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Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Titel: Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Fesseln und die zarten Riemchen ihrer weißen Schuhe sehen konnte. Schließlich sagte sie, ohne Lestat aus den Augen zu lassen. ›Sie sind trunken von Branntwein. Nur ein Fingerhut voll. Ich dachte an dich, als ich sie sah… ich dachte, wenn ich dies mit ihm teile, wird er mir vergeben.‹
    Ihre Schmeichelei erwärmte ihn. ›Mein Täubchen!‹ flüsterte er ihr zu und lachte, dann hielt er sich selber den Finger vor die Lippen, als gebiete er sich Schweigen, um die todgeweihten Kinder nicht zu wecken. Er winkte ihr, vertraulich, wie ein Verführer: ›Komm, setz dich dazu. Ich nehme diesen, und du nimmst den anderen. Komm!‹ Er umfaßte sie, als sie an ihm vorbeiging und sich neben dem anderen Knaben niederließ. Lestat strich über das feuchte Haar des einen Knaben, ließ die Finger über die runden Lider und die dunklen Wimperfransen gleiten; dann legte er seine ganze Hand auf das Gesicht und befühlte Schläfen, Wangen und Kinn. Er hatte vergessen, daß ich da war, vergessen, daß Claudia neben ihm saß, doch dann zog er die Hand zurück und saß einen Augenblick still, als mache sein Verlangen ihn schwindelig, sah zur Decke empor und wieder auf den köstlichen Schmaus. Dann drückte er langsam den Kopf des Knaben zurück, die Augenbrauen des Jungen zuckten einen kurzen Augenblick lang, und ein leises Stöhnen kam über seine Lippen.
    Claudia hielt die Augen fest auf Lestat gerichtet, während sie mit der linken Hand langsam das Hemd des Knaben neben ihr aufknöpfte, hineingriff und das nackte Fleisch befühlte. Lestat tat das gleiche, und es schien, als habe seine Hand ein eigenes Leben und zöge den Arm hinein und in einer festen Umarmung um die kleine Brust. Er glitt vom Sofa und kniete auf dem Boden, den Arm um den Leib des Kindes gelegt, und zog es so dicht an sich, daß sein Kopf sich an den Hals des Knaben schmiegte. Seine Lippen berührten Hals und Brust, dann fuhr er mit dem anderen Arm unter das Hemd, und der Knabe war unentrinnbar von beiden Armen umschlossen, und er zog ihn noch dichter an sich und grub die Zähne in seinen Hals. Der Kopf des Kindes sank zurück, die Lider flatterten, ohne sich wieder zu öffnen. Und Lestat kniete, den Knaben an sich gepreßt, und saugte heftig und stöhnte dabei, bis sich sein ganzer Körper spannte und seine Hände den Knaben von sich stießen, als klammere dieser sich in seinem unschuldigen Schlummer an Lestat, und schließlich legte er ihn in die Kissen zurück.
    Noch immer kniete er vor dem Sofa, jetzt den Kopf zurückgeworfen, so daß sein blondes Haar lose und unordentlich hinunterhing. Und dann sank er ganz zu Boden und flüsterte, mit halbgeschlossenen Lidern. ›O Gott…!‹ Ich konnte sehen, wie ihm das Blut in die Wangen schoß und seine Hände sich röteten. Eine Hand lag zitternd auf seinem angewinkelten Knie, und dann war sie ruhig.
    Claudia hatte sich nicht gerührt; sie lag wie ein Botticelli-Engel neben dem anderen, unverletzten Knaben. Der Körper des ersten begann schon zu verfallen, der Kopf hing wie eine gebrochene Blüte herab. Doch mit Lestat ging etwas Seltsames vor. Er lag allzu still und starrte zur Decke hinauf; seine Zunge bewegte sich mühsam, als versuche sie, die Barriere der Zähne zu überwinden und die Lippen zu berühren. Der Körper zitterte, die Schultern zuckten, dann löste sich die Spannung; doch er bewegte sich noch immer nicht. Ein Schleier hatte sich auf seine klaren grauen Augen gelegt. Er starrte an die Decke. Dann schien er etwas sägen zu wollen. Ich trat näher, doch Claudia zischte mich an: ›Geh zurück!‹
    ›Louis…‹, konnte ich ihn flüstern hören. ›Louis… Louis…‹
    ›Hat es dir nicht geschmeckt, Lestat?‹ fragte sie.
    ›Hier stimmt etwas nicht‹, stöhnte er und riß die Augen auf, als sei das Sprechen allein eine ungeheure Anstrengung. Er konnte sich nicht mehr bewegen; ich sah es genau. ›Claudia!‹ keuchte er und drehte ihr die Augen zu.
    ›Magst du nicht mehr den Geschmack von Kinderblut?‹ fragte sie mit sanfter Stimme.
    › Louis!‹ flüsterte er wieder und bemühte sich vergeblich, den Kopf zu heben. ›Louis, es ist… Absinth! Sie hat sie mit Absinth vergiftet. Sie hat mich vergiftet. Louis…‹ Er versuchte die Hand zu heben. Ich trat näher, so daß nur noch der Tisch zwischen uns stand.
    ›Bleib zurück!‹ sagte Claudia wieder. Und jetzt glitt sie vom Sofa, näherte sich Lestat und blickte ihm ins Gesicht, so wie er auf den Knaben geblickt hatte. ›Ja, Absinth, Vater‹,

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