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Cholerabrunnen

Cholerabrunnen

Titel: Cholerabrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Jahnke
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an Sammler verkauft und Defekte daran behoben wurden, in seinen Wagen steigen, in seine Buchhandlung fahren, sich im Hinterzimmer umziehen und die Mittagspause abhaken. Niemand wird denken, er wäre in der Lage, allein in einer Stunde einen Mord zu begehen. Niemand nimmt ihn sicher überhaupt wahr. Er schluckt und läuft weiter.
    Alte Bäume. Hier sind Gräben. Irgendwann einmal baute man aus einem Waldstück einen Park. Er sollte für das Volk entstehen. Der König wollte es so. Der Kurfürst schon? Er muss nachlesen. Das hat er nicht im Kopf. Hoppla… oh, er sollte besser aufpassen! Nun liegt er der Länge nach am Boden. Mist. Zum Glück keine Schmerzen!
    Vorn an der Karcherallee gab es einmal eine kleine Reitschule. Seine Großmutter berichtete davon. Sie ritt immer um den großen Eichenbaum herum und konnte die Statuen von Herkules und seinen Heldentaten am Beginn der Allee bewundern.
    „Hallo, hallo… ist was? Sie rennen so?“
    Eine alte Frau… die führt ihren Hund aus und er kann ihr nicht ausweichen, kommt direkt vor ihr auf den Weg. Der Hund zog sein Frauchen hinter einen Busch und eben kam sie da hervor. Nicht zu erkennen vorher. Sie unterhielt sich wohl auch nicht mit dem Vieh… Er flucht leise.
    „Nein, nur Fitness… nichts weiter. Kondition und so…“
    Er grinst gequält. Sie schüttelt den Kopf.
    „Damals rannten hier die Flüchtlinge, weil die Tiefflieger über die Allee sausten und auf alles schossen, was sich bewegte. Und flohen sie unter die Bäume, wurde auch noch darauf gehalten. Das war ein Ballern! Wir wohnten da drüben. Ich jetzt dort vorn im Hochhaus… na ja, Sie sind beim Militär? Soldat? Ich sehe gar keine Schulterstücke! Sondereinheit? War mein Richard auch. Lange her!“
    Die nervt! Er nickt nur und läuft weiter. Arme anwinkeln und um die nächste Ecke. Dann glaubt sie, er joggt noch eine Weile.
    Endlich ist sie weg. Eher er und sie kann ihn nicht mehr sehen. Nun kommt vorn auch noch eine ganze Kindergruppe. Nein, eher eine Klasse. Rucksäcke auf den Schultern, ein Brett in der Hand, auf dem sie alle etwas zeichnen oder schreiben. Unterricht… er sollte… den Querweg nehmen.
    „Da, ein Soldat. Sicher eine Sondereinheit!“
    Einer der fixen Jungs kommt ihm hinterher. Er ist doch schneller, denn seine Lehrerin pfeift ihn zurück. Glück gehabt! Na ja, wie man es nimmt. Die Alte und die Kinder wissen nun von einem Uniformierten hier. Ob das eine Rolle spielt? Er hofft einfach, nein. Und er ist sich sicher, dass man es doch irgendwie irgendwo wahrnimmt. Verdammt! Wenn Mauersberger davon erfährt, muss er sich sicher ein paar Wochen aus Dresden heraus begeben. Reise oder so. Mist! Gerade jetzt, wo so viele in seine Buchhandlung kommen, die Bücher über Dresden und die Frauenkirche kaufen, als wären sie das Wichtigste der Welt. Solch einen Umsatz mitten in der Stadt kann er nie wieder machen. Na, hat er sich aber selbst zuzuschreiben… leider. Er schluckt noch einmal. Was soll’s? Er erledigte, was man von ihm erwartete und nun muss er nur noch weg. Ihm traut man keine Uniform zu. Er sollte sich nur schon anderswo umziehen und nicht erst im Laden. Das wäre einfach zu auffällig.
    Endlich steht er auf der Herkulesstraße und kommt seinem Wagen näher. Gut. Raus, weg, umziehen, heim, abwarten. Geht schon gut!
    „Wieder alles abgesperrt. Ich halte das langsam nicht mehr aus! Erst dieses Hochwasser, dann ein Hagelschlag und schließlich noch ein anderes Unwetter. Immer machen die den Großen Garten zu und verhängen sogar noch Strafen, wenn man sich drinnen blicken lässt. Wie stellen die sich das vor?“
    Die alte Frau mit dem Hund schaut sich um und versucht, einige der Passanten und andere Gaffer an den rot-weißen Absperrbänder für ihr Gerede zu begeistern, aber sie hat wenig Erfolg.
     
    „Polizei… und vorhin noch rannte hier die Armee durch den Wald… na ja, Park… Garten eben. Das ist alles nicht mehr Normal!“
    Dann kommt ein Beamter auf sie zu, weil sie sich an einen der flüchtig in die Wiese gerammten Pfähle lehnt und der gleich umzukippen droht. Er schaut besorgt.
    „Hallo, Vorsicht, ja? Nicht, dass Sie noch… hallo, Frau… ähm…“
    Er fasst sie am Rücken an und schiebt sie ein Stück fort.
    „Also… Huch! Wer…? Das ist ja!“
    Sie schimpft und tobt herum. Gleich kommen mehrere Kollegen der Polizei und versuchen, die Frau zu beruhigen. Nun rennt auch noch ihr Hund weg, weil sie seine Leine fahren ließ und zwei Polizisten, scheinbar sehr jung,

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