Cholerabrunnen
solch einen Druck gegen den Unterleib des Mannes neben ihm nicht besonders geeignet.
„Sie müssen sich erinnern.“
Nein, tut er nicht. Und wenn Warner wirklich niemandem traut… glaubt er diesem Mann genauso, wie er Begin und Borissow glaubt, dass sie mit der offenbar nur für sie eingeleiteten Abhöraktion nichts zu tun haben. Er schluckt und lässt den Mann ziehen, nachdem er ihm noch gehörig klar machte, dass der sich lieber nicht wagen sollte, irgendwem etwas über diese paar Minuten hier unten zu berichten. Der nickt und schaut nicht einmal auf die Karte, die Warner ihm noch zustecken will. Der hat nicht vor, sich zu melden, der will nur… weg. Von ihm natürlich. Er kann es verstehen.
Dann geht er wieder nach oben.
„Und?“
Er schaut in die Runde. Alle sehen ihn erwartungsvoll an, dann schreckt Bauer mit einem Blick hoch und zeigt nach drüben.
„Da… die gehen. Die gehen!“
Jetzt erst sieht er den Dicken, der durch die Maueröffnung in Richtung der Spanferkelbraterei verschwindet. Die anderen schauen hin und jeder von ihnen scheint diesen dicken Mann zu kennen.
„Mit seinem Sohn!“
Mit seinem…? Borissow sprach die Worte. Mauersberger schluckt. Der Kerl zieht seinen Sohn ins Spiel. Vielleicht, weil er weiß, dass da nichts anderes mehr zu machen ist? Und nun erfuhr er auch noch…
Warner reißt die Kamera von der Lampe. Er wirft sie nach einem kurzen Blick auf den Tisch.
„Kurze Distanz. Die mussten hier sitzen. Verdammt!“
Sie schauen sich an, schütteln nur die Köpfe. Der Kerl führte sie alle vor. Der schaffte es, drei Geheimdienste und die Deutschen hinters Licht zu führen. Das ist doch bitte nicht wahr, oder?
„Nichts wusste er…“
Mauersberger schluckt und schüttelt den Kopf.
„Ich glaube, der Deal ist eben geplatzt. Tut mir ja leid, meine Herren, aber jetzt muss ich erst einmal sehen, wie wir aus der Sache herauskommen. Und… keine Dummheiten, ja? Ich habe nichts zu verlieren. Die Filme kann ich vervielfältigen und… auch vernichten!“
Behringer hebt ab. Er sitzt immer noch über dem Fall, der ihn gerade nicht schlafen lässt. Fahrerflucht. Fuhr eine junge Frau an, sprang nicht einmal aus dem Wagen, sondern raste einfach weiter nach Osten. Drei Blitzfallen passierte er mit fast doppelter der jeweils dort erlaubten Geschwindigkeit. Wirklich, dachte der Hauptkommissar, der erst vor einer Woche mit einer kleinen Feier im Team diese lange ausstehende Beförderung beging und von allen bedauert wurde, weil all das eigentlich gar nichts an seinem Fortkommen ändern wird, oben in Rossendorf waren es knappe 120 Kilometer pro Stunde, die der Kerl raste und eigentlich, bei den vielen darauf folgenden Kurven, der im Wald versteckten Tankstelle und den vielen Kreuzen an eben dieser nachts stark befahrenen Strecke, nahm er noch an, sie fänden den Wagen samt dem Toten darinnen irgendwo dort an der Strecke nach Stolpen im Wald. Nichts da. Die Kollegen aus Schluckenau drüben in Tschechien meldeten den Wagen. Natürlich unternahmen sie nichts weiter, denn niemand konnte daran auch nur eine Spur von Blut erkennen. Klar. Der Wagen stand drei Tage nach dem Unfall, bei dem die Frau innerhalb dreier Stunden, die sie sich erst zum Straßengraben schleppte, dann einen Hilferuf per schon kaputtem Handy versuchte, verblutete und zum Schluss sicher an großen Schmerzen starb, in einer Autowerkstatt und wurde gerade im Frontbereich umgerüstet. Natürlich fehlten die demontierten Teile, denn der Schrotthandel kam einen Tag eher durch und alles, was die Werkstatt mitzugeben hatte, befand sich nicht nur in der Presse, sondern gar als Rohstoff mit Recyclingcharakter auf dem Wege in einen polnischen Hochofen nahe der Grenze zwischen Polen und Tschechien. Aus, vorbei… sie konnten aufgeben. Der Fahrer war nicht dingfest zu machen. Selbst die Feststellung der Nummernschilder und seiner Person als Halter, die Ähnlichkeit auf den Blitzfotos brachte nichts… er behauptete Stock und steif, der Wagen rollte an jenem Tag nicht… oder jemand entwendete ihn. Vielleicht sein gerade erst auf eine Südseetour abgereister Bruder? Ja, der leistete sich manchmal etwas. Aber für solch eine Tat… war er am kommenden Morgen zu ruhig. Na ja, denkt sich Behringer. Er wird den Mann auch noch vernehmen und dann geht er an den Bruder heran, sollte der zurückkommen. Leider können und dürfen sie nicht die Kommunikation zwischen den Geschwistern überwachen. So können die sich ungestraft abstimmen und…
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