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Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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Schlitten über jeder Bodenwelle einen Luftsprung machte und jedes Mal wieder hart im Schnee landete. Sie musste sich mit beiden Händen am Schlitten festhalten, um nicht herunterzufallen, und dennoch war ihr nach freudigen Jauchzern zumute. Selten hatte sie sich so losgelöst und ungebunden gefühlt wie während dieser kurzen Fahrt.
    Sie brausten dicht am Waldrand entlang, blieben im Schatten der dunklen Schwarzfichten, wo der Schnee nur knöcheltief lag und ideale Bedingungen für die Hunde bot. Die Sonne stand inzwischen hoch über den Hügeln, und es machte ihnen kaum noch etwas aus, wenn der Wind in die schneebedeckten Baumkronen fuhr und frischen Schnee auf sie rieseln ließ. Die Kufen scharrten über den harten Boden und schlingerten leicht, wenn die Hunde einem Hindernis auswichen oder in eine der lang gezogenen Kurven gingen. Es war eine Freude, den Huskys zuzusehen, wie sie kraftvoll und doch elegant in den Geschirren liefen und sich bei jeder Bewegung ihre Muskeln abzeichneten.
    » Easy, Billy! Nicht so schnell!«, rief Alex den Hunden zu. »Oder wollt ihr, dass unsere Passagierin im Schnee landet? Das Gejammer möchte ich nicht hören!« Er lachte fröhlich. »Halten Sie sich gut fest, Clarissa! Die Hunde sind heute etwas übermütig. Wahrscheinlich wollen sie angeben vor einer Lady.«
    »Ich bin keine Lady … und verdammt froh darüber!«
    Die Hunde waren nicht gerade erfreut darüber, einen Gang zurückschalten zu müssen, und hielten sich nur widerwillig an das langsamere Tempo, das Billy ihnen vorgab. Besonders Smoky hielt es kaum in seinem Geschirr, und hätte man ihm freie Bahn gelassen, wäre er wahrscheinlich bis zur Pazifikküste gelaufen. Von hinten drängten Buffalo und Chilco, die beiden stärksten, die auf dieser flachen Strecke kaum gefordert waren. Wahrscheinlich waren sie es nicht gewohnt, dass Alex so stark das Tempo drosselte, aber während einer stürmischen Fahrt hätte er ihr wohl kaum erklären können, worauf es beim Steuern eines Hundeschlittens ankam. »Immer mit der Ruhe, Smoky! Buffalo, Chilco … Ihr dürft noch früh genug wieder ran. Aber heute haben wir eine Schülerin an Bord. Drehen Sie sich um, Clarissa, und passen Sie auf!«
    Er klang tatsächlich wie ein Lehrer, als er ihr verriet, was einen guten Musher oder eine Musherin ausmachte: »Ein Hundeschlitten ist kein Pferdefuhrwerk. Es gibt weder Zügel, noch braucht man eine Peitsche, um das Gespann anzutreiben. Sie feuern die Hunde mit Zurufen an und lenken, indem Sie Ihr Körpergewicht verlagern. Sehen Sie?« Er lenkte den Schlitten in eine Kurve und beugte sich zur Seite, um dem Schlitten einen stärkeren Drall zu geben, fuhr in die Spur zurück und schwenkte seinen Körper in die andere Richtung. »Bleiben Sie locker in den Knien, besonders wenn es über eine Bodenwelle geht. Passen Sie auf, da kommt eine!« Der Schlitten holperte über verkrustetes Eis, und sie beobachtete, wie er tief in die Knie ging und auf diese Weise den Stoß abfederte. »Mehr müssen Sie nicht wissen. Mit einem guten Leithund wie Billy kann Ihnen sowieso nichts passieren. Hab ich nicht recht?«
    Billy hatte ihn wohl verstanden, war aber viel zu sehr in seine Arbeit vertieft, um darauf zu reagieren. Auf dem Trail durfte sich ein Leithund nicht ablenken lassen, die kleinste Unachtsamkeit konnte Gefahr heraufbeschwören.
    Nach ungefähr einer Meile lenkte Alex die Hunde nach rechts, folgte einem alten Indianertrail durch den Wald und erreichte eine Schneise, doppelt so breit wie ein gewöhnlicher Trail und durch die höher stehenden Bäume so windgeschützt, dass der Schnee auch dort nur knöcheltief lag. »Meine Rennstrecke«, erklärte er, »muss in grauer Vorzeit mal ein Flussbett gewesen sein.« Er hielt den Schlitten an und drückte den Anker in den Schnee. »Jetzt sind Sie dran, Clarissa! Sie haben lange genug gefaulenzt.«
    »Ich soll ganz allein …?«
    »Deshalb sind wir doch hier, oder haben Sie plötzlich Fracksausen?«
    »Fracksausen?«
    »Angst! Schiss! Bammel!«
    »Ich?« Sie schlug die Wolldecken zurück und stieg von der Ladefläche. »Ich hab doch keine Angst! Wer einen Fischkutter durch stürmische See gesteuert hat, fürchtet sich doch nicht vor einem Hundeschlitten! Und die Gelegenheit, in jedem Saloon über eine furchtsame Lady aus Vancouver lästern zu können, liefere ich Ihnen nicht! Ich hab schon ganz andere Sachen geschafft.«
    Doch als sie auf das Trittbrett stieg und ihre Hände um den Haltegriff schloss, war ihr doch

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