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Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Titel: Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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sagte sie, ›und Laudanum.‹
    ›Teufel!‹ lallte er. ›Louis… leg mich in meinen Sarg!‹ Er wollte sich aufrichten, doch es gelang ihm nicht. ›Leg mich in meinen Sarg!‹ Seine Stimme war heiser und kaum hörbar. Die Hand zitterte, hob sich ein wenig und fiel herab.
    ›Ich werde dich in deinen Sarg legen, Vater‹, sagte Claudia, als wolle sie ihn beruhigen. ›Für immer.‹ Und dann zog sie unter den Kissen ein Küchenmesser hervor.
    ›Claudia‹, rief ich, ›tu das nicht!‹ Aber in ihrem Gesicht flammte ein Haß, wie ich ihn zuvor nie gesehen hatte. Ich stand wie gelähmt, als sie ihm an die Kehle ging, und er stieß einen kurzen würgenden Schrei aus. ›Gott!‹ rief er. ›O Gott!‹
    Das Blut schoß heraus und lief ihm über Hemd und Rock. Es strömte mit aller Macht aus ihm, all das Blut, mit dem er sich vollgetrunken hatte, von dem Knaben und schon davor; und Claudia drückte seinen Kopf zurück, damit die Wunde sich nicht schließen sollte. Dann stieß sie ihm das Messer in die Brust, und er stürzte vornüber, den Mund weit aufgerissen, so daß seine Fangzähne sich entblößten, mit flatternden Händen, die das Messer nicht zu fassen vermochten. Er sah mich an, keuchte ›Louis, Louis!‹ und fiel seitwärts auf den Teppich.
    Claudia war stehengeblieben und blickte auf ihn hinunter. Das Blut floß wie Wasser, überall hin. Er stöhnte und versuchte sich aufzurichten, ein Arm lag unter seinem Brustkorb, und mit dem anderen stieß er sich vom Boden ab. Dann plötzlich stürzte sie sich auf ihn, umklammerte seinen Nacken und verbiß sich in ihn. »Louis, Louis!‹ seufzte Lestat noch einmal, aber er konnte Claudia nicht abwerfen; ihr leichter Körper hob und senkte sich mit seinen Schultern, bis sie von ihm ließ und aufstand, die Hände an den Lippen, die Augen verschleiert. Ich wandte mich ab, weil ich es nicht mehr ertragen konnte. »Louis!‹ sagte jetzt Claudia, doch ich schüttelte nur den Kopf. Das ganze Haus schien sich zu drehen, und sie sagte: ›Schau, was mit ihm geschieht!‹
    Er lag auf dem Rücken und bewegte sich nicht mehr. Und sein ganzer Körper schrumpfte, trocknete ein; die Haut wurde dick und runzlig und so weiß, daß die kleinsten Adern bläulich durchschimmerten. Es verschlug mir den Atem, doch konnte ich die Augen nicht abwenden, und ich sah schaudernd, wie die Knochen sich durch das Fleisch abzuzeichnen begannen, die Lippen sich von den Zähnen zurückzogen und das Fleisch der Nase verdorrte, bis nur zwei große Löcher übrig waren. Doch die Augen, sie blieben die gleichen, sie starrten wild zur Decke, und die Augäpfel rollten von einer Seite zur ändern, noch als die Haut schon eine pergamentene Hülle war und die Kleider leer und hohl das Skelett umschlossen, das zurückblieb. Schließlich kamen auch die Augen zur Ruhe, und das Weiße wurde trübe. Dann kam alles zur Ruhe - eine Fülle blonder Haare, ein Tuchrock, ein Paar glänzender Schuhe, und dieser Schreckensanblick, der Lestat gewesen war und den ich nun hilflos anstarrte.«
    »Claudia stand noch lange regungslos da. Das Blut hatte ihr Kleid, ihre weißen Schuhe und ihre Wangen befleckt; es hatte den Teppich durchtränkt und die Blumenmuster dunkel gefärbt und klebte schwärzlich auf den Dielen. Sie versuchte, ihr Gesicht mit einer Serviette abzuwischen und sagte: ›Du mußt mir helfen, ihn fortzuschaffen.‹
    Ich sagte ›Nein!‹ und kehrte ihr den Rücken zu, ihr und dem Leichnam, der zu ihren Füßen lag.
    ›Bist du verrückt, Louis?‹ rief sie. ›Er kann doch hier nicht bleiben! Und die Knaben. Der andere ist tot von dem Absinth. Du mußt mir helfen! Louis!‹
    Natürlich hatte sie recht. Es war notwendig, und doch schien es mir unmöglich. Sie mußte mich antreiben, mich buchstäblich Schritt für Schritt führen. In dem Küchenherd lagen noch die Gebeine der beiden Frauen, die Claudia getötet hatte eine törichte und gefährliche Unterlassung. Wir holten sie heraus und verstauten sie in einem Sack und zogen den Sack über den Hof zum Wagen. Ich spannte die Pferde selber ein, nachdem ich den schlaftrunkenen Kutscher weggeschickt hatte, und fuhr aus der Stadt hinaus zu den dunklen Sümpfen, die sich zum Pontchartrain-See hin erstreckten. Claudia saß schweigend neben mir, während wir fuhren und fuhren, die letzten erleuchteten Häuser hinter uns ließen, bis die Straße schmaler und furchiger wurde und der Sumpf sich rechts und links von uns ausdehnte, eine scheinbar undurchdringliche Mauer von

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