Cholerabrunnen
beschlossen, dann jedoch wieder gekippt, weil einfach das Geld nicht da war. Krieg… klar, oder? Er schluckt. Und das dort?
„Ja, ein Wrack. Ein Flieger. Und nun schauen Sie dorthin… auch einer. Dann sehen Sie bitte dahin. Noch einer. An unterschiedlichen Stellen. Und hier einige Bilder von damals üblichen Maschinen… kleinere… na ja, auch die, die man vielleicht als ‚Tiefflieger’ bezeichnen konnte. Ich weiß, Sie sind keine Experten… aber wenn Sie nur anhand der Fotos entscheiden müssten… ganz für sich allein… zu welchem der Modelle würden wohl diese paar Wracks am Offenkundigsten passen? Na, die deutschen Maschinen, vielleicht diese von den Russen? Nein? Tut mir leid, Borissow, Sie sind schon raus. Und die da… britische? Kaum, oder? Eher die der Amerikaner, die gar nicht über Dresden gewesen sein sollen… nur Bomber, steht in den Berichten. Oder, Warner?“
Der schluckt. Dieser kleine Israeli redet sich gerade um Kopf und Kragen. Was soll das? Arbeiten sie nun zusammen oder hart gegeneinander? Er schluckt und nickt doch. Was soll das Negieren? Es bringt ihnen nichts. Was wahr ist, muss manchmal auch wahr bleiben… manchmal eben… heute auch?
„Ja, das passt. Und nun berichten Sie doch mal, Warner, was solche Maschinen an Bord hatten… Diese Geschichte ging mir damals dermaßen ans Herz, als ich sie das erste Mal hörte… Ja, ich meine die Optik und das, was man damit machen kann… ja, reden Sie nur!“
Warner ziert sich. Er hat seine Gründe. Dann stößt Schnittge ihn an.
„Ich kenne da auch eine. Die Deutschen schossen einen Ihrer Jäger ab und ein kleiner Junge kletterte am nächsten Tag in das Wrack. Er dachte sich gar nichts dabei, als er durch die Zieloptik sah und dort genau so gut einstellen konnte, wie vor Jahren, als sein hochdekorierter Vater ihn mal mit auf den Fliegerhorst nahm und ihn auch alles anschauen und ausprobieren ließ. Klar… es handelte sich um die gleiche Optik… von Carl Zeiss. Und man konnte sie zu verschiedenen Dingen benutzen… als Zieloptik oder auch als Vorsatz für eine tiefenscharfe Foto- und Filmtechnik, mit der man gut auswertbares Material anfertigen konnte… hier wie dort.“
Warner wird rot im Gesicht. Er mag es nicht, wenn man seinem Land vorwirft, mit den damaligen Gegnern Geschäfte gemacht zu haben. So etwas klingt immer nach… Kollaboration. Dabei sahen einige einen direkten Vorteil darin, gleiche Technik einzusetzen.
„Ja, und? Was soll das nun wieder beweisen? Langsam frage ich mich wirklich, Begin, was Sie eigentlich wollen. Klar, wir hatten ein gemeinsames Ziel und hier läuft schon einige Zeit vieles falsch. Erst diese Wiedervereinigung, die jedem Geheimdienstmann auf allen Seiten einfach nur wehtut. Und nun auch noch dies hier, die Tresore, die Sie, meine Herren Cholerabrunnenjünger, sich einfach unter den Nagel rissen… warum jetzt? Ja, ich weiß schon. Diese Baumaßnahmen. Wenn ich mir aber die Berichte anschaue… Ich glaube, kein einziger Safe wäre gefunden worden.“
Ja, denkt Mauersberger. Darum seid Ihr auch alle hier. Er schluckt. Frenzel musste dafür sterben. Die anderen… interessieren ihn wenig. Und Frenzel selbst ist ihm ebenso herzlich egal. Der Kerl war einfach zu frech und passte nicht in ihre Reihen. Schade, dass er ihn aktivierte. Der Kerl mit dem Zwang, sich unbedingt politisch zu engagieren… na ja, das konnte nicht lange gut gehen.
„Was das beweist? Es waren drei Flieger, die allein auf unseren Fotos auftauchen. Nein, damals waren die nicht von uns… aber wir konnten das Material erwerben. Von Ihrem Land, Borissow. Möchte wissen, woher Sie die amerikanischen Aufklärungsbilder hatten… Vielleicht Austausch, als man sich bei den Alliierten noch untereinander ein wenig mochte? Na egal. Aber… drei Flieger. Die hatten alle Kameras an Bord… und wenn die Flieger nicht ausbrannten, dann…“
Mauersberger schluckt. Die wissen zu viel. Ihm wird es langsam eng am Hals. Er schiebt die immer akkurat sitzende Krawatte zur Seite, zieht sie sich dann ganz vom Hals und stopft sie in die Hosentasche, öffnet dann den obersten Knopf seines Hemdes und sieht nun aus wie einer der vielen nach Business riechenden jüngeren Männer, die bewusst den Aufstand gegen das Gezwungene in Kleidung und Beruf wagen. Er bemerkt es kaum, sondern holt tief Luft, schaut sich noch einmal im Saal des alten Pulverturmes um, winkt nach noch einem Bier, das ihm nun längst nicht mehr die Sinne vernebeln kann, und weiß, dass
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