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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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stürzte durch die Tür auf den Parkplatz hinaus. Eine einzige noch funktionierende Straßenlaterne warf in der Mitte einen Lichtkreis auf den Asphalt, aber die Ränder lagen im Dunkeln. Der Junge befand sich direkt unter der Laterne. Der kleine Mistkerl hatte eine weitere Wunderkerze angezündet, und er stand nicht weit weg von einem Müllcontainer voller Bücher.
    » V erdammte Scheiße, hast du den V erstand verloren?«, sagte Maggie.
    Der Junge schrie: »Ich sehe dich durch mein magisches Fenster!« Er malte vor seinem Gesicht einen brennenden Reif in die Luft. »Jetzt brennt dein Kopf!«
    »Du löst noch einen B-B-Brand aus, und dabei könnte jemand umkommen«, sagte Maggie. »Du zum Beispiel.«
    Sie war außer Atem und zitterte am ganzen Leib. Mit einer schweißfeuchten Hand hielt sie ihren Scrabble-Beutel umklammert. Langsam stapfte sie über den Parkplatz. Hinter ihr fiel die Feuertür ins Schloss. V erdammte Scheiße. Der Junge hatte den Stein weggekickt, der sie offen gehalten hatte. Jetzt musste sie um das ganze Gebäude herumgehen, um wieder hineinzugelangen.
    »Schau doch!«, rief das Kind. »Schau doch! Ich kann mit Feuer schreiben!«
    Er fuhr mit der Wunderkerze durch die Luft, und die grellweißen Linien hinterließen ein leuchtendes Nachbild auf Maggies Sehnerven, pulsierende Buchstaben, die in der Luft schwebten.
    L
    A
    U
    F
    »Wer bist du?«, fragte Maggie. Sie war auf halbem Weg über den Parkplatz stehen geblieben und schwankte selbst ein wenig. Hatte er wirklich Lauf in die Luft geschrieben? Sie war sich nicht mehr sicher.
    »Schau doch! Ich kann Schneeflocken machen. Weihnachten im Juli!« Er malte eine Schneeflocke in die Luft.
    Maggie bekam eine Gänsehaut. »Wayne?«
    »Ja?«
    »O Gott, Wayne«, sagte sie.
    Rechts von ihr, im Halbdunkel hinter dem Müllcontainer, leuchtete ein Scheinwerferpaar auf. Ein Wagen parkte mit laufendem Motor am Bordstein, ein alter Wagen, dessen Scheinwerfer dicht beieinanderlagen und der so schwarz war, dass sie ihn in der Finsternis nicht bemerkt hatte.
    »Hallo!«, rief eine Stimme von irgendwo hinter den Scheinwerfern. Ein Mann saß auf dem Beifahrersitz – nein, auf dem Fahrersitz; es war ein britischer Wagen, deshalb war alles seitenverkehrt. »Eine schöne Nacht für eine Spritztour! Kommen Sie, Ms. Leigh! Sie sind doch Margaret Leigh, oder? Sie sehen aus wie auf dem Foto in der Zeitung.«
    Maggie kniff die Augen zusammen. Sie wollte wegrennen, doch ihre Beine gehorchten ihr nicht. Die Feuertür war unfassbar weit entfernt, zwölf Schritte – es hätten ebenso gut zwölfhundert sein können –, und außerdem war sie hinter ihr zugefallen.
    Ihr kam der Gedanke, dass sie höchstens noch eine Minute zu leben hatte, und sie fragte sich, ob sie bereit war, zu sterben. Gedanken huschten ihr durch den Kopf wie Spatzen, die durch die Dunkelheit flitzten, dabei hätte sie jetzt ganz dringend einen klaren V erstand benötigt.
    Er weiß nicht, dass Vic hier ist, dachte sie.
    Und: Schnapp dir den Jungen und bring ihn fort von hier.
    Und: Warum läuft Wayne nicht einfach weg?
    Weil er dazu nicht mehr in der Lage war. Oder weil er gar keinen Grund dazu sah.
    Aber er hatte versucht, ihr zu sagen, dass sie wegrennen sollte, hatte es mit Feuer in die Finsternis geschrieben. Hatte vielleicht sogar auf eine verwirrende Art und Weise in der Bibliothek schon versucht, sie zu warnen.
    »Mr. Manx?«, rief Maggie, die ihre Füße immer noch nicht bewegen konnte.
    »Ihr ganzes Leben lang haben Sie nach mir gesucht , Ms. Leigh!«, brüllte der Mann. »Und hier bin ich! Bestimmt haben Sie eine Menge Fragen. Ich hätte jedenfalls einige an Sie. Kommen Sie, setzen Sie sich zu uns. Nehmen Sie sich einen Maiskolben!«
    »Lassen Sie den Ju-Ju-Ju-Ju…«, begann Maggie, brachte jedoch keinen weiteren Ton heraus, ihre Zunge versagte ihr genauso den Dienst wie ihre Beine. Lassen Sie den Jungen gehen, wollte sie sagen, aber ihr Stottern ließ es nicht zu.
    »H-h-hat es Ihnen die Spra-Spra-Sprache verschlagen?«, rief Manx.
    »Fick dich«, sagte sie. Na also. Das war doch klar und deutlich gewesen. Dabei hatte ihr das F immer am meisten Probleme bereitet.
    »Komm her, du dürre Schlampe«, sagte Charlie Manx. »Steig ein. Entweder fährst du mit uns, oder wir über fahren dich. Letzte Gelegenheit.«
    Sie holte tief Luft und sog noch einmal den Geruch von faulendem, in der glühend heißen Julisonne getrocknetem Karton und Papier ein. Wenn ein einziger Atemzug ein ganzes Leben zusammenfassen

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