Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
aufs Meer hinausschaute, hatte ich sie bereits vergessen. Ich ließ mich vom Spiel der Wellen hypnotisieren und war glücklich, wieder zu Hause zu sein.
Ich hatte es nicht besonders eilig damit, zur Festung zurückzukehren. Bei dem Gedanken daran wurde mir flau im Magen. Ich wollte niemanden sehen, ich war einfach nur froh, wieder zu Hause zu sein. Zwei Jahre hatte ich auf diesen Moment gewartet. Bis Conal sich erholt hatte, war mir alle s – und jede r – andere egal.
„Hallo!“ Hinter mir knirschten Schritte. Jemand war auf dem Felsen. „Na, du Sohn einer räudigen Wölfin?“
Ich sprang erschrocken auf. Die Stimme war tiefer, als ich sie in Erinnerung hatte, beinahe männlich. Und sie klang wunderschön, wohl auch, weil er so selten Gebrauch von ihr machte. Zumindest seine Stimme war immer noch schön. Er grinste mich an.
„Hallo, du hässlicher Bastard“, erwiderte ich.
„Der hässlichste in der ganzen Festung“, sagte Fox feixend. „Der einzig hässliche, um genau zu sein!“
Ich fiel ihm in die ausgebreiteten Arme.
„Ich hab dich vermisst“, sagte er, „du unerträglicher kleiner Mistkerl.“
„Ich dich auch“, sagte ich zögerlich. „Wie geht’s dir?“
„Großartig. Die Frauen lieben mein neues Aussehen.“
Er hatte es geschafft, sich einen Spitzbart wachsen zu lassen, den er ordentlich gestutzt hatt e – im Gegensatz zu seinem zerzausten Haar, das jedem verwahrlosten Landstreicher gut zu Gesicht gestanden hätte. Vielleicht hoffte er, dass der Bart von seinen Narben ablenken würde. Um ehrlich zu sein, sahen sie auch gar nicht mehr so schlimm aus. Na ja, sie sahen natürlich immer noch furchtbar aus, aber sie verliehen ihm immerhin so etwas wie ein markantes Äußeres.
„Glaube mir, Frauen lieben Charakterköpfe. Solche holden Jünglinge wie du sind denen egal.“
„Ach was“, gab ich zurück. „Die wollen nur deine Gefühle nicht verletzen. Reines Mitleid.“
„Oder sie fahren auf meine betörende Persönlichkeit ab.“
„Oh ja, Verstand, Schlagfertigkeit und natürliche Beredtheit.“
Er lachte und ich stimmte mit ein, ich konnte einfach nicht anders. Er umarmte mich noch einmal.
„Und“, fragte er, „bist du auf dem Weg zurück zur Festung?“
„Ach, wenn du mich so frags t …“, antwortete ich und grinste. „Ist eigentlich eine gute Idee.“
23. Kapitel
D as Mädchen schlich uns hinterher, hielt aber gebührenden Abstand. Fox musterte es aufmerksam, aber noch mehr schien ihn Branndair zu interessieren, der sich augenscheinlich sofort in ihn verliebt hatte. Zumindest hatte er ihn noch kein einziges Mal gebissen. Ich war belustigt und angesäuert zugleich.
Als das Tor zur Festung in Sicht kam, blieb Fox stehen. Branndair stemmte seine Pfoten gegen Fox’ Brust und Fox tat so, als wäre er schwer damit beschäftigt, ihn im Nacken zu kraulen. Mir war natürlich klar, dass er in Wirklichkeit nur dem Mädchen die Gelegenheit geben wollte, zu uns aufzuschließen. Tatsächlich beschleunigte Catriona ihren Schritt, als hätte sie plötzlich Angst, vor den Toren bleiben zu müssen. Als sie uns eingeholt hatte, lächelte Fox sie kurz an, dann gingen wir alle an den Wachposten vorbei in die Festung. Eine der Wachen rief mir einen Gruß zu und ich schaute überrascht auf. Es war Carney.
„Hast wohl deine Waffen verloren, was, Grünschnabel?“, rief er und zwinkerte mir zu.
Ich grinste ihn an. „Dein Glück.“
„Morgen Früh will ich dich in der Arena sehen! Du faules Stück bist bestimmt ganz aus der Übung!“
Das Mädchen drängelte sich zwischen uns und schaute Carney kampfeslustig an. Heiliger Strohsack, als würde sie mich beschützen müssen! Ich war verärgert, dass sie mich hier so lächerlich machte, aber wenn ich sie dafür gescholten hätte, wäre das noch lächerlicher gewesen. Außerdem bewunderte ich insgeheim ihren Mut. Ich würdigte sie keines Blickes.
„Deine Waffen hast du verloren, aber wie ich sehe, hast du dir zwei ordentliche Bluthunde zugelegt.“ Carney deutete auf Branndair und das Mädchen und schüttete sich aus vor Lachen. Die anderen Wachen fielen mit ein.
„Beachte sie einfach nicht.“ Fox griff nach meinem Arm und führte mich direkt auf die Schmiede zu.
Es dauerte einen Moment, bis sich meine Augen an die überhitzte Dunkelheit gewöhnt hatten. Kenna sah von der rot glühenden Esse auf und schaute mich an. Ihr rotbraunes Haar hatte sie geflochten, ihr liebliches Gesicht glühte von der Hitze. Sie zog ein Stahlband aus
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