Christine Feehan - Karpatianer 13 - Dunkler Ruf des Schicksals
pflichtete er ihr mit seiner samtweichen Stimme bei, als wollte er alles Mögliche andeuten.
Dich wird noch der Blitz treffen, wenn du dich weiter so vor einem Geistlichen auffiihrst.
Dann lass uns lieber irgendwo hingehen, wo ich sicherer bin. Aber zuerst müssen wir in der »Tavem« vorbeischauen.
Destiny murmelte dem Priester einen Abschiedsgruß zu, strich noch einmal liebevoll über Sams Haar und wandte sich zur Tür.
»Nehmt denselben Weg, den ihr gekommen seid«, bat Vater Mulligan. »Nur dieses eine Mal. Für mich.«
Destiny warf Nicolae einen fragenden Blick zu. Er zog eine Augenbraue hoch, und seine Lippen zuckten vor verhaltenem Lachen. Gemeinsam lösten sie sich in feinen Dunst auf und entwichen durch den kleinen Spalt in der Tür, während der Priester entzückt lachte.
Harry hatte sein Lokal bereits geschlossen und war die Treppe zu seiner Wohnung über der Bar hinaufgestiegen, als sie eintrafen. In sich zusammengesunken, hockte er auf einem Sessel, in der Hand ein gerahmtes Foto, seine Stirn an das Glas gepresst. Regungslos saß er da und hielt das Bild seiner Frau umklammert. Destiny brach es das Herz, als sie ihn so allein und unglücklich vor sich sah.
Wir bringen das wieder in Ordnung, Destiny. Nachdem wir jetzt wissen, wie Blythe aussieht, können wir sie finden. Ich habe das Gefühl, dass wir der Lösung des Rätsels ganz nahe sind. Der Doktor hat sicher mit diesen Übergriffen zu tun.
Sie verließen Harry und flogen aus der Innenstadt hinaus. Destiny schaute auf die funkelnden Lichter hinunter. Es ist so schön hier, Nicolae. Ich liebe diese Stadt. Ich liebe die Menschen hier.
Jetzt konnte sie es ihm gestehen. Dieses Geschenk hatte er ihr gemacht. Sie hatte keine Angst mehr davor, andere zu lieben. Sie glaubte allmählich nicht mehr, dass sie für den Tod der Menschen, die sie geliebt hatte, verantwortlich war.
Ist dort das Krankenhaus, in dem Blythe untergebracht ist?
Destiny schlug bereits zielsicher die Richtung ein, in der das Gebäude lag. Sie hatte fast das Gefühl, als würde Blythe nach ihr rufen.
»Vielleicht tut sie das ja«, sagte Nicolae verständnisvoll. »Sie hat viel durchgemacht. Ich glaube, es ist besser, wenn du allein mit ihr sprichst. Ich werde in der Nähe bleiben, wenn auch ungesehen.«
Destiny war dankbar für seine Rücksicht. Nicolae konnte Blythe mühelos dazu bringen, ihn zu akzeptieren, aber Destiny widerstrebte es, jemanden, der vermutlich sehr litt, zur Mitarbeit zu zwingen, und Nicolae dachte genau wie sie.
Sie warf ihm eine Kusshand zu, als sie, für das menschliche Auge unsichtbar, durch die Krankenhausgänge eilten. Sie fand Blythe zusammengekauert auf einer Fensterbank. Die Frau wiegte sich hin und her und starrte mit gehetzten Augen auf die Tür. Sie schien Destiny zunächst nicht zu bemerken; ihre ganze Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf die Tür.
Destiny räusperte sich vernehmlich. Als Blythe den Kopf wandte, erkannte Destiny den Ausdruck in ihren Augen. Sie hatte ihn immer wieder auf den Gesichtern der missbrauchten und geschlagenen Frauen gesehen, die aus ihrem Leben geflohen und sich an MaryAnn um Hilfe gewandt hatten. Was sie sah, waren Verzweiflung, Scham und Hoffnungslosigkeit. Blythe war mit Medikamenten ruhiggestellt worden, aber trotz ihrer Situation war ein starker Lebensfunke in ihr zu spüren.
»Wer sind Sie? Wie sind Sie hier hereingekommen?«, fragte Blythe nervös, aber sie starrte unruhig die Tür an, nicht Destiny.
»Kommt er? Der Doktor?«, fragte Destiny leise.
Blythe wandte sieh zu ihr um. Sie nickte. »Wenn er Sie hier sieht, könnten Sie in Gefahr sein.« Bei der Erwähnung des Arztes erhöhte sich Blythes Herzfrequenz dramatisch.
»Er hat Sie hypnotisiert, nicht wahr, Blythe?«, hakte Destiny sanft nach.
»Ich vermute es.« Blythes Stimme war erstaunlich kräftig für eine Frau, die jeder für geisteskrank hielt. »Es gibt keine Möglichkeit, von ihm wegzukommen, ohne Harry zu gefährden. Er arbeitet mit Drogen und Hypnose.« Sie zuckte mit den Schultern. »Alle glauben, ich wäre verrückt«, fügte sie hinzu.
Destiny fiel auf, dass Blythe immer unruhiger wurde. Ihre Hände verkrampften sich und lösten sich wieder. Destiny spürte dieselbe Gegenwart, die sie schon früher wahrgenommen hatte. Die Gegenwart des Bösen. Es kam näher, mit schnellen Schritten, die auf dem Fußboden des Flurs hallten. Blythe wimmerte und verkroch sich noch tiefer in die Fensternische, eine Hand fest auf den Mund gepresst, um nicht
Weitere Kostenlose Bücher