Christmasland (German Edition)
abgewandt und ging durch die Garage auf die Treppe zu, die zum Speicher hinaufführte. »Nein! Das ist nicht fair!«
Wayne ließ sich auf den Boden fallen. Er zog am Griff der Schublade, in der sich sein Handy befand, doch sie rührte sich nicht. Sie hätte genauso gut zugenagelt sein können. Er stemmte sich mit einem Fuß gegen die Trennwand und zerrte mit aller Kraft an der Schublade. Seine verschwitzten Hände glitten vom Griff ab, und er fiel gegen die Rückbank.
»Bitte!«, schrie Wayne. »Bitte!«
Manx stand am Fuß der Treppe und blickte zum Wagen zurück. Auf seinem Gesicht lag ein mitleidiger Ausdruck. Er schüttelte nur den Kopf.
Dann drückte er einen Knopf an der Wand, und die Tür der Garage schloss sich rumpelnd. Schließlich schaltete er noch das Licht aus, bevor er Wayne in dem Wraith allein ließ.
Der See
N ach dem Gespräch mit Hutter am Nachmittag fühlte V ic sich völlig erschöpft, als hätte sie gerade eine Magen-Darm-Grippe überstanden. Ihre Glieder schmerzten, und ihr Rücken pochte. Sie war furchtbar hungrig, aber als ihr jemand ein Truthahn-Sandwich reichen wollte, hätte sie sich beinahe übergeben. Sie bekam nicht einmal ein Stück Toast hinunter.
Sie hatte Hutter die ganzen erfundenen Geschichten über Manx erzählt: wie er ihr ein Mittel gespritzt und sie in sein Auto gesperrt hatte, wie sie in Colorado aus dem Sleigh House entkommen war. Sie hatten in der Küche gesessen. Hutter hatte Fragen gestellt, und V ic hatte sie so gut wie möglich beantwortet, während unablässig Polizisten ein und aus gegangen waren.
Danach hatte Hutter sie zu den Folgejahren befragt. Sie hatte mehr über die Wahnvorstellungen wissen wollen, derentwegen V ic in der Nervenklinik gelandet war. Über die Zeit, als V ic ihr eigenes Haus niedergebrannt hatte.
»Ich hatte nicht vor, das Haus niederzubrennen«, sagte V ic. »Ich wollte nur die Telefone loswerden. Deshalb habe ich sie in den Ofen gesteckt. Damit die Anrufe endlich aufhören.«
»Die Anrufe von Toten?«
» V on den toten Kindern. Ja.«
»Sind die toten Kinder das vorherrschende Thema Ihrer Wahnvorstellungen?«
»Sie waren es«, sagte V ic. »Ich habe jetzt keine Wahnvorstellungen mehr.«
Hutter musterte sie mit dem Blick einer Schlangenbeschwörerin, die sich einer giftigen Kobra nähert. Jetzt fragen Sie schon, dachte V ic. Fragen Sie, ob ich meinen Sohn umgebracht habe. Bringen wir’s hinter uns. Sie erwiderte Hutters Blick, ohne zu blinzeln. V ic war mit einem Hammer geschlagen und beinahe erschossen worden. Jemand hatte versucht, sie mit dem Auto zu überfahren, sie war alkoholabhängig gewesen und hatte einige Zeit in einer Nervenklinik verbracht. Sie wäre fast bei einem Brand ums Leben gekommen und war mehr als einmal um ihr Leben gelaufen. Was war dagegen schon ein unfreundlicher Blick?
»Sie sollten sich ein bisschen ausruhen und frisch machen«, sagte Hutter. »Ich habe die Pressekonferenz auf fünf Uhr zwanzig angesetzt. Damit Ihre Stellungnahme in den Abendnachrichten gesendet wird.«
»Ich wünschte, ich könnte Ihnen irgendetwas sagen, das Ihnen bei der Suche helfen könnte«, erwiderte Vic.
»Das haben Sie«, sagte Hutter. »Danke. Sie haben mir viele nützliche Informationen gegeben.«
Hutter wandte den Blick ab, und V ic glaubte, das Gespräch sei damit beendet. Doch als die FBI -Agentin aufstand, ergriff sie ein paar Bögen Zeichenkarton, die an der Wand lehnten.
»Eine Sache noch, V ic«, sagte Hutter.
V ic stand ruhig da, eine Hand auf die Rückenlehne ihres Stuhls gestützt.
Hutter legte die Bögen auf den Tisch und trat einen Schritt beiseite, damit V ic einen Blick darauf werfen konnte. Es waren V ics Illustrationen, die ersten Seiten ihres neuen Buches, Search Engines fünfter Gang , die Weihnachtsgeschichte, an der sie gearbeitet hatte, wenn sie nicht gerade mit der Triumph beschäftigt gewesen war. Hutter blätterte durch die Bögen und ließ V ic Zeit, die einzelnen Bilder zu betrachten, die sie mit NPB -Stift vorgezeichnet und dann mit Aquarellfarben getuscht hatte. Das Rascheln der Bögen erinnerte V ic an eine Wahrsagerin, die ihre Tarot-Karten mischte, um mit einer spektakulär schlechten Zukunftsprognose aufzuwarten.
»Ich habe Ihnen ja erzählt, dass die Ausbilder in Quantico die Search-Engine -Rätsel dazu benutzen, den Studenten den Wert genauer Beobachtungen nahezubringen«, sagte Hutter. » Als ich in der Remise Ihre neuen Arbeiten entdeckt habe, konnte ich einfach nicht widerstehen. Die
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