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Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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wieder?«, höhnte Hord.
    Torak deutete mit dem Kinn auf den Wassertrog. »Ich muss was trinken, in Ordnung?«
    »Wenn’s sein muss, Kleiner .«
    Torak ließ Hord nicht aus den Augen, hockte sich hin und schöpfte mit der hohlen Hand Wasser. Er machte absichtlich langsam, damit Hord denken sollte, er hätte etwas mit dem Wassertrog vor, und nicht auf das blubbernde Kochleder achtete.
    Es klappte. Hord trat näher und beugte sich übers Feuer, um seinen Gegner einzuschüchtern.
    »Willst du auch was trinken?«, fragte der immer noch hockende Torak.
    Hord schnaubte verächtlich.
    Plötzlich stieß Torak mit dem Messer zu, zielte aber nicht auf Hord, sondern auf das Kochleder. Er bohrte die Klinge in das dicke Fell, hob es an, kippte es aus und kochende Brühe ergoss sich in die Glut. Zischend stieg Dampf auf – Hord mitten ins Gesicht.
    Die Zuschauer hielten den Atem an. Torak nutzte die Gelegenheit und stach nach dem Handgelenk seines Gegners. Der geblendete Hord heulte auf und ließ das Messer fallen. Torak gab der Waffe einen Tritt, dass sie wegschlitterte, dann stürzte er sich auf seinen Gegner und warf ihn zu Boden.
    Hord lag keuchend unter ihm und Torak hockte sich rittlings auf seine Brust und drückte ihm die Arme nieder. Ein roter Schleier schob sich vor seine Augen, und er hatte nur noch den Wunsch, seinen Gegner zu töten. Er packte Hords roten Haarschopf und schlug ihm den Kopf auf den Boden.
    Da fassten ihn schwere Hände bei den Schultern und zogen ihn weg. »Es ist vorbei«, hörte er Fin-Kedinn sagen.
    Torak wehrte sich. Hord sprang auf und tastete nach seinem Messer. Keuchend funkelten sie einander an.
    »Ich habe gesagt, es ist vorbei «, wiederholte Fin-Kedinn barsch.
    Jetzt gerieten die Zuschauer in Aufruhr. Sie waren durchaus nicht der Meinung, dass der Kampf zu Ende war. »Er hat gegen die Regeln verstoßen! Er hat Feuer benutzt!«
    »Nein, er hat nach allen Regeln gewonnen.«
    »Wer sagt das? Sie sollen noch mal kämpfen!«
    Torak und Hord machten beide ein entsetztes Gesicht.
    »Der Junge hat gewonnen«, verkündete Fin-Kedinn und ließ Torak los.
    Torak schüttelte sich, wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht und sah zu, wie Hord das Messer wegsteckte. Sein Gegner war wütend, aber ob auf sich selbst oder auf Torak, war nicht zu erkennen. Dyrati legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm, aber er schüttelte sie verärgert ab, drängte sich durch die Umstehenden und verschwand in einer Hütte.
    Jetzt, da die Mordlust von ihm gewichen war, fühlte sich Torak wackelig, und ihm war ein wenig übel. Er steckte sein Messer in die Lederscheide zurück und sah sich nach seinen Habseligkeiten um. Dann merkte er, dass ihn Fin-Kedinn beobachtete.
    »Du hast gegen die Regeln verstoßen«, sagte der Anführer des Rabenclans ruhig. »Du hast Feuer benutzt.«
    »O nein«, widersprach Torak mit Nachdruck, aber seine Selbstsicherheit war nur gespielt. »Ich habe kein Feuer benutzt, ich habe Dampf benutzt!«
    »Mir wäre es lieber gewesen, du hättest Wasser genommen«, entgegnete Fin-Kedinn. »Du hast die gute Brühe vergeudet.«
    Torak schwieg.
    Fin-Kedinn musterte ihn von oben bis unten und in seinen blauen Augen blitzte Belustigung auf.
    Nun bahnte sich Oslak einen Weg durch die Zuschauer. Er trug den Sack mit Wolf auf den Armen. »Hier ist dein Welpe!«, polterte er und warf Torak den Sack so schwungvoll zu, dass dieser rückwärts torkelte.
    Wolf zappelte, leckte Torak das Kinn und erzählte ihm, was er Schreckliches durchgemacht hatte, und das alles gleichzeitig. Torak wollte ihn schon trösten, besann sich aber noch rechtzeitig. Es wäre dumm gewesen, sich im letzten Moment zu verraten.
    »Gesetz ist Gesetz«, sagte Fin-Kedinn schroff. »Du hast gewonnen. Du bist frei und kannst gehen.«
    »Nein!«, rief eine Mädchenstimme und alle drehten sich um. Es war Renn, die da gerufen hatte. »Du darfst ihn nicht gehen lassen!«, protestierte sie und lief zu ihrem Onkel.
    »Du hast doch gehört, ich bin frei«, sagte Torak.
    »Wir dürfen ihn nicht gehen lassen«, wiederholte das Mädchen mit Nachdruck. »Es ist zu wichtig. Er könnte …« Sie nahm ihren Onkel beiseite und flüsterte auf ihn ein.
    Torak verstand nicht, was sie sagte, aber zu seiner Bestürzung scharten sich immer mehr Zuhörer um die beiden. Die Schamanin machte ein finsteres Gesicht und nickte. Sogar Hord kam aus seiner Hütte, und als er hörte, worüber gesprochen wurde, warf er Torak einen schwer zu deutenden, argwöhnischen

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