Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir
männliche und drei weibliche Vampire, in schwarzen Gewändern mit weißen Händen; und während sie sich auf das Opfer zubewegten, warfen sie ihre Masken auf einen Haufen, grinsende Schädel mit den Stäben, die wie Gebeine aussahen. Sie waren von einer düsteren Schönheit, die sieben Vampire mit den bleichen Gesichtern, dem schwarzen Haar und den dunklen Augen, doch blaß und kalt neben dem blühenden Menschenkind mit dem goldschimmernden Haar und den rosigen Wangen, das sie umtänzelten. Ich konnte hören, wie man im Publikum den Atem anhielt und ergriffen seufzte. Es war ein packendes Schauspiel, der Reigen der blassen Gesichter unter der Führung des Gevatters Tod, der sich direkt an die Zuschauer wandte, die Hände über der Brust gekreuzt, den Kopf sehnsüchtig geneigt, als wolle er ihre Sympathie erregen - ist sie nicht unwiderstehlich?
Aber es war sie, die das magische Schweigen brach. »Ich will nicht Sterbens, wisperte sie mit einer Stimme wie eine Silberglocke.
›Wir sind der Tod‹, erwiderte er; und der Reigen wiederholte flüsternd: ›Der Tod.‹ Sie wand sich verzweifelt, warf das blonde Haar hin und her. ›Helft mir!‹ rief sie ins Publikum, doch leise, als fürchte sie, die Stimme zu heben. Claudia lachte unmerklich. Das Mädchen auf der Bühne verstand nur ungefähr, wo sie war und was mit ihr geschah, doch unendlich mehr als die Hunderte von Menschen, die sie angafften.
›Ich will nicht sterben! Ich will nicht sterben!‹ rief sie immer wieder;
ihre zarte Stimme brach, während sie die Augen nicht von dem großen bösen Feind ließ, dem Anführer der Vampire, der jetzt aus dem Kreis der anderen auf sie zutrat.
›Wir sterben alle‹, sagte er. ›Das einzige, was du mit jedem Sterblichen gemein hast, ist der Tod.‹ Er machte eine Handbewegung, die das Orchester, das Parken und die Logen umschloß.
Das Mädchen protestierte ungläubig. ›Nein‹, hauchte sie. ›Ich habe doch noch viele Jahre vor mir, so viele…‹ Ihre Stimme war hell, melodisch bei allem Weh und ebenso hinreißend wie die Bewegung des nackten Halses und der Hand, die hilflos flatterte.
Jahre!‹ sagte der Vampir höhnisch. »Woher weißt du, daß du noch viele Jahre vor dir hast? Der Tod nimmt keine Rücksicht auf Jahre. Vielleicht hast du schon lange eine Krankheit, die dich von innen verzehrt. Oder irgendwo wartet ein Unhold auf dich, der es auf dein goldenes Haar abgesehen hat!‹ Und seine Finger streckten sich begehrlich danach aus, während er mit sonorer Stimme hinzusetzte: ›Wer weiß, was das Schicksal für dich bereithält?‹
›Es ist mir gleich… ich fürchte mich nicht‹, und ihre Stimme klang so dünn, so gebrechlich nach der seinen. ›Ich will es wagen.‹
›Und wenn du es wagst und viele Jahre lebst - was erwartet dich? Das runzlige, zahnlose Antlitz des Alters!‹ Jetzt hob er ihr Haar, legte die weiße Kehle bloß und öffnete langsam die Knöpfe ihrer Bluse. Sie versuchte ihn abzuwehren, doch er hielt sie an den Handgelenken fest. Das Publikum schien aufzuseufzen, als sei es ein einziges Lebewesen; die Herren gebannt vornüber gebeugt, die Damen mit den Operngläsern vor den Augen. Ich sah die Bluse sich öffnen, sah die makellose Haut, unter der das Herz schlug, während ihr die Tränen die geröteten Wangen hinunterliefen und sie sich auf die Lippe biß. Er sagte: ›So rosig dieses Fleisch jetzt ist - es wird grau und faltig im Alter!‹
›Laß mich leben!‹ bettelte sie und wandte das Gesicht ab. ›Es kümmert mich nicht…‹
›Und warum soll es dich kümmern, wenn du jetzt stirbst? Wenn jene Dinge dir keine Angst einjagen… jene Schrecken?‹
Sie schüttelte den Kopf, überlistet und hilflos. Ich fühlte Unwillen in mir aufsteigen. Mit geneigtem Kopf trug sie die ganze Verantwortung für die Verteidigung des Lebens, und es war unfair, höchst unfair, daß sie ihre Logik gegen seine Diabolik einsetzen sollte für eine Sache, die heilig war, über jeden Zweifel erhaben und auf so liebliche Weise in ihr verkörpert. Doch er brachte sie zum Schweigen, verwirrte ihren Instinkt und machte ihn lächerlich. Ich konnte fühlen, wie sie innerlich schwach wurde und erstarb, und ich haßte ihn dafür.
Die Bluse war hinuntergeglitten, und ein Murmeln ging durch die erregte Menge, als die kleinen, runden Brüste entblößt waren. Sie bemühte sich, ihre Hände zu befreien, doch der Tod hielt ihre Gelenke fest und fuhr fort: ›Und angenommen, wir ließen dich gehen… angenommen, der
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