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Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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ich das nicht vergessen!«, fuhr sie ihn an. »Aber ich mache mir Sorgen um meine Leute! Wenn der Bär nicht hier oben ist, dann muss er dort unten sein, wo ihr Lager ist. Weshalb sollte Fin-Kedinn sonst ins Horn stoßen?«
    Torak kam sich schäbig vor. Renn machte sich genauso Sorgen wie er. Streiten half ihnen nicht weiter.
    Er löste die kleine Knochenpfeife, die er geschnitzt hatte, als er Wolf gefunden hatte, vom Gürtel und hielt sie ihr hin. »Hier. Jetzt kannst du auch nach Wolf rufen.«
    Sie sah ihn erstaunt an. »Danke.«
    Dann herrschte Stille. Torak erkundigte sich, wozu sie die Kräuter benötigte.
    »Für den Steinzahn. Wir müssen ihn vor dem Bären verstecken. Sonst kommt er uns immer wieder auf die Spur.«
    So wie er Wolf auf der Spur ist, dachte Torak. Der Schmerz in seiner Brust wurde schlimmer. »Wenn die Ebereschenblätter und der Beutel die Flussaugen nicht vor ihm verbergen konnten, wie kommst du dann darauf, dass es mit Rinde und Wermut besser geht?«
    »Weil ich sie für etwas Stärkeres benutze.« Sie biss sich auf die Lippe. »Ich versuche, mich zu erinnern, wie es Saeunn immer gemacht hat. Sie bemüht sich, mich die Schamanenkunst zu lehren, aber ich gehe viel lieber auf die Jagd. Hätte ich ihr doch besser zugehört!«
    »Du hast wenigstens etwas zu tun«, murmelte Torak.
    »Aber was ist, wenn es schief geht?«
    Er gab ihr keine Antwort. Er spürte, wie ihn das rote Auge verspottete. Selbst wenn Wolf den Weg zu ihnen zurückfand, würde er unweigerlich den Bären mitbringen, der wiederum von den Flussaugen angelockt wurde. Und die einzige Möglichkeit für Wolf, den Bären abzuschütteln, bestand darin, die Flussaugen fallen zu lassen – was wiederum bedeutete, dass ihnen nichts mehr blieb, um den Bären zu vernichten.
    Es musste einen Ausweg geben. Aber Torak kam einfach nicht darauf.

    Wolf ermüdete zusehends. Es gab keinen Ausweg.
    Inzwischen war der Dämon zu weit zurückgefallen, als dass er die Rabenhaut noch hätte riechen können, aber er folgte immer noch Wolfs Fährte und würde auch nicht davon ablassen. Wenn Wolf langsamer wurde – was seine schmerzenden Pfoten deutlich forderten –, würde er ihn schließlich doch noch einholen.
    Das Fremdrudel hatte schon längst aufgehört zu heulen und war weit weg in den Bergen auf die Jagd gegangen. Wolf vermisste ihre Stimmen. Erst jetzt kam er sich richtig allein vor.
    Der Wind drehte sich und er witterte etwas Neues. Rentiere. Wolf hatte noch nie Rentiere gejagt, kannte ihren Duft aber sehr gut, denn seine Mutter hatte ihm oft die Äste mitgebracht, die den Rentieren auf den Köpfen wachsen. Die Haut, die noch in leckeren Fetzen daran klebte, hatte er immer so gern abgekaut. Jetzt da er die Herde im nächsten Tal roch, ließ der Blutdurst neue Kraft in seine Glieder strömen, und neue Hoffnung flammte in ihm auf. Wenn er dort hinkam …
    Während er den Hang hinaufhechelte, kam der Donner vieler Hufe immer näher. Plötzlich war er von einer Unmenge dieser großen Beutetiere umgeben, sie preschten mit hoch erhobenen Köpfen und trommelnden Hufen wie ein unaufhaltsames Flinkes Nass zwischen den Birken hindurch.
    Wolf machte auf der Pfote kehrt und sprang dazwischen, und sie ragten rings um ihn auf, während er in ihrem Moschusgeruch badete. Ein Bulle griff ihn an und Wolf wich den Kopfästen aus. Eine Kuh warnte ihn schnaubend, sich ihrem Kalb zu nähern, und er duckte sich unter ihr weg, um ihren stampfenden Hufen zu entgehen. Doch schon bald spürte die Herde, dass er sie nicht jagen wollte, und ließ ihn in Ruhe. Er rannte mit ihnen talaufwärts und sein Geruch wurde von ihrem verschluckt.
    Sie wechselten aus den Buchen in ein Gehölz aus Rottannen. Die Felsen wurden höher, die Bäume niedriger, dann ließen sie die Bäume ganz hinter sich und schwärmten in eine steinige Ebene aus, wie er noch nie eine gesehen hatte.
    Dem Geruch nach wusste Wolf, dass sich diese Ebene viele Sprünge weit ins Dunkel erstreckte und dass dahinter das Große Weiße Kalt lag. Was war das hier? Aber irgendwo dahinter lag das Ding, das ihn seit seiner ersten Höhle gerufen hatte, das Ding, das ihn unwiderstehlich anzog …
    Weit hinter ihm brüllte der Dämon. Er hatte seine Witterung verloren! Voller Freude warf Wolf die Rabenhaut hoch in die Luft und fing sie mit dem Maul wieder auf.
    Nach einer Weile drang ein anderes Geräusch an sein Ohr. Ganz schwach nur, aber unverwechselbar: der hohe, dünne Ruf, den Groß Schwanzlos machte, wenn er den

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