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Cholerabrunnen

Cholerabrunnen

Titel: Cholerabrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Jahnke
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dann unsicher. Der Kerl lacht ihn an… gar aus? Nein, hoffentlich nicht. Der hat keine andere Idee… das geht irgendwie nicht.
    „Nun überlege mal… wann werden die volle Lkws vom Platz lassen…? Na? Na…? Wann wohl?“
    Ja, wann…?
    „Wenn die Weihe gelaufen ist, die Leute wieder weg sind und alles abgebaut wird.“
    Hmm… ja, sicher. Und? Wie soll ihnen das auch nur im kleinsten Ansatz nützen?
    „Na, keine Fantasie? Das ist doch einfach… Wir heben das Ding bis ins Zelt und dann kommt die Plane drum herum. Wenn alles vorbei ist. Der Kram wird auf den Lkw geladen und der fährt ab. Wir haben den Safe und können ihn gemütlich öffnen… lassen. Denn dann muss Bauer herzu. Oder wir bringen das Ding zu ihm. Das ist noch zu klären. Ich weiß ja, wo er ist.“
    Schnittge fasst sich an den Mund. Das auch noch! Gerade nahm er an, der wäre für immer fort. Na, dann ist eben noch nicht alles vorbei. Verdammt… adieu, ruhiges Leben!
     
    Tausende strömen durch die Stadt. Überall sieht man die roten Halstücher, die sich einige unter ihren aufgesetzten Schulterstücken ähnlichen Kleiderschmuck zogen, andere wirklich, wie die alten Pionierhalstücher um den Hals banden. Einige der Anwesenden werden diese Zeit gar nicht mehr kennen… weder aus der Betrachtung vonseiten des Westens her, noch vom eigenen Erleben.
    Ordner sind die mit den Halstüchern. Sie sollen die Massen einigermaßen in die richtigen Richtungen lenken, haben damit jedoch bei einigen nur recht mäßigen Erfolg. Kaum zu erwarten ist, dass sie wirklich jeden in die Schranken weisen können.
    Die Ehrengäste reisen an. Schwarze Limousinen, die nicht gerade für den richtigen Umgang mit Spendengeldern sprechen, kommen und fahren wieder ab, um nächste Gäste aus den umliegenden Hotels zu holen. Und jedes Mal ist es ein Hickhack, die Wagen wirklich bis an die vorgesehenen Türen der Kirche zu bekommen, ohne einen Unfall, eine Verletzung oder eine leidenschaftliche Blockade zu generieren. Dabei sollen die Dresdner ihre Kirche doch mögen… sie befürworten, wie inzwischen in jeder Zeitung zu lesen war. Vielleicht stehen auch einige nicht jeden Tag zu ihrer Überzeugung, wie auch immer diese gerade aussehen sollte?
    Besucher sitzen schon auf den Hockern vor der Kirche. Die Idee ist einfach. Man faltet Karton so, dass man zum Schluss eine an einer Seite offene Kiste erhält. Diese ist besonders stabil und man kann sich darauf setzen, hat aber keinen schweren Hocker oder gar Stuhl mit sich herumzuschleppen. Schade nur, dass die Sitzenden meist wieder aufstehen müssen. Zum Einen, weil die Massen sie zur Seite zu drängen drohen, zum Anderen, weil sie keine Sicht haben, aber auch etwas sehen wollen. Ihnen geht es da unten wie den Kindern in großen Aufläufen. Irgendwann beginnen sie zu quengeln… oder eben aufzustehen und ihren Hocker wieder zusammenzufalten, denn der Nachbar fühlt sich belästigt, schimpft oder stößt schon um sich.
     
    Am Rande dieser Feierlichkeiten erscheint die gesamte evangelische Kirchenprominenz Deutschlands. Der Landesbischof ist natürlich der Gastgeber, obwohl vor Jahren noch die Vorstände der Evangelischen Kirche behaupteten, kein weiteres Gotteshaus in Dresden zu benötigen. Die einstige Frauenkirchengemeinde, die sich andere Zufluchtsorte suchte und auch fand, sah das natürlich anders und forderte eine Weihe. So ging der Wunsch des Musikmeisters an den vielen interessanten Trompeten in Erfüllung und Professor Güttler spielt heute nicht zur bloßen Eröffnung dieses wiedererstandenen Hauses, sondern zur erneuten Weihe einer Kirche, die der ganzen Welt zeigte, wie sehr Menschen für eine Sache eintreten können.
    Andere können das auch.
     
    Mauersberger, inzwischen ohne Führerschein, weil er auf der Autobahn bei Tempo 100 die Kontrolle über seinen Wagen verlor und nicht lügen wollte, also den im Fonds mitfahrenden Chauffeur nicht vorführte, steuert den Lkw. Natürlich hat Schnittge schon darum ein komisches Gefühl, doch der alte Freund… oder Bekannte wider Willen… winkt nur ab.
    „Heute geht es nicht um solche lapidaren Fragen. Heute will man Genehmigungen und Ausweise für den Platz sehen. Mehr nicht. Die sind ja nicht blöd… und glauben, auch nur ein Arbeiter könnte etwas tun, was er nicht darf. Trotzdem, danke der Nachfrage.“
    Schnittge schluckt und greift nach der Karte. Die Menschenmassen vor ihnen scheinen gar nicht abnehmen zu wollen. Er flucht schon wieder, denn sie stoppen laufend und

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