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Chocolat

Chocolat

Titel: Chocolat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Harris
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Als sie schließlich erschienen, kamen sie alle zusammen; acht Frauen, unter ihnenCaroline Clairmont, die Frau des Schildermalers. Eine neunte Frau, die etwas später eintraf, blieb draußen vor dem Laden stehen und berührte die Schaufensterscheibe fast mit der Nase, und ich erkannte die Frau mit dem karierten Mantel. Die Damen kicherten wie kleine Schulmädchen und freuten sich über ihre Ungezogenheit.
    »Und Sie machen die wirklich alle selbst?« fragte Cécile, der die Apotheke auf der Hauptstraße gehört.
    »Während der Fastenzeit dürfte ich eigentlich gar nicht naschen«, sagte Caroline, eine dicke Blonde mit einem Pelzkragen.
    »Ich werde es keiner Menschenseele verraten«, versprach ich. Dann, als ich sah, daß die Frau in dem karierten Mantel immer noch draußen vor dem Fenster stand, fragte ich: »Möchte Ihre Freundin nicht auch hereinkommen?«
    »Oh, sie gehört nicht zu uns«, erwiderte Joline Drou, eine Frau mit strengen Zügen, die in der Dorfschule unterrichtet. Sie warf einen kurzen Blick auf die Frau vor dem Fenster. »Das ist Joséphine Muscat.« Es lag eine Art mitleidige Verachtung in ihrer Stimme, als sie den Namen aussprach. »Ich glaube kaum, daß sie hereinkommen wird.«
    Als hätte sie es gehört, sah ich, wie Joséphine leicht errötete und den Kopf senkte. Sie hielt sich eine Hand vor den Bauch, was wie eine seltsame Schutzgebärde wirkte. Ich konnte erkennen, wie ihre Lippen sich bewegten, so als würde sie ein Gebet sprechen oder einen Fluch ausstoßen.
    Nacheinander bediente ich die Damen – eine weiße Schachtel mit goldener Schleife, zwei Spitztüten, eine Rose, eine rosafarbene Valentinsschleife –, die ihre Bestellungen mit kleinen Schreien des Entzückens und freudigem Lachen begleiteten. Draußen murmelte Joséphine Muscat vor sich hin, während sie rhythmisch vor- und zurückschaukelte und sich die Fäuste unbeholfen in die Magengrube preßte. Schließlich, als ich gerade dabei war, die letzte Kundin zu bedienen, hob sie beinahe trotzig den Kopf und kam herein.
    Diese letzte Kundin hatte spezielle Wünsche. Madame ließ sich eine erlesene Auswahl an Trüffeln zusammenstellen, in einer runden Schachtel mit weißen Schleifen und Blumen und goldenen Herzchen und dazu eine blanko Grußkarte – worüber die Damen entzückt die Augen verdrehten und zu kichern begannen –, so daß ich es beinahe nicht mitbekommen hätte. Die großen, von Hausarbeit geröteten Hände sind überraschend flink und geschickt. Die eine Hand bleibt in ihre Magengrube gedrückt, die andere macht eine kurze Bewegung wie die eines Revolverhelden, der in Sekundenschnelle seine Waffe zieht, und im nächsten Augenblick verschwindet das kleine, silberne, mit einer Rose verzierte Päckchen zu zehn Francs vom Regal in ihrer Manteltasche. Gute Arbeit.
    Bis die Damen den Laden mitsamt ihren Päckchen verlassen hatten, ließ ich mir nichts anmerken. Joséphine, allein an der Theke, tat so, als würde sie sich in Ruhe etwas aussuchen, hob hier und da mit nervösen Händen eine Schachtel hoch, um sie näher zu betrachten. Ich schloß die Augen.
    »Kann ich Ihnen helfen, Madame Muscat?« fragte ich freundlich. »Oder möchten Sie sich erst noch ein wenig umsehen?«
    Die Gedanken, die sie aussendete, waren verworren und beunruhigend. Lauter Bilder gingen mir durch den Kopf; Rauch, eine Handvoll glitzernder Tand, ein blutiger Knöchel. Und hinter all dem spürte ich tiefen Kummer.
    Sie murmelte etwas Unverständliches vor sich hin und wandte sich zum Gehen.
    »Ich glaube, ich habe etwas, das Ihnen gefallen wird.« Ich langte unter die Theke und holte ein silbernes Päckchen hervor, das etwas größer war als das, was ich sie hatte stibitzen sehen. Das Päckchen war mit einem weißen, mit gelben Blümchen bestickten Band verschnürt. Sie starrte mich mit offenem Mund an; Panik lag in ihren Augen.
    Ich schob das Päckchen über die Theke.
    »Ein Geschenk des Hauses, Joséphine«, sagte ich sanft. »Ist schon in Ordnung. Es ist Ihre Lieblingssorte.«
    Joséphine Muscat drehte sich um und ergriff die Flucht.
    Samstag, 15. Februar
    Ich weiß, heute ist nicht mein üblicher Besuchstag , mon père . Aber ich muß unbedingt mit jemandem reden. Die Bäckerei hat gestern eröffnet. Aber es ist keine Bäckerei. Als ich morgens um sechs Uhr aufwachte, war die orangefarbene Plastikplane nicht mehr da, die Markise und die Fensterläden waren angebracht, und die Jalousie im Schaufenster war hochgezogen. Was einst ein

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