Cholerabrunnen
das nicht!“
Der ehemalige Honorarkonsul versucht sich lieber nicht am Safe. Zu schnell kommt Mauersberger vielleicht dazu, ihn zu opfern und in diesen Gang zu schicken, um den letzten der Tresore zu öffnen, gleich vor Ort auszuräumen. Das will er vermeiden. Bauer ist der Richtige. Mauersberger übt nur aus Interesse, käme schon wegen seiner mehr als gefährdeten Knochen kaum mehr von der Stelle, wenn er nicht zu Fuß gehen kann.
„Gut, gut… aber trotzdem… versuch es doch mal. Ist ganz einfach.“
Er schüttelt den Kopf und geht demonstrativ in den Nachbarraum.
„Was hat er denn nun wieder?“
Bauer nickt Mauersberger zu, der zum dritten Mal in Folge die Tür öffnen konnte, obwohl stets eine andere Kombination vonnöten war. Bauer kennt sich wirklich mit diesem Schrank aus, muss auch der Altgediente und Chef der Männer vom Brunnen neidlos anerkennen.
„Vielleicht, weil Du uns eben hinters Licht geführt hast? Nicht bei jedem reicht es aus, wenn Du nur mal ein wenig nett tust und uns ein paar Barren mehr versprichst. Zumal… mir die Sache mit Frenzel nun ganz anders vorkommt. Ihm sicher auch!“
Wie meint der das nun wieder, denkt Mauersberger und schaut auf den Flyer, den ihm der Buchhändler vorhin in die Hand drückte. Ja, nun hat er eine Berufung, etwas zu tun, mit dem er seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Dank seiner großzügigen Spenden. Und jetzt zählt der Mann ihn an?
Er denkt an Weinert, der letztens wieder vor seiner Tür stand, ihn erpresste. Er wüsste alles und er wolle die Filme. Die Originale. Ihm sei es egal, wenn er sich Kopien zöge. Die Originale brauche er. Nun, der Unterhaltungswert der Spulen ist… gering. Er mag es nicht, wenn man ihn auch noch unter Druck setzt. Aber… diese Dreistigkeit… alle zocken ihn nur ab. Er wird sich noch mehr einfallen lassen müssen. Gerade bei den Nachrichten aus Westfalen. Verdammt!
Weinert sitzt zusammen mit seinem Sohn über den Unterlagen, geht noch einmal die Studien durch, die er für sein letztes Buch zusammenstellte. Nein, er gab nicht auf, veröffentlichte nun gar noch bei einem international agierenden Autorendienstleister und verkauft jetzt mit ein bisschen Werbung genug seiner Bücher, um seine Kosten zu decken. Erst war es ein Verlustgeschäft. Natürlich brauchte er für den neuen Schritt mit dem gleichen Text an die breitere Öffentlichkeit einen mehr als nur guten Lektor, aber er fühlt sich jetzt besser. Und sein Sohn, der ihm fast zu entgleiten drohte, steht nun wieder zu ihm. Er hat Glück. Viel Glück. Manchmal kann er es gar nicht so recht fassen, beruhigt sich dann aber und schaut auf die vielen Zusammenstellungen, die die Hergänge an diesem 13. Februar immer genauer beschreiben können.
Man nimmt ihn wahr. Der internationale Vertrieb läuft gut und aus Amerika und Großbritannien, den beiden Ländern, denen er viel Schuld zuweist und sich nicht zurückhält, jedoch auf jede Polemik versuchte, zu verzichten, erreicht ihn Fanpost. Sogar von Nachfahren der damaligen Flieger. Nein, sie schreiben nichts zum Inhalt des Buches. Nur darüber, dass sie es gut finden, dies alles endlich ungeschminkt und scheinbar mit neuen Erkenntnissen untersetzt von einem Deutschen zu lesen. Er lacht dabei und denkt an Engelhardt, der ihn anrief, als er wieder veröffentlichte, es gar noch als ‚vollständig überarbeitete Neuauflage’ verkaufte und damit noch mehr heute übliche Clicks auf seine Seite und vor allem die Verkaufsangebote erntete. Der wollte sich mit ihm versöhnen. Na, er ist viel zu wachsam. Er schaute in den Spiegel, als er den Hörer noch am Ohr trug, und lachte dann den Anrufer aus. Nein, niemand spricht mehr von dem Bericht, den man damals veröffentlichte. Professor Sorge distanzierte sich nicht davon, aber selbst wenn man intensiv sucht, bekommt man überall nur harmlose Auszüge, nie das gesamte Werk. Und er hat so viel in der Hand, was er damals noch Engelhardt vor die Füße werfen konnte, es aber unterließ. Er schrieb es auf, ohne die Beweise gleich mit zu veröffentlichen. Das behält er sich für einen zweiten Band vor. Der ist eigentlich schon fertig. Doch er wartet darauf, dass Band eins unter eine magische Verkaufszahl pro Woche geht. Dann wirft er die Fortsetzung auf den Markt. Sein Autorendienstleister weiß Bescheid und bietet ihm schon jetzt ein gutes Startfenster, bereitete bereits alles vor und… wird dann sehr schnell arbeiten. Natürlich hat er vorher mehr zu tun. Er grinst noch einmal.
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