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China

China

Titel: China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Schmitz
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des Zopfes ein Erkennungsmerkmal für echte Revolutionäre. Dies traf auf Yuan Shikai jedoch nicht zu: Er profitierte zwar von der Revolution, ließ sich aber nicht für deren Zwecke einspannen. Yuan hatte auch in seiner Zeit als späterer Präsident der Republik China stets sein Eigeninteresse im Blick und regierte bis zu seinem Tod diktatorisch.
Vom kaiserlichen Beamten zum selbsternannten Kaiser
    Im Oktober 1911 kam es in Wuchang zu einer gegen den Kaiser gerichteten Revolte. Um diese niederzuschlagen, ernannte Prinz Quan II., Vater des letzten Kaisers Puyi und Regent, Yuan Shikai zum Befehlshaber der Streitkräfte und Premierminister. Yuan sollte das Kaiserhaus gegen die Revolutionäre verteidigen. Als die Revolutionäre 1912 in Nanjing die Provisorische Republik ausriefen und Sun Yatsen das Präsidentenamt antrugen, wandte sich Yuan Shikai seinen bisherigen Gegnern zu. Da Sun Yatsen jedoch keine eigene Machtbasis hatte, bot er Yuan Shikai die Präsidentschaft an, wenn dieser den Kaiser zur Abdankung bewegen könne. Nachdem Yuan im Jahr 1912 die Abdankung Puyis erreicht hatte, trat Sun zu dessen Gunsten zurück. Einmal an die Macht gekommen, schaltete Yuan das Parlament aus, verbot die Nationalistische Partei Guomindang und entließ Sun Yatsen aus allen Ämtern. Im Dezember 1915 hielt Yuan Shikai seine Position als Staatspräsident für so sicher, dass er es wagte, sich selbst zum Kaiser auszurufen. Nach nur 83 Tagen in diesem Amt sah er sich jedoch nach heftigen Protesten dazu gezwungen, die Republik auszurufen. Im Mai 1916 musste Yuan Shikai auch als Präsident zurücktreten; nur einen Monat später starb er.
    Der letzte Kaiser?
    Streng genommen dürfte nicht der 1912 abgedankte Puyi als letzter chinesischer Kaiser gezählt werden, da Yuan Shikai sich 1915 selbst krönte. Die von ihm gegründete Hongxiang-Dynastie währte jedoch nur 83 Tage. Da Yuan nicht dem bislang regierenden Aisin Gioro-Clan angehörte, wurde seine Usurpation als widerrechtliche Machtübernahme und damit als unbedeutend angesehen. Auch frühere Usurpatoren wurden nur dann als Dynastiegründer bezeichnet, wenn sie sich länger in der Herrschaftsposition halten konnten. Yuan Shikai wird in China als schillernde, aber wetterwendische Persönlichkeit angesehen. Er habe China zwar von der Fremdherrschaft befreit, dem Land aber letztlich keine guten Dienste erwiesen
.

„Yuan Shikai lässt sich seinen Zopf abschneiden“ steht unter dem Titelbild dieser Ausgabe der Pariser Zeitschrift „Petit Journal“ vom 3. März 1912. Das Abschneiden des Zopfes ist sowohl Symbol für die Befreiung von Fremdherrschaft als auch für den Bruch mit den alten Traditionen
.
    (c) akg

Übergang vom feudalen zu den modernen Rechtssystemen
(1912)
    Guan Yin, die Göttin der Barmherzigkeit und der Gnade, blickt auf einen Gerichtsprozess. Zur Zeit der Entstehung dieses Gemäldes, im Jahr 1808, haben jedoch eher die Gesetze des Kaisers den Ausgang der Verhandlungen bestimmt als göttliche Fügung und Beistand.
Feudale Justiz
    Über Jahrhunderte hinweg wurde das Rechtssystem in China vom kaiserlichen Hof bestimmt. Der Kaiser legte das Rechtsmaß im zentralistisch regierten riesigen chinesischen Reich fest. Daneben wurde das Buch der Urkunden (Shujing), einer der fünf Klassiker des Konfuzianismus, als Autorität in der Rechtssprechung zu Rate gezogen. Es enthält Sammlungen von Gesetzen und Erlassen mit Kommentaren und war bereits vor 2000 Jahren Bestandteil der Beamtenausbildung. Bis in die Neuzeit blieb dieses feudale Rechtssystem nahezu unverändert. Mit der Gründung der Republik China durch Sun Yat-sen im Jahre 1912 wurde der kaiserlichen Justiz aber ein Ende gesetzt. Sun Yat-sen ließ die Rechtssprechung reformieren. In der praktischen Umsetzung tat sich die junge Republik jedoch aufgrund eines Mangels an ausgebildeten Fachkräften schwer, den Umschwung zu bewältigen.
Rechtssystem in der Volksrepublik
    Die Rechtssprechung seit Gründung der Volksrepublik dagegen wird bestimmt durch den Willen zur Machterhaltung der Kommunistischen Partei. In der Zeit der Kulturrevolution war Recht und Gesetz sogar so weit außer Kraft, dass selbst Personen in hohen politischen Ämtern nicht vor der Willkür der Roten Garden verschont blieben. Mit Beginn der Wirtschaftsreformen und der damit einhergehenden Öffnung nach Westen ab 1978 kam jedoch auch die Kommunistische Partei nicht umhin, das Rechtswesen den neuen Entwicklungen anzupassen. Teilweise wurden europäische oder

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