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Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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nur mit Knurren und Winseln und Jaulen, sondern haben eine ausgeprägte Körpersprache : Sie neigen den Kopf, zucken mit den Ohren oder dem Schwanz, sträuben das Fell oder legen es an. Nicht einmal Torak kannte die Bedeutung aller Gesten. Er verstand nur so viel, dass Wolf einen schlechten Geruch gewittert hatte, der auf seinen Rudelgefährten zustrebte, und daraufhin kehrtgemacht hatte, um ihm beizustehen, aber was er auch gewittert haben mochte, es war verschwunden, als er in ihrem Unterschlupf ankam.
    Torak starrte auf die Verwüstung ringsum. Er sollte sich schleunigst in Deckung begeben, jeden Augenblick konnte ein Kanu auf dem Fluss vorübergleiten. Aber das kümmerte ihn nicht. Er musste unbedingt zum Sippentreffen und herausfinden, was mit Renn geschehen war.

    Die Abenddämmerung brach bereits herein, als er die Mündung des Flusses, an der die Clans ihr Treffen abhielten, endlich erreichte. In diesem Abschnitt des Sommers ging die Sonne niemals unter, und es wurde nicht dunkel, was sein Vorhaben noch gefährlicher machte.
    Abgesehen von dem Stirnband hatte er keine weiteren Verkleidungen angelegt und sich damit begnügt, Asche auf seine Haut zu reiben, damit die Hunde ihn nicht witterten. Ansonsten verließ er sich vollkommen darauf, dass er als erfahrener Jäger stets in der Lage war, in Deckung und unsichtbar zu bleiben, und auf die Tatsache, dass er Wolf hatte überzeugen können – wenn auch nicht ganz mühelos –, ihn nicht zu begleiten.
    Er verbarg sich im Wacholdergebüsch und Kiefergesträuch unweit des Lagers, versteckte den Schlafsack, den er erst später benötigen würde, in einer Brombeerhecke und kauerte nieder, um zu überlegen, wie er weiter vorgehen sollte.
    An der Mündung des Weißwassers glühten orangefarbene Feuer in der tiefblauen Dämmerung. Im Schein der Flammen hoben sich die schwarzen Umrisse einiger Gestalten ab, die ihre stockartig wirkenden Glieder zum Himmel reckten wie Zeichnungen auf einem Stein. So viele Menschen! Für einen Augenblick war Torak wieder ein kleiner Junge, kurz vor seinem achten Sommer, und stolz darauf, dass er Fa zum Sippentreffen an die Küste begleiten durfte.
    Die Berghasen hatten die Zelte aus Rentierleder auf den Felsen über dem Strand aufgeschlagen, vielleicht weil dieser Standort sie an ihr heimatliches Lager erinnerte. Die Torfkuppeln der Hütten des Ebereschenclans sprenkelten die Wiesen wie dunkle Punkte, während der Lachsclan die Fischhautzelte in Ufernähe aufgebaut hatte und die Seeadler, die anscheinend wenig Federlesens um ihren Lagerplatz machten, ihre schludrig aus Ästen errichteten Hütten überall dazwischengezwängt hatten, wo gerade eine freie Stelle war. Die Clans aus dem Weiten Wald lagerten am Waldsaum, doch Torak konnte nirgends die Hütten der Rabenclans mit dem offenen Eingang entdecken.
    »Es heißt, der Wolfsclan zieht nach Süden«, ertönte mit einem Mal die Stimme eines Mannes überraschend nahe.
    Torak erstarrte.
    »Von mir aus«, schnaubte ein anderer Mann. »Hab mich in ihrer Nähe sowieso nie so recht wohlgefühlt.«
    Ein unterdrückter Fluch verriet ihm, dass einer der beiden über eine Wurzel gestolpert war. »Trotzdem hätten sie bleiben müssen«, sagte der erste Mann. »Schließlich ist es ein Sippentreffen. Alle sollen daran teilnehmen.«
    »Und wie steht’s mit den Sippen aus dem Großen Wald?«, fragte sein Gefährte. »Von denen lässt sich ja auch keiner blicken.«
    »Anscheinend gibt es Ärger zwischen den Auerochsen und den Waldpferden …« Die Stimmen verklangen, während die beiden Männer zum Fluss gingen – und Torak holte vorsichtig Luft.
    Torak wagte erst nach einiger Zeit, sich zu rühren. Vorsichtig schlich er am Waldsaum entlang, bis er eine von Kiefern umstandene Senke erreichte. Dort hatte sich eine große Gruppe um ein Langfeuer versammelt. Der Geruch von gebratenem Lachs und brutzelndem Fleisch mischte sich mit Gesang und den Klängen von Flöten und Trommeln.
    Das Feuer bestand aus drei Kieferscheiten, die der Länge nach abbrannten. Das Langfeuer der Raben. Er hatte sie gefunden.
    Sein Mund war vor Aufregung wie ausgedörrt, als er sich in einem dichten Eibengebüsch verbarg.
    Fin-Kedinn war ins Gespräch mit dem Hüter des Lachsclans vertieft, während die beiden Stücke von der fettglänzenden Flanke eines Rehs abschnitten und die Becher der anderen füllten.
    In der Nähe des Langfeuers entdeckte er auch Saeunn in Gesellschaft zweier anderer Schamanen an einem kleineren Feuer,

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