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Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Nase, hörte Wolf heißhungrig schlingen und schmatzen. Er war so ins Fressen vertieft gewesen, dass er kaum den Kopf gehoben hatte, als sie weitergezogen war.
    Die Sonne ging unter, das blaue Mittsommerleuchten stellte sich ein und Renn hockte noch immer in ihrem Versteck. Sie war ganz versessen darauf, Torak endlich von dem so grausam abgeschlachteten Jäger zu erzählen – aber überhaupt nicht versessen darauf, von den Robbenjungen entdeckt zu werden.
    Da kam ein Robbenmann mit einem Boot angerudert. Er trug eine Kapuzenjacke aus Robbendarm und sein Gesicht war von Brandwunden entstellt. Er übernahm sogleich die Führung. Der schmächtige kleine Robbenjunge zog etwas aus seinem Wams, und der Mann steckte es vorsichtig in einen kleinen Beutel, der ihm um den Hals hing. Das war bestimmt die Selikwurzel. Dann nahm der Mann ein paar Äste von dem zertrümmerten Boot, schiente damit das Bein des Verletzten und erteilte den anderen Jungen währenddessen Anweisungen.
    Renn beobachtete erstaunt, wie Toraks Augen aufleuchteten, als er den Mann erblickte, und als dieser ihm auftrug, Feuerholz zu sammeln, und Torak sofort gehorchte, verspürte sie leise Eifersucht.
    »Kann ich auch frisches Holz brechen, wenn ich nicht genug Treibholz finde?«, fragte Torak so laut, dass es auch Renn verstand. Der Mann nickte und Torak zog los.
    Renn vergaß ihre Eifersucht. Vielleicht hatte Torak ihren Erkennungsruf ja doch gehört.
    Torak bückte sich nach einem Stück Treibholz, ging zum Wasser hinunter, machte kehrt und kam auf die Felsen zugeschlendert.
    »Wo bist du?«, raunte er.
    »Bei den Bäumen«, wisperte sie. »Hier oben, nein, weiter links.«
    Als er in Reichweite war, packte sie ihn am Wams und zog ihn hinter einen Felsvorsprung, hinter dem man sie nicht sehen konnte. »Na endlich!«, schnaufte sie. »Ich warte und warte…«
    »Wo ist Wolf?«, unterbrach er sie.
    »In der Bucht nebenan beim Fressen. Ich muss dir unbedingt…«
    »Hilf mir lieber Holz sammeln. Ich darf nicht mit leeren Händen wiederkommen.«
    »Was? Ach so. Ja, klar.« Aus der Nähe betrachtet, war er immer noch bleich. Er wich ihrem Blick aus. »Geht es dir gut, Torak?«
    Er schüttelte den Kopf. »Und dir?«
    Sie ging nicht darauf ein. »Hör zu. Ich weiß, weshalb euch der Jäger angegriffen hat.« Sie erzählte ihm von dem Kadaver und den Fußspuren des hellhaarigen Ruderers. »Kein Wunder, dass er bösartig ist. Bestimmt war es sein eigenes Junges. Der Ruderer hat es getötet, ihm die Zähne herausgeschnitten und den Kadaver einfach liegen lassen.«
    »Aber… warum macht jemand so etwas?«
    »Das weiß ich auch nicht, aber es hängt bestimmt mit irgendeinem Zauber zusammen. Trotzdem … wer würde so etwas Schändliches wagen? Die Clangesetze brechen, einen Jäger töten…«
    »Rache«, sagte Torak leise. »Ja, das muss es sein. Er hat traurig und wütend geklungen.«
    »Wer?«, fragte Renn, die gar nichts mehr verstand.
    Toraks Gesicht verzerrte sich, als litte er Schmerzen. »Vorhin im Wasser … da war … ich weiß nicht … ich kann nicht…«
    »Begreifst du denn gar nichts?«, fiel sie ihm ins Wort. »Der Ruderer, der das getan hat, gehört zum Robbenclan! «
    »Was? Was sagst du da?«
    »Hier ist etwas gewaltig faul – und die Robben stecken selbst mit drin! Wer weiß, vielleicht sind sie ja sogar an der Krankheit schuld! Vielleicht brauchte der Mann deswegen die Zähne!«
    Torak wich ein Stück zurück und schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Hat es dich denn noch nicht gewundert«, fuhr Renn fort, »dass bei ihnen niemand krank geworden ist, obwohl du dich schon seit Tagen auf ihrer Insel aufhältst und das Tokoroth ebenfalls?«
    »Das hat nichts zu bedeuten«, erwiderte Torak tonlos.
    »Und warum hat man ausgerechnet euch Kinder zum Adlerfelsen geschickt? Wenn die Robben tatsächlich Angst vor der Krankheit haben, warum sind dann keine erwachsenen Männer die Wurzel holen gegangen?«
    »Weil Asrif am besten klettern kann und…«
    »Und das glaubst du?«
    Torak zögerte, dann wehrte er ab: »Seit ich ihnen von der Krankheit erzählt habe, haben sie immer nur versucht, mir zu helfen.«
    »Torak…«
    Er wurde ungehalten. »Tenris hat mich vor dem Stein bewahrt! Asrif hat die Adler verjagt! Detlan und Bale wollten mich retten, als mich der Jäger angegriffen hat! Bale hat vor drei Sommern durch die Krankheit seinen eigenen Bruder verloren!«
    »Wieso willst du sie unbedingt in Schutz nehmen?«
    »Wieso willst du ihnen unbedingt die

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