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Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Titel: Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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stärker hassen, als du jemals Lestat verabscheut hast. Louis, du darfst nicht mehr zu ihm gehen. Ich sage dir, ich bin in Gefahr.‹«

    »Am nächsten Abend ging ich, überzeugt, daß Armand der einzige von den Vampiren aus dem Theater war, dem ich vertrauen konnte. Sie ließ mich widerstrebend gehen, und ich war tief betroffen von dem Ausdruck in ihren Augen. Schwäche war ihr fremd, und doch sah ich Furcht und Niedergeschlagenheit. Und ich sputete mich, wartete vor dem Theater, bis der letzte Zuschauer gegangen war und die Türen verschlossen wurden. Wofür man mich hielt, weiß ich nicht - für einen Schauspieler, der seine Maske nicht abgenommen hatte? Mir war es gleich, und ich kam unangefochten ins Haus, ging an einigen Vampiren im Ballsaal vorüber und stand schließlich vor Armands geöffneter Tür. Er sah mich sogleich, hatte zweifellos längst meine Schritte gehört, und nun begrüßte er mich und bot mir Platz an. Er war nicht allein, ein Knabe war bei ihm, der eine Mahlzeit von einem Silbertablett und Wein aus einer Karaffe zu sich nahm. Seine Haut blühte, und sein Menschenduft und seine Menschenwärme waren eine Qual für mich. Doch für Armand offenbar nicht, er saß mir mit verschränkten Armen im Ledersessel am Kamin gegenüber, den Blick dem Knaben zugewandt. Er füllte sein Glas, hob es Armand entgegen, sagte ›Mein Meister!‹ und streifte mich mit einem Lächeln, doch der Toast galt Armand.
    ›Dein Dienen, erwiderte Armand mit verhaltenem Atem, der Leidenschaft verriet. Und er sah dem Knaben zu, während er trank. Ich konnte sehen, wie er die feuchten Lippen, die Bewegung der Kehle abschmeckte, als der Wein hinunterrollte. Jetzt nahm der Knabe ein Stück Fleisch, grüßte auf die gleiche Weise und verzehrte es langsam, die Augen auf Armand geheftet. Armand schien sich an diesem Schmaus zu laben, schien jenen Teil des Lebens in sich hineinzutrinken, den er nur noch mit den Augen genießen konnte. Und sosehr er sich darin verlor - es war beabsichtigt, und es war anders als die Qual, die ich vor vielen Jahren erlitten, da ich vor Babettes Fenster gestanden und mich nach menschlichem Leben gesehnt hatte.
    Nachdem der Knabe fertig war, legte er die Arme um Armands Hals, als genösse er das eisige Fleisch. Und ich erinnerte mich der Nacht, in der Lestat zum ersten Mal zu mir gekommen war, wie seine Augen brannten, sein weißes Gesicht schimmerte. So wie ich dir jetzt erscheine.
    Dann legte ihn Armand auf das Bett und schloß die Messinggitter, und in wenigen Minuten, träge von der Mahlzeit und dem Wein, war er eingeschlafen. Armand saß mir gegenüber und blickte mich mit seinen großen schönen Augen ruhig und scheinbar unschuldig an. Als ich mich zu ihm hingezogen fühlte, senkte ich meinen Blick und wünschte mir ein Feuer im Kamin, in dem aber nur Asche lag.
    Ich begann: ›Sie sagten mir, ich solle nichts von meinem Ursprung verraten - warum?‹
    Er betrachtete mich mit leiser Verwunderung; und ich fühlte mich so schwach, daß ich nicht einmal das vertragen konnte und die Augen abwandte.
    Und er fragte: ›Haben Sie den Vampir umgebracht, der Sie geschaffen hat? Sind Sie darum ohne ihn hier, wollen Sie darum seinen Namen nicht nennen? Santiago glaubt es.‹
    ›Und wenn es zuträfe, oder wenn wir Sie nicht vom Gegenteil überzeugen können - würden Sie versuchen, uns zu vernichten?‹ fragte ich zurück.
    ›Ich würde Ihnen kein Haar krummem, erwiderte er gelassen. ›Aber ich sagte Ihnen schon, daß ich hier nicht der Leiter bin, nicht in dem Sinne, in dem Sie danach fragten.‹
    ›Aber die anderen sehen Sie doch als ihren Führer an, nicht wahr?‹ wandte ich ein. ›Und Santiago - Sie haben ihn zweimal von mir zurück-gerissen.‹
    ›Ich bin mächtiger als Santiago, ich bin älter. Er ist jünger als Sie‹, sagte er. Seine Stimme war schlicht, ohne Stolz. Für ihn waren es Tatsachen.
    Ich sagte: ›Wir wollen keinen Streit mit euch.‹
    ›Aber er hat schon begonnen, erwiderte er. ›Nicht mit mir, nein. Doch mit denen da oben.‹
    ›Und was für einen Grund hat Santiago, uns zu mißtrauen?‹ fragte ich.
    Armand schien nachzudenken, die Augen gesenkt, das. Kinn auf die Hand gestützt. Nach einer Weile, die mir unendlich vorkam, blickte er auf und sagte: ›Ich könnte Ihnen Gründe anführen. Daß Sie zu schweigsam sind, zum Beispiel. Daß die Vampire in der Welt nur eine kleine Schar sind und in ständiger Angst, es könne Krieg unter ihnen geben. Sie wählen ihre Brut mit großer

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