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Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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bedeutete ihr mit einer Handbewegung zurückzubleiben. »Nein, Renn«, sagte er sanft. »Nur Torak. Das ist nichts für dich.«
    Torak warf ihr einen Blick zu, der alles hätte bedeuten können. Dann folgte er dem Anführer der Raben in den Wald.

Kapitel 38

    Torak bezwang mühsam seine Ungeduld, als er Fin-Kedinn folgte.
    Da er kein Ausgestoßener mehr war, hatte er gehofft, wieder mit Renn und Wolf zusammen sein zu können, aber vielleicht hatte er sich getäuscht. Seit der Flut hielt sich Wolf vom Lager fern und zwischen Renn und ihm standen tausend ungesagte Worte.
    Nun führte ihn Fin-Kedinn wortlos einen Elchpfad entlang. Auf seinen Stab gestützt, ging er rasch voran. Über die Schulter hatte er einen Lederbeutel geschlungen.
    Sie waren noch nicht sehr weit gegangen, als Fin-Kedinn stehen blieb. Er stellte den Beutel unter einem Haselstrauch ab und bat Torak, sich hinzulegen.
    Torak fragte ihn, warum.
    »Ich muss deine Tätowierung in Ordnung bringen. Du kannst nicht bis ans Ende deines Lebens mit dem Zeichen des Ausgestoßenen herumlaufen.«
    Torak hatte sich bereits Gedanken darüber gemacht und fragte besorgt: »Willst du es herausschneiden?«
    »Nein«, sagte Fin-Kedinn. »Leg dich hin.«
    Torak legte sich auf den Rücken und beobachtete den Rabenanführer dabei, wie er eine Knochennadel, einen kleinen Tätowierungshammer aus Horn, einen Schleifstein und ein Bündel Hirschleder aus dem Beutel zog. Aus dem Leder wickelte er einen Klumpen Erdblut, weißen Gips und grünen Tuffstein aus.
    »Ich habe Bale nach dem Färberwaid geschickt«, sagte er, als erklärte das etwas. »Jetzt musst du stillhalten.«
    Er schob eine Nadel in den Hammer, dann spannte er die Haut auf Toraks Stirn zwischen Daumen und Zeigefinger und fing mit raschen, geübten Stichen an, eine Tätowierung anzufertigen. Er unterbrach sich jeweils nur kurz, um das Blut wegzuwischen.
    Zuerst tat es schrecklich weh. Dann tat es nur noch weh. Um sich vom Schmerz abzulenken, richtete Torak den Blick starr auf den Haselstrauch. Die Nüsse waren noch grün, aber ein Eichhörnchen war bereits emsig damit beschäftigt, Vorräte anzulegen. Es hielt nur ab und zu inne, um die Eindringlinge unter sich anzuzirpen.
    Dann richtete Torak den Blick auf Fin-Kedinn.
    Seinen Ziehvater.
    Er fühlte sich geehrt und zufrieden, aber auch verwirrt. »Etwas verstehe ich noch nicht ganz«, sagte er.
    Fin-Kedinn erwiderte nichts.
    »Als ich dir zum ersten Mal begegnet bin … als du herausgefunden hast, wer mein Vater war …. da warst du wütend. Von da an glaubte ich manchmal, dass du mich magst. Manchmal nicht.«
    Fin-Kedinn brachte Erdblut auf dem Schleifstein auf und zerstieß es mit einem Stück Granit.
    »Ich weiß, dass du wütend auf meinen Vater warst«, fuhr Torak vorsichtig fort. »Aber meine Mutter… Hast du sie auch gehasst?«
    Fin-Kedinn rieb weiter die Steine aneinander. »Nein«, sagte er. »Ich habe sie geliebt.«
    Vogelgezwitscher erfüllte den Wald. Bienen summten durch die Spiersträucher.
    »Aber mich hat sie wie einen Bruder geliebt«, erzählte der Anführer der Raben weiter. »Deinen Vater hingegen liebte sie, wie eine Frau ihren Gefährten liebt.«
    Torak schluckte. »Hast du … ihn deswegen gehasst?«
    Fin-Kedinn seufzte. »Erwachsenwerden kann eine Art Seelenkrankheit sein, Torak. Die Namensseele will am stärksten sein, deshalb kämpft sie gegen die Clanseele und sagt ihr, was sie tun soll. Man muss ein Gleichgewicht finden, wie bei einem guten Messer. Bei mir hat es recht lange gedauert.« Er tauchte die Ecke eines Stück Leders in das Erdblut und rieb es in Toraks Stirn ein. »Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört, eifersüchtig auf deinen Vater zu sein. Aber ich habe ihn für den Tod deiner Mutter verantwortlich gemacht. Und daran hat sich bis heute nichts geändert.«
    »Warum?«
    »Weil er sich den Seelenessern angeschlossen hat. Als sie dich auf die Welt brachte, war sie in einem Versteck, weit weg von ihrem Clan. Wenn er sie nicht in Gefahr gebracht hätte, wäre sie vielleicht jetzt noch am Leben.«
    »Er wollte sie bestimmt nicht in Gefahr bringen.«
    »Verlange nicht von mir, dass ich ihm vergebe«, warnte ihn Fin-Kedinn. »Um ihretwillen habe ich dich bei mir aufgenommen. Um ihretwillen, nicht um deinetwillen, habe ich dich zu meinem Ziehsohn gemacht. Mehr darfst du nicht von mir verlangen.« Er säuberte den Schleifstein mit einem Stück Moos und zerstieß dann den Tuffstein.
    Torak betrachtete die Züge des Mannes, den

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