Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cholerabrunnen

Cholerabrunnen

Titel: Cholerabrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Jahnke
Vom Netzwerk:
damit meint er den Wagen und nicht sich oder den Parker, war lange nicht so schlimm, wie die Beulen, die einige der Mietwagen aufwiesen, als sie am nächsten Morgen bei den entsprechenden Gesellschaften zurückzugeben waren. Er konnte nur lachen.
    Trotzdem zählt für ihn, wie für viele Deutsche, das Auto zum absoluten Statussymbol. Mehr noch, als seine in der Türkei erworbene Rolexkopie, der man dies nach intensivem Tragen nun schon das dritte Jahr lang überhaupt nicht ansieht. Nur… na ja, der Sekundenzeiger dreht sich. Bei einer echten Uhr dieser Serie würde er brav oben auf der 12 verharren und darauf warten, dass er die Chronografenfunktion startet. Doch das weiß nur der Kenner.
    „Ja, René, der ist gut. Nicht zu alt. Erst letztes Jahr gekauft. Und er kann mich gar in brenzlichen Situationen mit gut 250, knapp 300 Sachen über die Autobahn jagen lassen. Aber…“
    Mauersberger grinst den jungen Mann an und schaut dabei zu Sabine. Die lächelt zurück, weil sie sich denken kann, was jetzt kommt.
    „Ich gerate nicht mehr in so etwas hinein… na ja, zumindest nehme ich das an. Ihr jungen Leute aber… mal hier und mal da, dort eine Frau, da… na ja, ich will nicht noch mehr sagen. Heute geht es ja um andere Dinge. Kommt, steigt ein!“
    Zufrieden registriert Sabine, dass es keinen Chauffeur gibt. Das wäre es ja noch! Sie fahren mit einem modernen Diener durch die Stadt! Sie mag das nicht, auch wenn ihre Mutter den Besitz vergöttert… ebenso wie ihren verstorbenen Mann… und natürlich Opa. Wobei… welchen mag sie wohl mehr? Den, den sie offiziell haben dürfen und auch kennen, oder eher den, der im Geheimen durch ihre Familie geistert? Wieder einmal bemerkt sie nur zu gut, wie wenig sie doch von ihrer Familie und Mutter weiß. Das muss sie bald ändern!
     
    Sie stehen gerade auf der Brücke im Stau. Blaues Wunder… eher grün sieht es aus, dieses Monster aus Stahl und Steinen… die Steine sind unten in den Pfeilern, der Stahl bildet die eigentliche Brücke. Bis eben berichtete Mauersberger und schien gar nicht wahrzunehmen, wie schweigsam die jungen Leute heute nach dem gestern doch recht offenen und lauten Zusammentreffen sind. Nun schaltet er die Nachrichten ein und im Hintergrund, vielleicht aus der Stadt herüber, hören sie Sirenen, die auf rege Krankenwagen- oder Polizeiarbeit schließen lassen.
    „…wurde der Innenstadtbereich eben geflutet. Die Welle raste durch den Hauptbahnhof und traf vor allem die Häuser entlang der Petersburger und Prager Straße, floss dann zur Seite in alle Richtungen weiter und überschwemmte ebenso den Neumarkt. Die Baustellen an der und rings um die Frauenkirche waren nicht mehr zu evakuieren und Hunderte Einsatzkräfte sind derzeit dabei, den Theaterplatz und damit auch den Dresdner Zwinger wie die weltbekannte Semperoper vor den von allen Seiten heranströmenden Fluten zu retten…“
    Mauersberger dreht etwas lauter. Er traute seinen Ohren nicht. Die jungen Leute hinter ihm im Fonds des Wagens scheinen gar nicht mitzubekommen, was da eben geschieht.
    „Verdammt!“
    Er flucht und schlägt auf die Hupe. Gleich zeigt ihm der Fahrer vor ihm einen Vogel. Sicher weiß der noch nichts. Gebannt schaut er auf die Elbe unter ihnen. Ja, auch höher. Nur eben noch nicht so hoch, dass man wirklich Angst haben sollte, wenn man hier steht. Aber in der Innenstadt… wie denn?
    Meldungen machten in den letzten Tagen die Runde. Man müsse eine südlich von Dresden gelegene Talsperre öffnen, vielleicht würde gar deren Staumauer brechen, aber soweit kam es nicht. Wer so etwas in die Welt setzt? Er hat keine Ahnung und will es eigentlich auch nicht wissen. Er kann nur fluchen. Der gesamte Bereich unter Wasser, wo er doch wegen der regen Bautätigkeit jetzt endlich zum zweiten Schlag ausholen wollte, den damals wieder zugeschütteten und nun fast offenen Zugang nehmen und den zweiten Tresor bergen wollte. Verdammt, denkt er noch einmal und bemerkt gar nicht, dass er als Einziger in der Schlange nicht fährt, nun selbst ein Hupkonzert zu erdulden hat, verdammt, wie sollen sie nun da dran kommen? Gar nicht. Er weiß es… oder mit einem Coup, der sich gewaschen hat… im wahrsten Sinne des Wortes mit nicht gerade sauberem Wasser.
    Wenig später durch den nachfolgenden Kommentar und eine Liveschaltung in das Landeshauptstadtstudio wird es ihm erst klar. Die Weißeritz war es. Sie brach aus und raste durch ihr altes Bett… durch den Hauptbahnhof. Er mag gar nicht daran zu

Weitere Kostenlose Bücher