Christine Feehan - Karpatianer 13 - Dunkler Ruf des Schicksals
solchen Waffe. Nur wenige konnten der Aufforderung zum Sprechen widerstehen.
Martin ließ die Schultern hängen. »Vater Mulligan ist ein großartiger Mensch. Ich kenne ihn mein ganzes Leben lang.« Er hob den Kopf und sah Nicolae direkt an. Die Qual in seinen Augen war deutlich zu erkennen. »Hat er Ihnen auch erzählt, dass er überfallen worden ist ? Jemand hat ihm mehrere Schläge auf den Kopf versetzt und ihm die Schachtel mit dem Geld für die Bedürftigen der Gemeinde direkt aus der Hand gestohlen.«
Velda schnappte nach Luft. Inez quiekte. Beide Frauen bekreuzigten sich, griffen nach dem silbernen Kruzifix, das jede von ihnen um den Hals trug, und küssten gleichzeitig das Kreuz. »Das kann nicht sein, Martin«, widersprach Velda. »Niemand würde Vater Mulligan etwas zuleide tun.«
»Es ist sowieso nie viel Geld in der Schachtel, stimmt’s, Schwester?«, fügte Inez hinzu und rang die Hände. »Wohin treibt die Welt, wenn ein Priester in einem Gotteshaus überfallen wird?«
»Vielleicht sollten Inez und ich auch in deine Seniorenresidenz ziehen, Martin«, bemerkte Velda. »Wenn es um dieses Viertel schon so schlecht steht, dass ein Einbrecher Vater Mulligan niederschlägt, ist niemand mehr sicher.«
»Wird der arme Mann sich wieder erholen?«, fragte Inez. »Velda, mein Schatz, wir müssen sofort unsere berühmte Hühnersuppe kochen und ihm etwas davon bringen.« Sie klopfte Nicolae auf den Arm. »Niemand bereitet eine so hervorragende Hühnersuppe zu wie die liebe Velda. Leider muss ich sie ständig an diese kleinen alltäglichen Dinge erinnern, damit sie nicht wieder loszieht und ihre Nachforschungen anstellt. Velda sucht nämlich Beweise, dass es Vampire und Werwölfe gibt.«
Nicolaes Aufmerksamkeit war sofort geweckt. Bisher hatte er Martin scharf beobachtet und kaum auf das geachtet, was die anderen redeten. Aber jetzt wanderte sein dunkler Blick zu Velda und ruhte nachdenklich auf ihr.
Die alte Dame strich über ihr Haar und lächelte ihn an. »Ein altes Hobby von mir. Ich versuche mich ein bisschen in Zaubersprüchen, aber ich kann es nicht sehr gut. Inez ist viel präziser als ich. Martin, mein Lieber, setz dich doch. Du siehst so aus, als müsstest du auch ein bisschen aufgepäppelt werden. Ich koche die doppelte Portion von meiner Suppe und gebe dir etwas ab. Du wirst schon sehen, du bist im Handumdrehen wieder auf den Beinen.«
Martin, der zum Teil immer noch unter dem Bann von Nicolaes Stimme stand, ließ sich schwer in den Sessel fallen, auf dem vorher Nicolae gesessen hatte, und blickte sorgenvoll zu ihm auf. »Er glaubt, dass ich es war. Vater Mulligan glaubt, dass ich ihm den Schädel eingeschlagen und die Kollekte mitgenommen habe.« Das Geständnis kam überstürzt heraus und endete in einem erstickten Schluchzen.
Velda und Inez wandten ihre Aufmerksamkeit sofort Martin zu. Sie klopften ihm auf die Schultern, strichen beruhigend über sein Haar und gaben glucksende Laute von sich. »Vater Mulligan muss eine Gehirnerschütterung haben. Er weiß doch, dass du so etwas nie machen würdest, Marty. Ich rede mit ihm«, sagte Velda tröstend.
»O ja, Schwester, wir müssen sofort zu ihm«, echote Inez. »Er muss schwer verletzt sein, wenn er dem armen Martin so etwas vorwirft.«
Martin Wright starrte auf seine Hände. »Und wenn ich es doch war? Vater Mulligan würde mich nie belügen, und Tim sagt, dass ich an dem Abend blutbeschmiert nach Hause gekommen bin. Angeblich hatte ich die Armenkasse in der Hand und wollte nicht mit ihm reden. Ich hätte einfach nur dagesessen und die Schachtel angestarrt, sagt er.« Tränen glänzten in seinen Augen, als er Velda ansah. »Ich kann mich nicht erinnern. Könnte ich Vater Mulligan überfallen haben? Ich habe noch nie im Leben jemandem wehgetan.«
»Martin.« Nicolae kauerte sich vor den anderen, sodass er mit ihm auf Augenhöhe war. Die Verzweiflung, die von Wright ausging, war förmlich mit Händen zu greifen. »Erinnern Sie sich, was an jenem Tag vor dem Überfall passiert ist? Wo waren Sie ? Wer war bei Ihnen ? Was haben Sie gemacht ? Können Sie sich an irgendetwas erinnern?«
»Es war ein ganz normaler Tag. Ich ging zur Arbeit und traf mich mit Tim zum Mittagessen. Wir haben über das Projekt gesprochen, wie üblich. Er hatte seine Astronomieklasse, deshalb ging ich zur Baustelle, um mit dem Bauunternehmer zu reden. Ich war ziemlich lange dort. Ich erinnere mich, dass ich mir überlegte, die Pläne Vater Mulligan zu zeigen, weil ich mir
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