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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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arbeitest.‹
    ›Soso‹, antwortete ich ein wenig reserviert. ›Und wo sind meine Sklaven?‹ Ich sah mich wieder um. Niemand in Sicht. Dann gab ich zu, tatsächlich an einem Geschichtswerk zu schreiben.
    ›Und du bist in Ägypten gewesene sagte er. Und seine Hand legte sich flach auf den Tisch.
    Ich sagte nichts und sah ihn mir genauer an. Er hatte etwas Weltfremdes an sich, die Art, wie er dasaß, die Art, wie er mit nur einer Hand gestikulierte. So gebärden sich oftmals einfache Leute, die ein wahrer Born an Weisheit zu sein scheinen, in Wirklichkeit aber nur über starrsinnige Überzeugungen verfügen.
    ›Ja‹, sagte ich etwas argwöhnisch. ›Ich war in Ägypten.‹
    Das gab ihm offenbar neuen Auftrieb. ›Und du beherrschst das Ägyptische in Schrift und Sprache?‹ fragte er ernst. ›Du kennst die Städte Ägyptens?‹
    ›Die gesprochene Sprache beherrsche ich, ja. Aber die alte Bilderschrift kann ich nicht lesen, nein. Ich kenne niemanden, der sie lesen kann. Ich habe gehört, daß sie selbst die alten ägyptischen Priester nicht lesen können. Die Hälfte der Texte, die sie abschreiben, vermögen sie nicht zu entziffern.‹
    Ein höchst seltsames Lachen entwand sich seiner Kehle. Ob aufgrund meiner Bemerkung oder weil er etwas wußte, das ich nicht wußte, vermochte ich nicht zu sagen. Er schien tief durchzuatmen; seine Nüstern weiteten sich. Dann erstarrte sein Gesicht. Er war wirklich ein verdammt gutaussehender Mann.
    ›Die Götter können es lesen‹, flüsterte er.
    ›Nun, ich wünschte, sie würden es mir beibringen ‹, sagte ich scherzhaft.
    ›Wirklich?‹, sagte er erstaunt keuchend. Er lehnte sich über den Tisch. ›Sag das noch mall‹
    ›War nur Spaß‹, sagte ich. ›Ich meinte nur, daß es schön wäre, wenn ich die alte ägyptische Schrift lesen könnte. Wenn ich sie lesen könnte, würde ich so einiges über Ägypten erfahren und wäre nicht mehr auf den Unsinn der griechischen Historiker angewiesen. Ägypten ist ein mißverstandenes Land…‹ Ich unterbrach mich. Warum unterhielt ich mich mit diesem Mann über Ägypten?
    ›In Ägypten gibt es noch wahre Götten, sagte er ernst, ›Götter, die es schon immer gab. Bist du auf dem tiefsten Grund Ägyptens gewesen?‹
    Seltsame Ausdrucksweise. Ich erzählte ihm, daß ich den Nil ziemlich weit hinaufgefahren sei, daß ich viel Erstaunliches gesehen hätte. ›Aber was die angeblich wahren Götter anbelangte sagte ich, ›es fällt mir schwer, an Götter mit Tierköpfen zu glauben…‹
    Fast traurig schüttelte er seinen Kopf. ›Den wahren Göttern muß man keine Götzenbilder errichten‹, sagte er. ›Sie haben Menschenköpfe, und sie erscheinen, wenn es ihnen beliebt, und sie leben, wie die Saat lebt, die aus der Erde sprießt, wie alle Dinge unter dem Himmel leben, die Steine sogar und der Mond, der die Zeit in schweigende, immerwährende Zyklen teilt.‹
    »Schon mögliche sagte ich leise. Glaubenseifer machte also seine Mischung aus Klugheit und Jugend aus. Ich hätte es wissen sollen. Und ich erinnerte mich der Schriften Julius Caesars, die besagten, daß die Kelten von Dis Pater, dem Nachtgott, abstammten. Glaubte dieser seltsame Gast an diese Dinge?
    ›Es gibt alte ägyptische Götten, sagte er, ›und es gibt auch in diesem Land alte Götter für jene, die ihnen zu dienen wissen. Ich denke da nicht an eure Tempel, bei denen Händler lungern, die Tiere verkaufen, um die Altäre zu entweihen, worauf die Metzger sich der Reste bemächtigen. Ich spreche von echtem Gottesdienst, dem echten Gottesopfer, dem einen Opfer, dem er Beachtung schenkt.‹
    ›Du meinst Menschenopfer, nicht wahr?‹ sagte ich zurückhaltend. Caesar hatte diese keltische Sitte recht anschaulich beschrieben, und allein der Gedanke daran ließ mir das Blut in den Adern gerinnen. Freilich hatte ich grauenvolle Sterbeszenen in der Arena Roms gesehen, grauenvolle Sterbeszenen auf Hinrichtungsplätzen, aber Menschenopfer für die Götter, derlei hatte es bei uns seit Jahrhunderten nicht gegeben. Wenn überhaupt jemals.
    Und jetzt dämmerte mir, wes Geistes Kind dieser bemerkenswerte Mann war. Ein Druide, ein Mitglied jener alten keltischen Priesterschaft, die bei Caesar Erwähnung fand, einer Priesterschaft, mächtiger als jede andere im gesamten Imperium. Aber eigentlich hätte sie es auch im römischen Gallien gar nicht mehr geben dürfen.
    Der Beschreibung nach trugen die Druiden lange, weiße Gewänder. Sie gingen in die Wälder und schnitten mit

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