Cholerabrunnen
können, aber die Historiker und deren Unterstützer wollten all dem auf keinen Fall einen offiziellen und vor allem noch universitären, akademischen Charakter verpassen.
So entschied man sich für das Messegelände im Ostragehege.
Ganz im Gegensatz zu vielen anderen hierher ‚ausgelagerten’ Veranstaltungen, zeigte sich schon einige Tage vor dem Termin ein reges Interesse. Nicht nur in der Presse, sondern ebenso im Rathaus. Ein Mitglied des Stadtrates regte gar an, die Teilnahme an dieser Veranstaltung für alle an Wohl und Wehe der Stadt Beteiligten zur Pflicht zu machen, doch das verwarf man… nicht etwa infolge eines Desinteresses, sondern der Meldung der Veranstalter, dass die Karten schon fast ausverkauft wären, man aus brandschutztechnischen Gründen nicht noch mehr Stühle zulassen durfte und Stehplätze aufgrund der zu erwartenden Länge der Veranstaltung nicht in Betracht kamen.
So war sich jeder selbst der Nächste und versuchte entweder, noch Karten zu erhalten, wobei sich gar einige bei den Radiosendern ins Zeug warfen und die dort in letzter Minute angebotenen Freitickets haben wollten, andere die Eingänge des Kassenbereiches des neuen Messegeländes im ehemaligen, von Professor Erlwein entworfenen, Schlachthof belagerten und doch immer wieder durch Ordner darauf aufmerksam gemacht wurden, dass sie sich solches sparen könnten. Der Verkauf wäre abgeschlossen. Die wenigen Restkarten oder auch Tickets für am Veranstaltungstag frei bleibende Plätze gäbe es eben erst dann und bis dahin wolle doch niemand warten.
Wirklich hielt dann niemand durch. War auch besser so, denn es setzte ein unschönes Regenwetter ein, das selbst die Härtesten nach wenigen Minuten vertrieb.
Nun jedoch war der Tag da und die Autos fuhren die beiden Zufahrtsstraßen zu den Messehallen entlang, wurden auf den großen Parkplatz geleitet, der bei lang anhaltendem Regen schnell zu einem See werden konnte, sonst aber auch schon als Ort für große Freiluftveranstaltungen mit namhaften Künstlern genutzt wurde. Dann kämpfte sich der Strom gen Halle und die Ordner am Einlass hatten zu tun, die vielen Tickets zu prüfen und sie erst dann zu scannen, denn es sollte gar schwarze Kopien geben. Außerdem kam kaum jemand der Besucher wirklich mit der erst nach der Flut installierten neuen Technik am Einlass klar. Sogar einigen vom Personal bereitete dies Sorge. Und zusätzlich kamen doch noch einige in Rollstühlen, mit Rollatoren und ihren Stöcken, die man ihnen nicht wegnehmen durfte, da sie in der Regel nicht nur Atteste, sondern auch Vermerke diesbezüglich in ihren Papieren hatten, man sie also andernfalls in ihren Persönlichkeitsrechten beschnitt. Das blieb selbstredend aus. Trotzdem erfolgte per Lautsprecher mehrfach der Hinweis, wo sich die Behindertentoiletten befänden und dass man zum Begehen dieser den in Deutschland üblichen Steckschlüssel bräuchte. Einige der Betroffenen hörten noch nie etwas von dieser Herangehensweise, ließen es jedoch erst einmal auf sich zukommen.
Über dem Podium, von dem herab Professor Sorge eben seine Einführung sprach, hing eine große Reproduktion von Canalettos Blick auf die Stadt… aus einer Zeit, wie manche sagten, die Dresden nie wieder erleben wird. Und sie meinten meist die Art, das Fluidum der Stadt, nicht etwa die damaligen Machtformen.
Trotzdem versuchte ein Lichtteam von sicher fünf Beleuchtern, mit verschiedenen Lichtfarben und eben soviel Helligkeiten, dieses alte Gemälde, das man in der Welt kennt und das der Stadt zusätzlich zu vielen anderen Titeln auch den des ‚Elbflorenz’ einbrachte, in Szene zu setzen, immer neue, andere Stellen in die allgemeine Aufmerksamkeit zu ziehen. Das störte sogar den von dieser Stadt und vielen Dingen in ihr und um sie herum begeisterten Professor bald dermaßen, dass er sich eine weitere Ausleuchtung verbat.
Ein Mitarbeiter des Messemanagements schaute zwar pikiert, gab dann jedoch schnell die entsprechenden Hinweise und schon verschwand das Licht, wurde der Saal ganz normal ausgeleuchtet, was gleich zu einer gewissen Ruhe unter den Gästen führte.
Immer wieder schaute Sorge um sich und schüttelte den Kopf. Er wusste, dass man in Dresden eine Ballung von Interessenten hat, die sich aus verschiedensten Gründen der Stadt und ihrer jüngeren wie auch älteren Geschichte verbunden fühlten. Doch, und das gestand er sich ohne Umschweife ein, mit solch einem Interesse konnten weder er noch andere an all dem hier Beteiligte
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