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Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Vogelknochen an seine Schnauze hielt!
    Dann ein noch viel schöneres Geräusch: Groß Schwanzlos selbst, der nach ihm heulte! Das schönste Geräusch im ganzen Wald!
    Die Rentiere liefen weiter, aber Wolf wusste, dass er umkehren musste. Noch war es nicht an der Zeit, zum Großen Weißen Kalt und dem, was dahinter lag, aufzubrechen. Er musste erst zurück und Groß Schwanzlos holen.

Kapitel 22

    RENN LAG IN ihren Schlafsack geschmiegt und überlegte gerade, ob sie aufstehen sollte, als Torak am Eingang der Hütte erschien. Erschrocken fuhr sie zusammen.
    »Zeit zum Aufbrechen.« Er hockte sich ans Feuer und hielt ihr einen Streifen Räucherfleisch hin. Den Schatten unter seinen Augen nach zu schließen, hatte er auch nicht besser geschlafen als sie.
    Sie setzte sich auf und biss halbherzig von ihrem Tagmahl ab. Der Kratzer auf ihrer Wange brannte, auch die Beule über dem Auge tat weh. Schlimmer noch war die bohrende Angst. Es war nicht nur die Nähe der Höhle oder der furchtbare Bär, es war etwas anderes, etwas, worüber sie nicht nachdenken wollte.
    »Ich hab die Fährte gefunden«, unterbrach sie Torak.
    Sie hörte auf zu kauen. »In welche Richtung sind sie gelaufen?«
    »Nach Westen, um den Hügel herum und dann in ein Buchengehölz.« Er stocherte im Feuer herum. Sein schmales Gesicht war vor Sorge angespannt. »Der Bär war direkt hinter ihm.«
    Renn stellte sich vor, wie Wolf vor dem Bären durch den Wald floh. »Torak«, sagte sie, »ist dir klar, dass wir auf Wolfs Fährte auch dem Bären folgen?«
    »Ja.«
    »Wenn wir ihn tatsächlich einholen …«
    »Ich weiß«, fiel er ihr ins Wort, »aber vom Warten hab ich die Nase voll. Wir haben die ganze Nacht gewartet und nichts ist geschehen. Wir müssen los und ihn suchen. Ich zumindest. Wenn du willst, kannst du hier bleiben …«
    »Nein! Natürlich komme ich mit! Ich wollte dich nur daran erinnern.« Ihr Blick fiel auf den Lachshauthandschuh, der an einem Pfosten der Hütte hing.
    »Meinst du, das reicht?«, fragte Torak, der ihrem Blick gefolgt war.
    »Keine Ahnung.«
    Der Zauber war ihr so klug vorgekommen, als sie ihn Torak gestern erklärt hatte. »Wenn jemand krank wird«, hatte sie gesagt und war sich dabei sehr wichtig vorgekommen, »liegt es für gewöhnlich daran, dass er etwas Schlechtes gegessen hat. Es kann aber auch sein, dass seine Seele von Dämonen weggelockt wurde. Die kranken Seelen müssen gerettet werden. Ich habe Saeunn oft dabei zugesehen. Sie bindet sich kleine Angelhaken an die Fingerspitzen, die ihr helfen, die kranken Seelen einzufangen. Dann schluckt sie einen bestimmten Trank, um ihre eigenen Seelen zu entlassen, damit sie auf die Suche …«
    »Was hat das mit der Nanuak zu tun?«
    »Das erzähl ich dir doch gerade«, tadelte sie. »Um sie zu finden, muss Saeunn ihre eigenen Seelen vor den Dämonen verbergen.«
    »Aha. Wenn du es also machst wie sie, kannst du die Nanuak vor dem Bären verbergen?«
    »Das glaube ich jedenfalls, ja. Um sich zu verbergen, schmiert sie sich das Gesicht mit Wermut und Erdblut ein und setzt eine Maske aus Ebereschenrinde auf, die mit einer Schnur aus dem Haar aller Sippenmitglieder zugebunden wird. So was Ähnliches habe ich vor.«
    Nach dieser Erläuterung hatte Renn eine kleine Schachtel aus Eschenrinde gefaltet und mit Wermut und rotem Ocker beschmiert. Dann hatte sie den Steinzahn hineingelegt und die Schachtel mit Strähnen von ihrem und Toraks Haar zugebunden.
    Es hatte ihr gut getan, etwas zu tun zu haben, statt sich nur um Wolf zu sorgen, und sie war sehr stolz auf sich gewesen. Jetzt, in der kalten Morgendämmerung, beschlichen sie Zweifel. Was wusste sie schon vom Wirken der Schamanen?
    »Komm«, sagte Torak und sprang auf. »Die Fährte ist noch frisch. Das Licht steht schön tief.«
    Renn spähte aus der Hütte. »Was ist mit dem Bären? Vielleicht hat er Wolfs Witterung verloren und kommt zurück, um uns zu holen.«
    »Das glaube ich nicht. Ich glaube, er ist immer noch hinter Wolf her.« Seine Worte beruhigten sie nicht im Geringsten.
    »Was hast du?«, wollte Torak wissen.
    Sie seufzte. Sie hätte gern gesagt: »Ich vermisse meine Sippe sehr; ich habe fürchterliche Angst, dass mir Fin-Kedinn nie verzeiht, dir zur Flucht verholfen zu haben; ich finde, wir sind verrückt, dass wir freiwillig hinter dem Bären herlaufen; ich habe das schlimme Gefühl, dass wir bald an den einzigen Ort kommen, wo ich niemals hinwollte; und ich mache mir Sorgen, weil ich eigentlich überhaupt nicht

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