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Chocolat

Chocolat

Titel: Chocolat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Harris
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Wasser zurückgeworfen. Ich ging am Café de la République vorbei, ohne hineinzusehen.
    Kurz vor dem Ende der steilen Straße spürte ich, daß jemand in der Nähe war. Ich drehte mich um und sah Joséphine Muscat, ohne Mantel, aber mit einem Tuch um den Kopf, das ihr Gesicht zur Hälfte bedeckte. Im Halbdunkel wirkte sie bleich, wie ein Schattenwesen.
    »Lauf schon nach Hause, Anouk. Ich komme gleich.«
    Anouk schaute mich verblüfft an, dann rannte sie folgsam los.
    »Ich habe gehört, was Sie getan haben«, sagte Joséphine leise. »Sie sind gegangen wegen dieser Sache mit den Leuten vom Fluß.«
    Ich nickte. »Genau.«
    »Paul-Marie war wütend.« Sie sagte das mit einer Strenge, die fast einen bewundernden Unterton hatte. »Sie hätten mal hören sollen, was er alles über Sie gesagt hat.«
    Ich lachte.
    »Glücklicherweise brauche ich mir nicht anzuhören, was Paul-Marie zu sagen hat«, erwiderte ich trocken.
    »Jetzt darf ich nicht mehr mit Ihnen reden«, fuhr sie fort. »Er meint, Sie hätten einen schlechten Einfluß auf mich.« Sie sah mich nervös und erwartungsvoll an. »Er will nicht, daß ich Freundinnen habe«, fügte sie hinzu.
    »Sie erzählen mir nur, was Paul-Marie will«, sagte ich freundlich. »Er interessiert mich eigentlich überhaupt nicht.Aber Sie –« Ich berührte flüchtig ihren Arm. »Sie interessieren mich sehr.«
    Sie errötete und schaute sich um, als fürchtete sie, jemand könnte hinter ihr stehen.
    »Sie verstehen das nicht«, murmelte sie.
    »Ich glaube doch.« Ich fuhr mit den Fingerspitzen über ihr Kopftuch.
    »Warum tragen Sie das?« fragte ich unvermittelt. »Wollen Sie es mir erzählen?«
    Sie schaute mich zugleich ängstlich und hoffnungsvoll an und schüttelte den Kopf. Vorsichtig löste ich das Kopftuch.
    »Sie sind hübsch«, sagte ich, als ich ihr das Tuch abnahm. »Sie könnten eine Schönheit sein.«
    Unterhalb ihrer Unterlippe war ein frischer blauer Fleck zu sehen. Sie öffnete den Mund, um mir automatisch eine Lüge aufzutischen. Ich fiel ihr ins Wort.
    »Das stimmt nicht«, sagte ich.
    »Woher wollen Sie das wissen?« fragte sie gereizt. »Ich hab ja noch gar nichts gesagt …«
    »Das brauchten Sie auch nicht.«
    Schweigen. Vom Fluß her waren jetzt helle Flötentöne zu hören, die die Trommel begleiteten. Als sie endlich zu sprechen begann, war es voller Selbstverachtung.
    »Es ist idiotisch, nicht wahr?« Ihre Augen hatten sich zu Schlitzen verengt. »Ich gebe ihm nie die Schuld. Nicht so richtig. Manchmal vergesse ich sogar, was wirklich passiert ist.« Sie holte tief Luft wie eine Taucherin, bevor sie unter Wasser geht. »Ich renne durch geschlossene Türen, falle die Treppe hinunter, trete auf R-Rechen.« Sie schien einem Lachanfall nahe. Ich spürte die Hysterie hinter ihren Worten. »Ich neige zu Unfällen, sagt er jedesmal. Unfälle.«
    »Weswegen ist es denn diesmal passiert?« fragte ich sanft. »Wegen der Leute am Fluß?«
    Sie nickte.
    »Sie hatten nichts Böses im Sinn. Ich wollte sie einfach nur bedienen.« Einen Moment lang nahm ihre Stimme einenschrillen Ton an. »Ich sehe überhaupt nicht ein, warum ich dieser Clairmont, dieser Giftschlange, dauernd nach der Pfeife tanzen soll!« Sie begann, Caroline nachzuäffen. »Also, wir müssen unbedingt zusammenhalten«, sagte sie mit gespielter Ereiferung. »Um der Gemeinde willen. Denken Sie doch an unsere Kinder , Madame Muscat …« Dann holte sie kurz Luft und fuhr in ihrer normalen Stimme fort. »Gewöhnlich grüßt sie mich noch nicht mal auf der Straße, sondern tut, als wäre ich Luft!« Sie atmete tief durch, um ihre Fassung zu wahren.
    »Dauernd heißt es, Caro hier, Caro da«, zischte sie wütend. »Ich hab genau gesehen, wie er sie in der Kirche anstarrt. Wieso bist du nicht wie Caroline Clairmont?« Jetzt ahmte sie die vom Suff heisere Stimme ihres Mannes nach. Sie brachte es sogar fertig, seine Haltung zu parodieren, das vorgereckte Kinn, die aggressive Art, wie er sich in Positur warf. »Neben ihr siehst du aus wie eine fette Kuh. Diese Frau hat Stil , sie hat Klasse . Sie hat einen prächtigen Sohn , der nicht nur wohlerzogen, sondern auch noch ein guter Schüler ist. Und du , was hast du , hä? Was zum Teufel hast du zu bieten?«
    »Joséphine.« Sie starrte mich entgeistert an.
    »Tut mir leid. Einen Moment lang hab ich ganz vergessen, wo …«
    »Ich weiß.«
    Meine Nackenhaare begannen sich vor Wut zu sträuben.
    »Sie müssen mich für unglaublich dumm halten, daß ich all die

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