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Choral des Todes

Titel: Choral des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Eisenspuren anzeigt, also den geringsten Blutspritzer. Selbst zehn Jahre nach einem Mord leuchtet ein mit Chlorreiniger beseitigter Hämoglobinfleck noch immer, wenn er mit diesem Stoff in Kontakt kommt.
    »Abdrücke von Basketballschuhen«, fuhr Puyferrat fort.
    »Schuhgröße 36?«
    »Genau. Es ist verrückt.«
    Das bestätigte die Theorie Volokines. Kasdan seufzte. Weshalb musste ausgerechnet sein letzter Fall der entsetzlichste sein? Der Russe hatte gesagt: »Ich bin dreißig Jahre alt, aber Sie sind der Grünschnabel.« Er hatte recht.
    »Aber es kommt noch besser«, fuhr der Techniker fort. »Ich hab mehrere gefunden.«
    »Mehrere Abdrücke?«
    »Von mehreren Kindern.«
    »Was?«
    »Ohne jeden Zweifel. Es sei denn, der Mörder tritt sich selbst auf die Füße.«
    Ein flaues Gefühl im Magen. Sternchen vor den Augen. Das Gefühl, in einem abstürzenden Flugzeug zu sitzen. Kasdan erinnerte sich an ein weiteres Detail. Bei ihrer ersten Begegnung hatte Volokine über eine »Verschwörung von Kindern« gesprochen. Als hätte der Russe hellseherische Fähigkeiten.
    »Die Abdrücke kreuzen sich. Sie stammen alle von kleinen Schuhen. Wenn ich high wäre, würde ich sagen, eine Bande durchgeknallter Kinder hat den Typen kaltgemacht. Einige Abdrücke sind deutlicher als beim ersten Mal. Ich hab sie ans Nationale Kriminologische Forschungsinstitut der Gendarmerie in Rosny-sous-Bois geschickt. Sie haben Verzeichnisse für alles. Schusswaffen, Zahnabdrücke, Ohrabdrücke. Sie verfügen auch über ein Register von Schuhabdrücken.«
    »Bist du dir nicht mehr sicher, ob es Converse-Schuhe sind?«
    »Nein, denn das Muster ist nicht genau das gleiche.«
    »Mist. Ich verfolge also seit zwei Tagen eine falsche Spur?«
    »Offiziell verfolgst du gar nichts, Doudouk. Es ist schon sehr nett von mir, dass ich dich überhaupt anrufe.«
    Kasdan schluckte seine Wut hinunter.
    »Ist das alles?«
    »Nein, wir haben abermals Holzsplitter entdeckt.«
    Kasdan hatte die Splitter, die auf der Empore der Kathedrale gefunden worden waren, völlig vergessen.
    »Handelt es sich um dasselbe Holz wie beim letzten Mal?«
    »Es ist zu früh, um das zu sagen. Ich habe noch nicht einmal die Ergebnisse der Analyse der ersten Entnahme. Wir haben sie ein zweites Mal ins Labor nach Lyon geschickt. Die Befunde werden bald vorliegen.«
    »Okay. Ruf mich gleich an. Und … danke.«
    »Nichts zu danken, alter Junge.«
    Der Armenier glaubte die Wirkung der Xanax zu spüren. Sein Gehirn reagierte mit Verzögerung. Er entspannte sich. Seine Gedanken verschwammen. Sein Geist ergoss sich wie eine Lache warmen Tees. Kasdan schaltete den Drucker ein, um die letzten Seiten auszudrucken, die er über die Kindersoldaten gespeichert hatte.
    Er stand auf, um die Blätter aus dem Ausgabeschacht zu nehmen, und hielt dann unvermittelt inne.
    Ein anderes Geräusch hallte wider.

KAPITEL 24
    Ein fernes, schwaches, montones Geräusch.
    Kam es von einem Kühlschrank oder einem anderen elektrischen Haushaltsgerät? Mit einem Mal war er hellwach und lauschte aufmerksam. Tick-tick-tick … Das Geräusch kam nicht aus der Wohnung, sondern aus dem Flur vor der Wohnung. Das Klo am Ende des Flurs?
    Es war kein Plätschern.
    Und auch kein Pochen gegen die Scheiben der Klappfenster.
    Eher ein leises und zugleich beharrliches Klimpern wie von einem Blindenstock. Es war zwei Uhr morgens. Was hätte ein Blinder um diese Uhrzeit im Flur suchen sollen?
    Er stand auf und horchte an der Wand. Dann löschte er das Licht im Wohnzimmer, nachdem er seine Sig Sauer aus dem Holster gezogen hatte. Näherte sich der Eingangstür. Das Ohr an die Holztür gepresst, lauschte Kasdan. Der Takt veränderte sich nicht. Tick-Tick-Tick-Tick …
    Was konnte das sein? Ein Blindenstock, ja. Oder ein sehr weicher, dünner Ast, der als eine Sonde verwendet wurde …
    Schweißperlen traten auf seine Stirn, und eine Gänsehaut überlief ihn. Er entsicherte seine 9-mm-Para und zog den Verschluss der Waffe ganz langsam zu sich. Noch behutsamer drehte er an der Stellschraube der oberen Verriegelung. Er öffnete die Tür. Eine gespenstische Stille schlug ihm entgegen.
    Der Flur war völlig finster. Der Besucher, falls es einen solchen gab, bewegte sich unsichtbar. Kasdan beugte sich vor und lauschte abermals. Das Geräusch hielt an. Es kam weder näher, noch entfernte es sich.
    Tick-tick-tick-tick-tick …
    Kasdan riss sich zusammen. Vielleicht ein Nachbar, der gerade nach Hause kam … Ein Schlüsselbrett, das hin- und

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