Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
Vom Netzwerk:
krank und erschöpft, und ihm war furchtbar heiß. Er sehnte sich nach einer kühlen Dusche, einem Bad im See oder einem Mundvoll Schnee.
    Manx sah noch einmal zu Wayne hinüber und zwinkerte ihm zu. Wayne zuckte zusammen, und der Magen drehte sich ihm um.
    Dieser Mann ist Gift, dachte er, und sagte denselben Satz im Geist noch einmal rückwärts. Gift ist Mann dieser. Danach fühlte er sich irgendwie besser, auch wenn er nicht hätte sagen können, warum.
    »Wenn du dich unbedingt in der Küche betätigen willst, dann wirf für den jungen Mann hier ein paar Scheiben Speck in die Pfanne«, sagte Manx zu Bing. »Die isst er bestimmt gern.«
    Bing senkte schluchzend den Kopf.
    »Los«, sagte Manx. »Geh in die Küche, und heul da weiter, wo ich es nicht hören muss. Ich kümmere mich schon noch um dich.«
    Bing stieg aus dem Wagen, schloss die Tür und verließ die Garage. Als er am Rückfenster vorbeikam, warf er Wayne einen hasserfüllten Blick zu. Noch nie hatte jemand Wayne so angesehen. Beinahe hätte Wayne erneut angefangen zu lachen.
    Er atmete langsam und zittrig aus. Die eigenen Gedanken gefielen ihm nicht. Es war, als hätte jemand in seinem Kopf ein Glas mit schwarzen Motten geöffnet, die nun wild darin umherflatterten. Lauter lustige Ideen – das Bild einer gebrochenen Nase oder die V orstellung, wie jemand sich in den Kopf schoss.
    »Ich fahre am liebsten bei Nacht«, sagte Charlie Manx. »Im Herzen bin ich ein Nachtmensch. Alles, was bei Tage gut ist, ist bei Nacht noch besser. Ein Karussell, ein Riesenrad, der Kuss eines Mädchens. Alles. Als ich fünfundachtzig wurde, begann mir außerdem langsam die Sonne in den Augen wehzutun. Musst du mal für kleine Jungs?«
    »Sie meinen … pinkeln?«
    »Oder Schokoladenkuchen machen?«, fragte Manx.
    Wayne lachte erneut laut auf – ein scharfes, lautes Bellen – und legte sich rasch die Hand auf den Mund, als könnte er es dadurch ungeschehen machen.
    Manx musterte ihn mit fasziniertem, starren Blick. Wayne hatte ihn noch nicht ein einziges Mal blinzeln sehen.
    »Was haben Sie mit mir vor?«, fragte Wayne.
    »Ich bringe dich fort von all den Dingen, die dich unglücklich machen«, sagte Manx. »Und wenn wir an unserem Ziel angekommen sind, wirst du alle Traurigkeit vergessen haben. Komm. Hier in der Garage gibt es ein Bad.«
    Er stieg aus, und gleichzeitig öffnete sich die V erriegelung an der Tür rechts von Wayne mit einem so lauten Knall, dass der Junge zusammenzuckte.
    Eigentlich hatte er weglaufen wollen, sobald er festen Boden unter den Füßen hatte. Aber die Luft war feucht, heiß und drückend. Sie klebte an ihm, oder vielleicht klebte er auch an ihr, wie eine Fliege auf einem Fliegenpapier. Er machte nur einen Schritt, dann hatte Manx ihn am Nacken gepackt. Sein Griff war nicht schmerzhaft, aber fest. Er drehte Wayne mühelos herum, weg von der offenen Garagentür.
    Waynes Blick fiel auf die Reihen ramponierter Gasflaschen, und er runzelte die Stirn. Sevofluran.
    Manx folgte seinem Blick und verzog den Mund zu einem wissenden Lächeln. »Mr. Partridge arbeitet als Aufseher in einer Chemiefabrik. Sevofluran ist ein Betäubungs- und Narkosemittel, das vor allem bei Zahnärzten sehr beliebt ist. Zu meiner Zeit wurden Patienten – auch Kinder – beim Zahnarzt noch mit Brandy betäubt, aber Sevofluran gilt als humaner und effektiver. Manchmal werden einige Flaschen als beschädigt gemeldet, und Bing zieht sie aus dem V erkehr. Und manche davon sind gar nicht so stark beschädigt, wie es den Anschein hat.«
    Manx brachte Wayne zu der Treppe, die zum Speicher führte. Unter der Treppe befand sich eine halb offene Tür.
    »Leihst du mir einen Moment dein Ohr, Wayne?«, fragte Manx.
    Wayne stellte sich vor, wie Manx ihm tatsächlich eines seiner Ohren abnahm. Selbst das fand er lustig. Zugleich verspürte er an der Stelle, wo Manx’ Hand seinen Nacken berührte, ein seltsames Prickeln.
    Bevor Wayne antworten konnte, sprach Manx schon weiter. »Ein paar Dinge bereiten mir nämlich Kopfzerbrechen. Ich hoffe, dass du sie mir erklären kannst.«
    Er griff mit der freien Hand in seinen Mantel und holte ein zusammengefaltetes Stück Papier hervor, das verschmutzt und fleckig war. Er faltete es auseinander und hielt es Wayne vors Gesicht.
    BOEING-INGENIEUR VERSCHWUNDEN
    »Neulich war da eine Frau mit einer seltsamen Haarfarbe bei deiner Mutter. Du erinnerst dich sicher an sie. Sie hatte eine Aktenmappe voller Geschichten über mich dabei. Deine Mutter und diese

Weitere Kostenlose Bücher