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Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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könnt nicht wissen, ob mir klar war, dass der Rehbock euch gehört. Deshalb wollen wir kämpfen, du und ich.« Er schluckte. »Wenn ich dich besiege, bin ich unschuldig und darf am Leben bleiben, ich meine, wir dürfen beide am Leben bleiben, der Wolf und ich. Wenn ich dagegen verliere, dürft ihr uns töten.«
    Ein paar Männer lachten leise. Eine Frau tippte sich kopfschüttelnd an die Stirn.
    »Ich kämpfe nicht mit Knaben«, brummte Fin-Kedinn.
    »Aber er hat schon Recht, oder?«, warf Renn ein. »So lautet doch das erste und älteste Gesetz. Er darf einen Zweikampf verlangen.«
    Hord trat vor. »Ich kämpfe mit ihm. Ich bin eher in seinem Alter, dann ist es ausgewogener.«
    »Kaum«, bemerkte Renn trocken.
    Sie stand an den Baum gelehnt, an dem der Sack mit dem Welpen hing. Torak sah, dass sie den Riemen etwas aufgezogen hatte und Wolfs Kopf herausschaute. Er wirkte ziemlich mitgenommen, beäugte aber neugierig die beiden Hunde, die geifernd um den Baum strichen.
    »Was meinst du dazu, Fin-Kedinn?«, fragte jetzt die Schamanin. »Der Junge hat tatsächlich Recht. Lass die beiden kämpfen.«
    Fin-Kedinn sah die Alte an, und einen Augenblick schien es, als trügen sie einen stummen Kampf darum aus, wessen Willenskraft die stärkere war, dann nickte der Anführer bedächtig.
    Torak wurde ganz schwach vor Erleichterung.
    Die Aussicht auf einen Zweikampf brachte Bewegung in die Zuschauer. Sie standen in Grüppchen beisammen, redeten aufgeregt durcheinander und stampften mit den Füßen auf. Ihr Atem bildete in der kalten Abendluft kleine Wolken.
    Oslak warf Torak Fas Messer zu. »Das wirst du brauchen. Und einen Speer und einen Armschutz.«
    »Wozu das alles?«
    Der große Mann kratzte sich die Narbe, wo einst sein Ohr gesessen hatte. »Du verstehst nichts vom Kämpfen, was?«
    Torak schüttelte den Kopf.
    Oslak schnitt eine Grimasse. Er verschwand in einer Hütte und kam mit einem Eschenspeer zurück, der eine tückische Basaltspitze hatte. In der anderen Hand hielt er etwas, das wie ein dreifach gefaltetes Stück Rentierfell aussah.
    Zögernd nahm Torak den Speer entgegen und sah zu, wie ihm Oslak den dicken Fellstreifen um den rechten Unterarm band. Sein Arm wurde schwer wie ein großes Fleischstück, und er fragte sich, wozu das Ganze gut sein sollte.
    Oslak deutete auf den Verband an Toraks anderem Arm und sagte grinsend: »Sieht für dich nicht gut aus, Kleiner.«
    Halb so wild, dachte Torak.
    Als er den Zweikampf vorgeschlagen hatte, hatte er an einen Ringkampf gedacht, dazu vielleicht noch eine kleine Messerstecherei. Das hatte er oft mit Fa geübt, aber immer nur zum Spaß. Beim Rabenclan bedeutete Zweikampf offenbar etwas anderes. Torak überlegte, ob es bestimmte Regeln dafür gab und ob er sich lächerlich machte, wenn er nachfragte.
    Fin-Kedinn stocherte im Feuer, dass die Funken nur so flogen. Die Luft flimmerte vor Hitze und Torak konnte den Anführer nur verschwommen erkennen.
    »Es gibt nur eine einzige Regel«, sagte Fin-Kedinn, als könnte er Gedanken lesen. »Es ist verboten, Feuer zu benutzen. Verstanden?« Wieder blickte er Torak eindringlich an.
    Torak nickte geistesabwesend. Das war nun wirklich seine geringste Sorge. Er beobachtete, wie Hord, der hinter Fin-Kedinn stand, seinen Armschutz anlegte. Der junge Mann hatte sein Wams ausgezogen. Er sah schrecklich groß und stark aus. Torak beschloss, sein Wams anzulassen. Dann fiel der Unterschied weniger auf.
    Er löste seine Habe vom Gürtel und legte alles auf den Boden. Dann band er sich eine Knüpfgrasschnur um die Stirn, damit ihm das Haar nicht in die Augen fiel. Seine Hände waren schweißnass. Er bückte sich und rieb sie mit Sand trocken.
    Als ihm jemand auf die Schulter tippte, fuhr er zusammen.
    Es war Renn. Sie hielt ihm einen Rindenbecher hin.
    Er nahm ihn dankbar entgegen und trank. Zu seiner Überraschung enthielt er herben, stärkenden Holundersaft.
    Renn entging seine Verblüffung nicht und sie zuckte die Achseln. »Hord hat auch davon getrunken, da ist es nur gerecht.« Sie zeigte auf einen Trog am Feuer. »Da drin ist auch Wasser, falls du zwischendurch Durst bekommst.«
    Torak gab ihr den Becher zurück. »So lange wird es wohl nicht dauern.«
    Sie zauderte einen Moment. »Wer weiß«, sagte sie dann.
    Es wurde still. Die Zuschauer verteilten sich rund um die Lichtung, Torak und Hord nahmen in der Mitte am Feuer Aufstellung. Irgendeine Zeremonie gab es nicht. Der Zweikampf war eröffnet.
    Lauernd schlichen die beiden jungen

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