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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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das Wasser und die Skyline von Boston. Manche saßen auf schmiedeeisernen Liegestühlen. Andere schlenderten mit Champagnergläsern in der Hand umher. Kinder zeichneten mit Wunderkerzen rote Kratzer in die Dunkelheit.
    V ic betrachtete ihren zwölfjährigen Sohn mit einer Mischung aus Zuneigung und trauriger Sehnsucht. Wayne hatte sie noch nicht entdeckt, und sie hatte nicht versucht, sich bemerkbar zu machen.
    »Du kommst gerade rechtzeitig für die große Knallerei«, sagte Lou.
    Seine Motorradjacke lag zusammengefaltet auf dem Stuhl neben ihm. Er hob sie hoch und legte sie sich übers Knie, um für V ic Platz zu machen.
    Sie lächelte ihn an, bevor sie sich setzte – das typische V ic-Lächeln, bei dem nur ein Mundwinkel hochgezogen war. Es schien zugleich Freude und Bedauern zum Ausdruck zu bringen.
    »Mein V ater hat das früher gemacht«, sagte sie. »Das Feuerwerk für den vierten Juli angezündet. Er hat immer eine tolle Show abgezogen.«
    »Hast du mal darüber nachgedacht, mit Wayne nach Dover zu fahren und ihn zu besuchen? Das ist doch höchstens eine Stunde vom See entfernt.«
    »Wahrscheinlich würde ich mit ihm Kontakt aufnehmen, wenn ich mal was in die Luft sprengen müsste«, sagte sie. »Um mir ein bisschen ANFO zu besorgen oder so.«
    »Info?«
    » ANFO . Das ist ein Sprengstoff. Mein V ater hat damit Baumstümpfe, Felsbrocken oder Brücken in die Luft gejagt. Ein großer Sack Pferdescheiße, der Dinge zerstört.«
    »Was? Das ANFO ? Oder dein V ater?«
    »Beide«, sagte sie. »Ich weiß schon, worüber du mit mir reden willst.«
    » V ielleicht will ich auch einfach nur, dass wir den vierten Juli zusammen als Familie verbringen«, sagte Lou. »Wie wär’s damit?«
    »Hat Wayne die Frau erwähnt, die gestern bei uns aufgetaucht ist?«
    »Er hat mich nach Charlie Manx gefragt.«
    »Scheiße. Ich hatte ihn reingeschickt und gehofft, dass er unser Gespräch nicht mit angehört hat.«
    »Na ja, er hat einiges aufgeschnappt.«
    »Wie viel? Und was?«
    »Dies und das. Genug, um neugierig zu werden.«
    »Wusstest du, dass Manx tot ist?«, fragte sie.
    Lou wischte sich die feuchten Hände an den Cargo-Shorts ab. »Also, na ja. Erst warst du in der Klinik, dann ist deine Mutter gestorben – das war alles ein bisschen viel. Irgendwann hätte ich es dir gesagt. Ehrenwort. Ich wollte nur nicht, dass du dich aufregst. Du weißt schon. Damit du nicht wieder …« Seine Stimme versagte, und er verstummte.
    Sie schenkte ihm erneut ihr schiefes Lächeln. »Durchdrehst?«
    Er blickte durch die Dunkelheit zu ihrem Sohn hinüber. Wayne hatte zwei neue Wunderkerzen angezündet, die zischten und knisterten, während der Junge mit den Armen wedelte. Er sah aus wie Ikarus kurz vor dem Absturz.
    »Ich möchte dir das Leben so leicht wie möglich machen. Damit du für Wayne da sein kannst.« Rasch fügte er hinzu: »Und das meine ich nicht vorwurfsvoll! Ich will nicht, dass du dich schlecht fühlst … weil’s dir mal schlecht ging. Wayne und ich, wir sind auch ganz gut zu zweit zurechtgekommen. Ich passe auf, dass er sich die Zähne putzt und seine Hausaufgaben macht. Er hilft mir bei der Arbeit, ich lasse ihn die Winde bedienen. Das macht ihm Spaß. Er interessiert sich total für Winden und solche Sachen.« Er hielt kurz inne und sagte dann: »Ich hätte dir trotzdem sagen sollen, dass Manx tot ist. Damit du vorbereitet bist, wenn irgendwelche Reporter auftauchen.«
    »Reporter?«
    »Ja. Diese Frau, die da gestern bei dir war – das war doch eine Reporterin, oder?«
    Sie saßen unter einem niedrigen Baum, der in voller Blüte stand. Ein paar der rosafarbenen Blütenblätter rieselten herab und verfingen sich in V ics Haar. Lou fühlte sich plötzlich unwahrscheinlich glücklich, trotz des Gesprächsthemas. Es war Juli, und er war mit V ic zusammen, und sie hatte Blütenblätter im Haar. Es war romantisch, wie ein Song von Journey – einer von den guten.
    »Nein«, sagte V ic. »Sie war nur eine V errückte.«
    »Du meinst, jemand aus der Klinik?«, fragte Lou.
    V ic runzelte die Stirn. Sie schien die Blütenblätter im Haar zu spüren und wischte sie mit der Hand fort. So viel zum Thema Romantik. In Wahrheit war V ic so romantisch veranlagt wie eine Schachtel Zündkerzen.
    »Wir beide haben nie viel über Charlie Manx geredet«, sagte sie. »Darüber, wie ich ihm in die Hände gefallen bin.«
    Das Gespräch führte in eine Richtung, die ihm ganz und gar nicht gefiel. Sie hatten nie über Charlie Manx geredet, weil

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