Christine Feehan - Karpatianer 13 - Dunkler Ruf des Schicksals
aber sie hatte nie gewagt, ihn zu wiederholen. Jetzt Heß der fremdländische Name eine Saite in ihrem Herzen erklingen. Sie hatte immer gewusst, dass er sie eines Tages finden würde. Von Monat zu Monat, von Tag zu Tag war er näher gekommen. Unablässig hatte er nach ihr gesucht, und sie hatte die ganze Zeit gewusst, dass sie ihm irgendwann gegenüberstehen würde. Sie hatte geglaubt, sie wäre darauf vorbereitet, doch tatsächlich hatte sie Angst. So seltsam es auch schien, sie verließ sich auf ihn, auf seine Sorge um sie und seine Verbundenheit zu ihr.
Nicolae war in ihrer dunkelsten Stunde bei ihr gewesen und hatte ihre Qualen mit erlitten, die perverse Folter eines abgrundtief schlechten Geschöpfs. Seine Stimme, die wie reine Magie gewesen war, hatte sie in ferne Länder gebracht, an Orte, an die ihr das Böse nicht hatte folgen können. Ihren Körper hatte sie zurücklassen müssen, aber ihr Herz und ihre Seele waren entschwebt. Nicolae, der so weit von ihr entfernt gewesen war, war ihr Retter. Er hatte ihr das Leben gerettet und verhindert, dass sie den Verstand verlor.
Aber einer betörenden Stimme durfte man nicht vertrauen. Das hatte Destiny auf die harte Tour gelernt. Einmal hatte sie es getan, und damals löschte ein Monster ihre Familie aus. Seit jener Zeit hatte sie viele schöne Stimmen vernommen, und all diese Stimme hatten Lügnern gehört, pervertierten Kreaturen, die sich am Leid anderer weideten. Nicolae verkörperte für sie alles, was sie an Familie besaß, obwohl sie klug genug war, ihm nicht zu vertrauen. Er hatte sie mit seiner wunderschönen Stimme gerettet, doch er hatte sie auch vieles gelehrt. Er zeigte ihr, wie sie ihre Folterer umbringen konnte, hatte ihr beigebracht, die Monster zu töten, die über andere Familien, über andere Kinder herfielen. Nicolae hatte sie gelehrt, das zu sein, was er selbst war: ein meisterhafter Killer.
Destiny tastete mit einer Hand vorsichtig die Felswand ab. Sie wusste, dass es hier einen Eingang gab, wusste, dass sich der Vampir irgendwo hinter dieser scheinbar festen Mauer aus Gestein verbarg. Wasser tropfte stetig von den Wänden, und das Geräusch hallte in dem engen Raum der Höhle laut wider. Destiny legte den Kopf zur Seite und begutachtete die schwere Felsdecke. Sie wirkte sehr massiv, aber in Destinys Magen regte sich ein gewisses Unbehagen, ein Warnzeichen, das sie aus langer Erfahrung zu beachten gelernt hatte.
Die Höhle wirkte wie eine Falle. Destiny untersuchte gründlich den Boden. Er war uneben und stellenweise feucht von dem Wasser, das unablässig von den Wänden lief. Als sie mit einer Hand leicht über den Felsen strich, entging ihr beinahe die kaum merkliche Bewegung unter ihrer Handfläche. Destiny blinzelte ein paarmal, um besser sehen zu können, und zog ihre Hand rasch zurück. Irgendetwas lag dort unten und lauerte auf ein ahnungsloses Opfer. Etwas, das mikroskopisch klein, aber tödlich war.
Destiny trat behutsam einen Schritt von der Felswand zurück. Sofort spürte sie, wie der Boden unter ihr nachgab, als wäre sie auf einen Schwamm oder in einen Sumpf getreten. Sie versank knöcheltief in dem eigenartigen Morast. Der Schlamm legte sich um ihren Fuß, saugte an ihrem Schuh und schloss sich wie eine Eisenzwinge um ihre Haut. Ihr Herz machte einen Satz, ihr Atem ging stoßweise, doch sie zwang sich, ganz ruhig zu bleiben und ihre Panik in Schach zu halten.
Statt sich gegen den schwarzen Matsch zu wehren, der an ihrem Fuß saugte, entschied sich Destiny dafür, sich in Luft aufzulösen. Einen Moment lang flimmerte ihr Körper in der Dunkelheit der Höhle, dann schwebten nur noch bunte Nebelschleier dicht über dem Boden. Die farbigen Dunstfetzen wirbelten durch die Luft und sprühten feine Tröpfchen über die größte nasse Stelle, wo stetig Wasser von der Decke tropfte, bevor sie sich über das Zentrum dieser Stelle senkten, durch die feuchte Erde drangen und spurlos aus der Kammer verschwanden.
Destiny fand sich in einer viel größeren Grotte tief im Inneren des Berges wieder. Der Geruch nach Schwefel war nahezu überwältigend, die Luft heiß und drückend. Übel riechende Gase stiegen von den grünlichen Wasserbecken auf, mit denen der Boden übersät war, und ein schwerer gelber Dunst hing in der Luft. Sie achtete darauf, den Boden gründlich zu untersuchen, bevor sie wieder ihre wahre Gestalt annahm und ihre Füße auf festen Grund setzte. Die Knie hatte sie leicht gebeugt, und ihr Körper war entspannt und
Weitere Kostenlose Bücher