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Cholerabrunnen

Cholerabrunnen

Titel: Cholerabrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Jahnke
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gesehen. Vielleicht steht er hier irgendwo herum. Früher versuchte er immer, vor unserer Zufahrt zu parken. Dann haben sie ihn einmal abgeschleppt, obwohl es sich gar nicht mehr offiziell um eine Einfahrt handelt und auch die Feuerwehr hier nicht durchkäme. Na ja, die Behörden. Manchmal wollen die es auch auf Streit ankommen lassen.“
    Es ist der typische Mann aus dem Erdgeschoss. Wenn er noch weiblich wäre, passte er gar in einen der französischen Filme, in denen einem suggeriert wird, jedes Haus hätte eine Concierge. Er wäre dann die männliche Ausgabe davon.
    „Sie haben keine gute Meinung über uns und… na ja, den Staat?“
    Der Mann, klein, kaum mehr Haare auf dem Kopf und die auch noch weiß, einen Bart, der vielleicht die Leere oben etwas tiefer wieder wettmachen soll, und ein Bein, das er nachzieht, dazu einen recht sportlich, kaum vom Alter gezeichneten Körper, aber eine langweilige, zum Einschlafen verhelfende Stimme ohne jede Gefühlsregung, als würde er eine langweilige Zeitungsmeldung vorlesen, brachte er auf die gleichen Fragen der beiden Polizisten eben seine kleine Rede heraus.
    „Woher denn? Ich war mal Beamter. Doch die Zeit war eben eine andere und nun gelte ich als damals staatsnah. Zwar bekomme ich eine kleine Rente, aber leben Sie mal davon! Volkssolidarität… war dann meine Rettung. Mittagessen für Arme. Und nun haben die mir auch noch die Dresden-Card weggenommen, weil ich drei Euro über den Bemessungsgrundlagen liege. Nun kann ich mir von diesen drei Euro alles alleine kaufen. Na ja, die Gerlinde gibt mir schon noch ein Essen, wenn ich da vorbeikomme. Aber immer nur betteln… da kommt man sich echt wie das Allerletzte vor. Hmm… um beim Thema zu bleiben… der Kerl ist weg. Hehehe. Falls er die Steuern hinterzog, meine ich mal, das wäre cool. Und von mir bekommen Sie sicher keine Unterstützung!“
    Behringer lacht.
    „Oh, die gaben Sie uns schon. Nun brauchen wir keine Straßen zu sperren, sondern nur Flughäfen und Bahnhöfe zu durchsuchen… und zu überwachen. Das vereinfacht die Sache schon gewaltig. Vielen Dank und einen Guten Tag!“
    Der verdutze Alte kann sein Pech gar nicht fassen… er half ihnen, er wollte es nicht, er ist sauer. So sieht er nun auch aus und redet in gleichem langweiligen Tonfall vor sich hin. Behringer unterdessen denkt, dass man bei Mauersberger und diesem Schnittge anklopfen sollte, aber vorher… Bauer suchen.
     
    „Mord? Das ist ja schrecklich!“
    Weinert sitzt vor Behringer in dessen Büro und schaut gespielt überrascht in dessen Gesicht. Dengler macht ihm gerade einen Kaffee und er flucht schon wieder über alles, was ihm gerade in den Sinn kommt.
    „Diese Stadt kommt doch nie zur Ruhe! Immer wieder was anderes… erst der Angriff, dann will man die meisten der damaligen Toten nicht einmal wahr haben. Dann nimmt man uns noch das Mahnmal… na ja, gut. Kann auch sein, dass ich damit übertreibe. Die Kirche sieht irgendwie schön aus am Neumarkt. Aber, und da können Sie reden, wie sie wollen, die Verbrechen nehmen zu. Früher gab es nicht so viele Einbrüche oder gar Morde… und nun soll ich auch noch so einen Täter… sagt man so? …einen Täter kennen. Da fehlt mir doch jedes Wort!“
    Behringer schaut in die Unterlagen. Der Kerl schneit hier herein und will Mauersberger anschwärzen, womit auch immer, und nun tut er noch so, als könne er kein Wässerchen trüben. Man sollte Gesetze gegen das bloße Verarschen von Beamten erlassen. Nur leider… man kann mit ihnen alles tun und sie haben auch noch ‚Danke’ zu sagen.
    „Sie geben also zu, dass Sie Herrn Bauer und auch Herrn Frenzel kennen? Das ist ja mal interessant!“
    Kohlert kommt eben herein und bringt noch ein paar Getränke, schaut auf Weinert und sieht, dass Dengler sich an den alten wie auch neuen Unterlagen zu schaffen macht. Er kennt diesen Weinert, er weiß, dass Mauersberger sich für ihn interessieren wird. Natürlich versucht er, noch eine Weile zu bleiben, verschweppert etwas Wasser, was ja nicht schlimm wäre, greift zum Lappen und hört unbeteiligt schauend dem Gespräch zu. Weinert scheint nichts zu bemerken, Behringer nimmt ihn gar nicht wahr. Auch ein Grund für ihn, sich nicht einmal Vorwürfe zu machen, den Männern vom Cholerabrunnen hin und wieder einen Tipp zu geben.
    „Ja, also, ich kenne sie. Und das ist, wie mir scheint, nicht einmal ein Verbrechen. Oder doch? Dann verhaften Sie mich bitte. Nein, ich bin hier, um diesen Mauersberger wegen der

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