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Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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nicht. Ich war sehr klein. Und ich hatte noch keinen Namen erhalten.«
    »Warum hat dich Saeunn aufgenommen?«, fragte Torak. »Doch wohl nicht aus Mitleid?«
    Renn lächelte freudlos. »Nein, bestimmt nicht. Sie musste die Natternschamanin davon abhalten, mich für ihre Zwecke zu benutzen…« Sie holte tief Luft. »Wie auch immer. Saeunn erzählte allen, Fa hätte sich mit einer Frau im Großen Wald zusammengetan, die gestorben sei; sie sagte, diese Frau sei meine Mutter gewesen. Sie glaubten ihr.« Renn ballte die Fäuste. »Saeunn hat mich gerettet. Manchmal hasse ich sie. Ich habe ihr alles zu verdanken.«
    Torak wartete lange, bis er etwas sagte. »Wozu brauchte die Natternschamanin ein Neugeborenes?«
    Renn zögerte. »Darf ich dir das später erzählen?«
    Er nickte und goss den Sand wieder in die andere Hand. »Wer wusste sonst noch davon?«
    »Nur Fin-Kedinn und Saeunn. Er hat mir gesagt, es sei mein Geheimnis und dass ich es erst dann lüften solle, wenn ich so weit sein würde.« Sie legte den Bogen auf die Erde und drehte sich zu ihm um. »Ich wollte es dir immer sagen, ich schwöre es! Es tut mir so leid, dass ich es nicht getan habe!«
    »Das weiß ich«, sagte er. »Mir tut es auch leid. Alles, was ich gesagt habe. Ich habe es nicht so gemeint. Aber das weißt du doch, oder?«
    In Renns Gesicht arbeitete es. Dann stützte sie die Ellbogen auf die Knie und barg das Gesicht in den Händen. Sie gab kein Geräusch von sich, aber Torak sah die Anspannung in ihren Schultern.
    Linkisch legte er den Arm um sie. Zuerst widersetzte sie sich, dann entspannte sie sich und lehnte sich an ihn. Sie fühlte sich klein und warm und stark an.
    »Ich weine nicht«, murmelte sie.
    »Weiß ich doch.«
    Nach einer Weile richtete sie sich auf und wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. Dann wand sie sich aus seinem Arm. »Du hast Glück«, schniefte sie. »Du hast deine Mutter nie gekannt.«
    »Schon. Aber ich erinnere mich noch an meine Wolfsmutter.«
    Renn schniefte wieder. »Wie war sie?«
    »Sie hatte weiches Fell und eine Zunge wie heißer Sand. Manchmal roch ihr Atem nach verfaultem Fleisch.«
    Renn lachte.
    Dann saßen sie nebeneinander und blickten über den See. Torak hörte das Plopp einer Wasserratte, das ferne Schwanzklatschen eines Bibers. Ein Otter brach durch die Wasseroberfläche und betrachtete sie interessiert, dann tauchte er weg und ließ nur eine Spur kleiner Bläschen zurück.
    Bei seinem Anblick spürte Torak, wie sich seine Stimmung hob. Wenn nur Wolf jetzt bei ihnen wäre, dann würde er es mit allem und jedem aufnehmen.
    Wie zur Antwort erhob sich ein klagendes Heulen aus dem Wald.
    Torak drehte sich um und bellte zweimal kurz. Hier bin ich!
    »Armer Wolf«, sagte Renn.
    »Ja. Er vermisst sein Rudel.«
    »Ich glaube, er vermisst auch dich.«
    »Dann komm mit.« Torak zog sie auf die Beine. »Muntern wir ihn ein bisschen auf.«
    Sie fanden Wolf nicht, aber er fand sie einige Zeit später, unter dem Dach eines Kiefernwäldchens unweit vom Lager.
    Lustlos wedelte er mit dem Schwanz und trottete zu Torak, um ihn zu begrüßen. Seine Ohren waren angelegt und die Lebhaftigkeit in seinen Augen war verschwunden.
    Torak ging neben ihm in die Hocke und kraulte ihm zärtlich die Flanke.
    Wolf legte sich hin und legte die Schnauze zwischen die Vorderpfoten. Ich vermisse das Rudel, teilte er Torak mit.
    Ich weiß, erwiderte Torak in der Wolfssprache. Er dachte daran, wie fröhlich Wolf mit den Jungen getollt hatte und an seine Zuneigung zu der schwarzen Wölfin. Das alles hatte Wolf seinetwegen aufgegeben.
    Ich bin dein Rudel, sagte Torak.
    Wolf schlug mit dem Schwanz auf den Boden. Dann setzte er sich auf und schleckte Torak über die Nase.
    Torak leckte ihn wieder und blies ihm sanft ins Nackenfell. Ich verlasse dich niemals.
    Wolfs Rute peitschte von einer Seite zur anderen. Seine Augen leuchteten.
    Renn sagte, sie müsse etwas aus dem Lager holen, und lief davon. Kurz darauf kehrte sie zurück und brachte eine große Schüssel mit, in deren Erlenholz Ottern geschnitzt waren. Torak half ihr dabei, sie im Farn abzusetzen. Ein durchdringender Gestank ging davon aus. Die Schüssel war bis zum Rand mit Stichlingsschmalz gefüllt und von geheimnisvollen schwarzen Klumpen durchsetzt.
    »Yolun hat darauf bestanden, dass ich diese Schüssel benutze«, sagte Renn. »Er meinte, Wölfe seien etwas Besonderes, weil sie kraftvolle Musik machen. Hier«, sagte sie zu Wolf, »ich hoffe, du magst das!«
    Nachdem sie

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