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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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während sie an den vernagelten Fenstern vorbeilief. Irgendjemand, der Junge vielleicht, hatte auf die Wand zu ihrer Rechten mit roter Farbe eine Botschaft gesprüht: GOTT IST VERBRANNT, NUR NOCH TEUFEL ÜBRIG . Die Farbe war noch feucht und lief an der Tapete hinab, als würde die Wand bluten.
    Maggie rannte in den Zeitschriftenraum, der mit seiner hohen Decke wie eine mittelgroße Kapelle wirkte. Während der Überschwemmung hatte er sich in eine flache Sargassosee verwandelt, deren Oberfläche von einer Schicht Zeitschriften bedeckt war, einer aufgedunsenen Masse aus National Geographics und New Yorkern . Inzwischen war der Boden trocken, und die zusammengepappten Zeitungen klebten auf dem Boden, an den Wänden und stapelten sich in den Ecken neben ein paar Schlafsäcken, wo Penner ihr Lager aufgeschlagen hatten. Aus einem Drahtgitterkorb stieg schwarzer Qualm auf. Der betrunkene kleine Mistkerl hatte seine Wunderkerze auf einen Haufen Taschenbücher und Magazine fallen lassen. Grüne und orangefarbene Funken sprangen fauchend aus dem brennenden Nest empor. Maggie sah ein Exemplar von Fahrenheit 451 schwarz werden und in sich zusammenschrumpfen.
    Der Junge stand an der rückwärtigen Wand in einem dunklen Bogengang und starrte sie an.
    »He!«, schrie sie noch einmal. »He, du kleines Arschloch!«
    ».spät zu ist es aber, kann ich gut so, mich wehre Ich«, sagte er und wiegte sich hin und her. ».nicht mir Sie folgen, bitte, bitte, Bitte «
    »He«, sagte sie, ohne ihm zuzuhören – sie konnte ihm gar nicht zuhören, denn seine Worte ergaben keinen Sinn.
    Sie schaute sich nach etwas um, mit dem sie die Flammen ersticken konnte, und schnappte sich dann einen der Schlafsäcke, der blau war und glitschig und leicht nach Kotze roch. Den Scrabble-Beutel schob sie sich unter den Arm, während sie den Schlafsack in den Korb stopfte. Das Feuer erlosch. Sie wich vor der Hitze und dem Gestank zurück, der ihr entgegenschlug – schwelender Phosphor, verschmortes Metall und Nylon.
    Als sie wieder aufblickte, war der Junge fort.
    » V erdammte Scheiße, verschwinde aus meiner Bibliothek, du widerliche Wanze! Hau ab, bevor ich dich erwische!«
    Irgendwo lachte er. Es war schwer auszumachen, wo. Sein Lachen klang atemlos, es schien von überall und nirgendwo zu kommen, wie der Flügelschlag eines V ogels hoch oben im Gebälk einer verlassenen Kirche. Gott ist verbrannt, nur noch Teufel übrig, dachte sie ohne bestimmten Grund.
    Mit zittrigen Beinen ging sie weiter ins Foyer. Wenn sie den verrückten, betrunkenen kleinen Mistkerl erwischte, würde er feststellen, dass Gott keineswegs verbrannt war. Er würde feststellen, dass Gott eine lesbische Bibliothekarin war, und er würde sie fürchten lernen.
    Maggie hatte den Zeitschriftenraum halb durchquert, als sie das schrille Pfeifen einer Rakete hörte. Das Geräusch fuhr ihr durch Mark und Bein, und am liebsten wäre sie laut schreiend in Deckung gegangen. Stattdessen rannte sie los, geduckt wie ein Soldat unter Beschuss.
    Sie stolperte in den riesigen, zwanzig Meter hohen Hauptsaal, als die Rakete die Decke traf und von einer der Wände abprallte: ein Geschoss, das smaragdfarbene Flammen und knisternde Funken hinter sich herzog. Stinkender Qualm erfüllte den Raum, und es regnete fahle grüne Glut. Das verdammte kleine Arschloch wollte das Gebäude abfackeln! Die Rakete traf die Wand zu ihrer Rechten und explodierte in einem grellen Lichtblitz. Es krachte so laut wie ein Pistolenschuss. Maggie duckte sich und riss die Hände über den Kopf. Ein Funke traf ihren nackten Unterarm, und sie zuckte vor Schmerz zusammen.
    Im Nachbarraum, dem Lesesaal, stieß der Junge sein atemloses Lachen aus und rannte weiter.
    Die Rakete war erloschen, aber der Rauch im Foyer flimmerte immer noch und verbreitete einen gespenstischen jadegrünen Schein.
    Maggie stürzte dem Eindringling ohne einen weiteren Gedanken nach, zutiefst verunsichert und fuchsteufelswild. Durch den Haupteingang konnte der Junge nicht entkommen – der war von außen mit einer Kette gesichert –, aber im Lesesaal gab es eine Feuertür, die die Penner immer offen ließen. Dahinter lag der östliche Parkplatz. Dort würde sie ihn einholen. Sie wusste nicht, was sie mit ihm machen würde, wenn sie ihn in die Finger bekam, und sie fürchtete sich ein wenig davor, es herauszufinden. Als sie in den Lesesaal stürmte, sah sie, wie die Tür nach draußen zufiel.
    »Du Arschloch«, flüsterte sie. »Du verdammtes Arschloch.«
    Sie

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