Cholerabrunnen
Der Politiker mag den Habenichts nicht. Was der sich einbildet, hier herumzusitzen? Ja, vielleicht gibt es irgendwelche Gründe. Liegen darin, dass…
„Ist denn auch gesichert, dass wir alle Nachfahren eben jener dort benannten Personen sind?“
Mauersberger erwartete genau diese Frage. Vorsorglich brachte er noch weitere Unterlagen mit.
„Hier… Sie haben sicher nichts dagegen, wenn die jeweils anderen von Ihnen erfahren, wer wie verwandt ist mit den Akteuren von 1944 und dem Februar des Folgejahres?“
Wieder nicken alle, was man natürlich falsch interpretieren könnte.
„Gut. Also, gehen wir die einzelnen Punkte durch. Haben Sie Ihre Kopien dabei? Nein? Nun, ich habe hier noch welche.“
Er greift in seine schäbig, aber geschäftsmännisch aussehende Aktentasche und holt vier flache Mappen hervor, verteilt sie und klappt die oberste vor sich auf.
„Herbst 1944. Die Grundstücke der Juden wurden bereits Jahre vorher konfisziert, nur wohnten ganz normale Mieter darin und man schickte die auch nicht aus den Häusern. Sie Zahlten schließlich Miete. Gauleiter Mutschmann jedoch hatte eigene Pläne für den Fall des Falles… Sein Bunker allein schien ihm nicht sicher genug zu sein. Das habe ich jetzt nicht aus den Unterlagen, sondern aus einem Tatsachenbericht, der im Stadtarchiv eingesehen werden kann. Und obwohl er auch noch in Grillenburg einen Bunker hatte, in dem bisher noch unentdeckte geheime Räume existiert haben sollen… pha… na ja, so steht das hier… suchte er noch andere Ausweichstellen.“
Raunen. Natürlich lasen sie die Papiere und verstehen nun vielleicht schon einen ersten Zusammenhang.
„Es sind alles Safes. Daher wäre es gut, wenn wir uns… na ja, wenn wir uns irgendwoher Wissen anschaffen könnten, wie man solch ein Ding öffnet. Die Bauform… Seite Drei. Alle gleich. Vier Stück in vier verschiedenen Kellern, aber alle unter dem Neumarkt.“
Mauersberger räuspert sich, schaut in die Runde. Die Herren hängen an seinen Lippen und blättern nun zu besagter Seite.
„Kein Franz Jäger, och… Mist!“
Bauer lacht über Frenzels Witz. Mauersberger blitzt den Komiker an.
„Nein, es handelt sich um gleiche Modelle des Jahres 1940 der Geldschrankwerke H. F. Peltz aus Düsseldorf. Dafür brauchen wir irgendeine Erklärung. Aber… erst einmal müssen wir die Ersten dran sein!“
Der Plan wird noch einmal genauer unter die Lupe genommen.
„Nichts. Nirgends kann man da rein. Ist doch alles verschüttet…“
Vor dem Abendessen, das sie auch noch im Hotel einnehmen werden, gehen die Vier auf den Platz, versuchen, an den Ruinenteilen der Frauenkirche irgendetwas auszurichten. Das Johanneum, in dem sich heute das Verkehrsmuseum befindet, steht noch. Der Rest… nun ja, an der Kultstätte der Ruine wollen sie sich nicht allein orientieren und bis zur Brühlschen Terrasse, die den Neumarkt im weitesten Sinne zur Elbe hin begrenzt, wenn man von den auf sie zuführenden kleinen und längst vergessenen Gassen absieht, die irgendwer beim Bau des Hotels und eines angrenzenden Bettenhauses zum Teil wieder auferstehen ließ, reicht dieser Plan leider nicht. Zu dumm aber auch!
„Also, was machen wir?“
Ja, was? Vielleicht gar auf die ersten Bauarbeiten warten, sehen, wo man die Keller öffnet, um sich von da durchzugraben?
„Und mit welcher Begründung soll das gehen?“
Bauer, der noch nicht zu viel von alledem versteht, nur erkannte, dass es irgendetwas von Wert in diesen vier Tresoren geben soll, stellt die Frage und gleich schauen ihn die anderen drei an, als wäre er vom anderen Stern.
„Na ja, da finden sich schon Wege… wenn das Ergebnis stimmt. Sagen Sie, Herr Bauer was, können Sie eigentlich zu alledem beisteuern? Wollen Sie zahlen oder haben Sie auch noch Unterlagen von damals? Könnte ja sein…“
Fast entschuldigend, aber auch fies lächelnd schaut Frenzel dem ärmlich wirkenden Mann ins Gesicht. Mauersberger beschwichtigt.
„Sein Großvater war der Vorgesetzte von Ihrem, Frenzel. Also, nehmen Sie sich zusammen… und wenn Ihrer damals nicht Scheiße gebaut hätte, wäre Mutschmann vielleicht noch die komplette Evakuierung der vier Objekte gelungen. So aber…“
Er zuckt mit den Schultern. Was geht es die anderen an, dass sie dann heute nichts mehr zu finden hätten? Und außer Bauer scheint ja jeder um seinen Ruf, seine Vergangenheit und die makellose Familie bemüht zu sein. Wie er an Bauer herankommt…? Nur über Geld. Der wird sich freuen und sie
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