Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
Eili.
„Nicht wirklich. Man hat sie gefoltert und wollte sie auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Was erwartest du?“ Ich konnte die Verbitterung in meiner Stimme nicht verbergen.
Eili schaute zu Boden. „Es tut mir leid, Seth. Es tut mir leid, dass ich heute Morgen so garstig zu dir war.“
Ich schwieg, vielleicht einen Moment zu lange. „Ist schon gut.“
„Ich weiß, dass du nicht zurückkommen konntest. Vielleicht wäre die Zeit wirklich aus den Fugen geraten. Dann hätten wir Conal auch nicht retten können, egal wie schnell wir gewesen wären. Vielleicht wäre er sogar schon Monate tot gewesen.“
„Oder Jahre“, sagte ich.
„Ja, ich weiß. Tut mir wirklich leid wegen heute Morgen. Ich habe mir einfach nur Sorgen um Conal gemacht.“
„Ich auch.“
Eine Röte stieg ihr ins Gesicht, die sich ganz und gar nicht mit ihrer Haarfarbe vertrug. „Ich weiß, ich weiß. Wir haben dich schlecht behandelt.“
Ich öffnete schon den Mund, um zu sagen: Nein, habt ihr nicht. Heraus kam stattdessen: „Denk nicht mehr darüber nach.“
„Ich weiß, was du für Conal getan hast; alle wissen das.“
„Einschließlich Leonora.“ Ich lachte auf. „Ich frage mich, was genau sie mir eigentlich niemals vergeben wird.“
Eili zuckte die Schultern. „Den Tag deiner Geburt?“
Darauf fiel mir keine Antwort ein.
„Es ist schon komisch“, fügte sie hinzu. „Ich meine, ihre Tochter war auch nicht von Griogair, und trotzdem hat ihn das niemals gestört. Und warum auch?“
Ich sah auf. „Leonora hat eine Tochter?“
„Rionna. Wusstest du das nicht?“ Ich ertappte mich dabei, wie ich die Reflexion des Sternenlichts auf ihren Lippen bewunderte.
„Ist die auch so wie ihre Mutter?“, fragte ich verächtlich.
„Netter. Und hübsch. Sehr tapfer. Eine hervorragende Kämpferin.“
„All das könnte man von Leonora auch sagen.“
Eili rümpfte die Nase. „Schon, aber Rionna ist keine Hexe.“
„Ich dachte, das sei erblich.“
„Nein.“ Sie wirkte eingeschnappt. „Es ist eine Frage der eigenen Entscheidung.“
„Na gut, dann sagen wir, die Begabung ist erblich.“ Ich zögerte. „Macht Leonora dir Angst?“
„Natürlich, dir etwa nicht?“
„Nein.“ Das war gelogen. Ich hatte riesige Angst vor ihr und das ärgerte mich. „Und wo ist Rionna jetzt? Ich habe sie noch nie gesehen.“
„Doch, bestimmt, du wusstest nur nicht, dass sie es war. Sie ist an Kates Hof.“
Ich überlegte, welche der schönen, kaltschnäuzigen, hartherzigen Hofdamen sie wohl sein mochte. „Da passt sie sicher hin.“
„Hör auf, Murlainn. Conal hat sie sehr gern. Sie haben sich in der Zeit, als er Kates Hauptmann war, oft gesehen.“
„Und wo genau war sie, als er verbannt wurde?“
Eili zog einen Dolch und einen Schleifstein hervor und begann eifrig die Klinge zu schärfen. „Gefällt er dir?“, fragte sie und zeigte mir den Dolch. Er war leicht und schmal und hatte einen filigranen Griff, der aber sicher in ihrer Hand lag. „Ich gehe bei Kenna in die Lehre. Sie hält große Stücke auf mich.“
„Der Dolch ist wunderschön.“ Das war er auch. „Warum hat Rionna nichts gesagt, als ihr Bruder verbannt wurde?“
„Sie war auf dem Schlachtfeld. Sie ist nämlich nicht wie Lilith, die einfach nur herumsteht und zu allem ihren Kommentar abgibt. Sie ist eine echte Kriegerin.“
„Woher weißt du, dass sie auf dem Schlachtfeld war?“
Eili seufzte. „Ich habe nachgefragt. Ich hatte mich nämlich genauso gewundert wie du jetzt.“ Und als wollte sie mich herausfordern, fügte sie hinzu: „Ich bin mit ihr befreundet. Ich mag sie sehr gern.“
Nun gut. Ich biss mir auf die Lippe, um mir jede weitere Gehässigkeit zu verkneifen. Aber es ließ mich doch nicht los. „Was hat sie denn zu seiner Verbannung gesagt?“
„Sie war bestürzt, hat man mir erzählt. Aber sie musste Kate gegenüber loyal bleiben.“
„Das sind sie ja alle“, knurrte ich.
„Murlain n …“
„Aber was hielt sie denn von dem Grund für seine Verbannung?“
Eili zog die Messerschneide so hart über den Schleifstein, dass ihre Finger dabei zitterten.
Langsam wurde ich ungehalten. „Du machst meine Mutter dafür verantwortlich, stimmt doch, oder? Es war Kate, die ihn verstümmelt hat, Eili, nicht Lilith, Kate!“
„Lilith hätte ihm die Kehle aufgeschlitzt.“
„Kate auch, wenn sie geglaubt hätte, dass sie damit durchkommt.“
„Seth, du solltes t …“
„Sie wusste, dass sie es nicht tun kann, aber sie hätte es gern
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