vater, dem sie abends ein Bier aufmachen konnte, der mit ihr die Seifenopern im Fernsehen anschaute und der nachts müde auf dem Sofa einschlief. Ihre Augen wurden feucht. Sie wandte sich ab und da stand dieser Blödmann in seinem gestärkten Frack und gaffte ihr von hinten in den Ausschnitt.
    Elisabeth fuhr ihn an. »Hast du nichts Besseres zu tun? Verschwinde! Ab in die Küche!«
    »Nicht doch!«, beschwichtigte ihr Vater.
    Der Kellner zuckte mit den Schultern und ging. Er bewegte sich wie eine Schachfigur auf Rollen über das schwarz-weiße Karo des Restaurantfußbodens, kein Schwung, kein

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