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Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Titel: Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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Augen offen und blickte grinsend in die entgeisterten Gesichter der Versammelten. Ich sah auch, wie ihre Füße unter dem Tisch und ihre Finger auf der Tischplatte unwillkürlich den Takt mitklopften. Ich war nicht der beste Spieler in meinem Clan, ganz bestimmt nicht, und dennoch sprang jetzt einer der Trunkenbolde auf und begann wild und unbeholfen zu tanzen. Ich versuchte mir vorzustellen, wie Ryan die Meute hier erst in Schwung gebracht hätte. Wahrscheinlich hätten sie sich die Füße blutig getanzt.
    In Ma Sinclairs Blick lag eine Mischung aus Ehrfurcht und Dankbarkeit. MacKinnons Trunkenheit schien verflogen zu sein; er starrte mich wie hypnotisiert an und hatte offensichtlich alle Streitlust verloren. Ich kam richtig in Fahrt, spielte wie der Teufel, wie ihr Teufel, wie der Gegenspieler ihres Gottes. Die Vollsterblichen behaupteten, er sei der Vater und der Anführer aller Sithe. Ja, genau das war es, was sie in Wirklichkeit über uns dachten. Wir waren nicht das Volk des Friedens, wir waren die Gefallenen, die Engel der Hölle, nicht zu bekehren und rettungslos verdorben. Wut überkam mich. Ich drehte ihnen den Rücken zu, während meine Rage die Fiedel wie einen Höllendämon aufjaulen ließ. Dann lachte ich laut und drehte mich wieder zurück zu meinen Tänzern. William Beag erschrak so sehr, dass er rückwärts stolperte und hinfiel.
    Alle lachten, sogar William. Ein Schauer jagte durch meinen Körper. Ich hatte nicht bemerkt, dass die Tür zum Wirtshaus sich geöffnet hatte, bis ich einen eisigen Gedankenstich in mir spürte.
    Hör auf!
    Die Fiedel verstummte mit einem Krächzen und wie ein kaltes Leichentuch senkte sich die Stille über den Raum. Als Conal mir das Instrument abnahm, konnte ich mir ein halb bockiges, halb triumphierendes Grinsen nicht verkneifen.
    „Ziehst schon wieder alle Aufmerksamkeit auf dich, was?“ Conal gab Calum, dem Geiger des Grauens, die Fiedel zurück.
    „Der Kerl ist gut“, stotterte Calum, traute sich aber nicht, mich anzusehen.
    „Pah! Der Kerl hat ’ne Gabe, die nicht ganz geheuer ist“, sagte William Beag, verstummte jedoch sofort, als Conal ihn anstierte.
    Jetzt lief MacKinnon wieder zu Hochform auf. „Nichts als schmutzige Gedanken hast du, William Beag. Dass du dir immer das Maul zerreißen musst! Eben hast du noch lachend deinen fetten Hintern geschwunge n …“
    Weiter kam er zum Glück nicht, denn in diesem Moment stürzte eine Frau herein. Ihre langen Röcke ließ sie achtlos über den Boden schleifen, so wichtig und dringend schien ihr Besuch zu sein. Morag MacLeod, die Klatschtante des Clans, eine verbitterte Frau mit zerzausten Haaren, die Neuigkeiten immer als Erste unters Volk bringen musste. Diesmal schienen es gute Nachrichten zu sein oder zumindest bedeutende. Andernfalls hätte sie nie einen Fuß in das Wirtshaus gesetzt. Ich hatte schon von anderen gehört, was sie von Wirtshausbesuchern hielt und dass sie sich sehr unverblümt über die alte Ma Sinclair und ihre Kaschemme ausgelassen hatte.
    Sie zischte ihrem kahlköpfigen Ehemann aufgeregt ein paar Worte zu und er riss entsetzt die Augen auf. Die Neuigkeit machte schnell die Runde, Männer erhoben sich, bekreuzigten sich hastig und schienen ganz vergessen zu haben, dass sie das gar nicht mehr durften. Schuldbewusst ließen sie die Hände sinken und schauten einander an. Aus Geflüster wurde Gemurmel und schließlich ein einziger Tumult.
    Conal hatte mich am Arm gepackt. „Lass uns gehen.“
    „Was hat das zu bedeuten?“ Ich schnappte mir die Whiskyflasche, ein kleines Trostpflaster konnten wir gut gebrauchen.
    „Nichts Gutes.“ Er verstärkte seinen Griff, zerrte mich aus der Kneipe und in gebührendem Abstand hinter der Menschenmenge her, die jetzt auf den Marktplatz strömte.
    Wenn ich „Marktplatz“ sage, heißt das nicht, dass hier jemals ein Markt stattgefunden hätte, kein richtiger jedenfalls. Vielmehr schlossen die Leute hier ihre chaotischen Tauschgeschäfte a b – Nahrungsmittel, Ale, Werkzeuge und Dienstleistungen aller Art wurden angeboten. Außerdem feilschte man hier jedes Jahr um die besten und sonnigsten Äcker.
    Im Grunde war der Markt nur ein Stück platt getrampelte Erde zwischen der Kirche, dreckverschmierten Hauswänden und der Mühle. Conal, der mich immer noch am Arm hielt, erstarrte plötzlich und zog mich zurück.
    Der Priester lag auf dem Rücken und hatte den Kopf gegen die raue Mauer gelehnt, die die Kirche umgab. Sein Körper zuckte noch, als sich die

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