Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis
Riesen waren zu einem schwelenden Haufen zusammengesunken.
Und nun war es Zeit, meines Richteramts zu walten, die Leute vortreten und sie ihre rachsüchtigen Fälle darlegen zu lassen, wobei ich ihnen mit meinen neuen Augen in die Seelen blickte. Mir wurde schwindlig. Ich hatte zuviel Blut getrunken, aber ich fühlte mich so stark, daß ich über die Lichtung hinweg und tief in den Wald hinein hätte springen können. Ich hätte unsichtbare Flügel ausbreiten können, so schien es mir jedenfalls.
Dennoch kam ich meiner ›Bestimmung‹ nach, wie es Mael genannt hätte. Ich gab dem einen recht, sprach den anderen schuldig, erklärte diesen für unschuldig, verurteilte jenen zum Tode.
Ich weiß nicht, wie lange das dauerte, da mein Körper jedes Zeitgefühl eingebüßt hatte. Aber schließlich war auch das getan, und mir war klar, daß es nun zu handeln galt.
Irgendwie mußte ich den Befehl des alten Gottes nun in die Tat umsetzen, verhindern, daß man mich in der Erde gefangensetzte. Und mir blieb nur noch verdammt wenig Zeit, keine Stunde mehr bis Sonnenaufgang.
Ich wußte, wenn ich es zuließe, mich von den Druiden wieder in den heiligen Baum einschließen zu lassen, würde ich bis zu der kleinen Opfergabe beim nächsten Vollmond vor Hunger vergehen. Und die Nächte bis dahin würden nur von Durst und Pein bestimmt sein und von dem, was der Alte › die Träume des Gottes ‹ genannt hatte, in denen ich die Geheimnisse des Baumes und des sprießenden Grases und der schweigenden Mutter erfahren würde. Aber diese Geheimnissee waren nichts für mich.
Die Druiden umringten mich jetzt, und wir machten uns wieder zu dem heiligen Baum auf. Die Hymnen wurden zu einer Litanei, die mir geboten, in der Eiche zu verweilen, um den Wald zu heiligen, um sein Beschützer zu sein und um der Priesterschaft durch die Eiche wohlmeinenden Rat zu erteilen, wenn sie von Zeit zu Zeit vorbeikämen und meiner Weisheit bedürften.
Ich blieb stehen, ehe wir bei der Eiche angekommen waren. In der Mitte des Hains flackerte ein riesiger Scheiterhaufen und warf gespenstisches Licht auf die geschnitzten Fratzen und die Menschenschädel. Der Rest der Priesterschaft stand harrend um ihn herum.
Hastig begann ich zu sprechen. Mit gebieterischer Stimme sagte ich ihnen, daß sie allesamt den Hain verlassen sollten, da ich mit dem alten Gott in der Eiche allein zu sein wünsche. Aber ich merkte gleich, daß es nicht klappte. Sie starrten mich kalt an, mit gläsernen Augen, und warfen sich gegenseitig Blicke zu.
›Mael!‹ sagte ich. ›Führe meinen Befehl aus. Sag diesen Priestern, daß sie den Hain verlassen sollen. ‹
Plötzlich, ohne die geringste Vorwarnung, rannte die Hälfte der Priester zu dem Baum. Die anderen packten mich an den Armen.
Ich versuchte, mich zu befreien, aber gut zwölf Priester hielten meine Arme und Beine umklammert.
Wenn ich geahnt hätte, wie stark ich war, hätte ich mich leicht befreien können. Aber das wußte ich nicht. Zu groß war der Schrecken angesichts dessen, was jetzt passieren würde. Während ich noch um mich tretend loszukommen versuchte, wurde der alte Gott, dieses nackte und schwarze Ding, aus dem Baum getragen und ins Feuer geworfen.
Ich sah ihn nur für den Bruchteil einer Sekunde, und er gab ein Bild völliger Resignation ab. Kein einziges Mal erhob er seine Arme, um sich zu wehren. Seine Augen waren geschlossen, und er sah weder mich noch sonst jemanden, noch irgend etwas an, und ich erinnerte mich wieder an das, was er mir über sein Leid erzählt hatte, und ich fing zu weinen an.
Ich zitterte heftig, als sie ihn verbrannten. Aber aus den Flammen hörte ich seine Stimme. ›Tu, was ich dir befohlen habe, Marius. Du bist unsere Hoffnung. ‹ Das hieß, verschwinde hier, und zwar sofort.
Ich überließ mich willfährig denen, die mich festhielten. Ich weinte und weinte und spielte das trauernde Opfer all dieser Magie, den armen Gott, der seinen zu den Flammen verdammten Vater beklagte. Und als ich spürte, wie sich ihr Griff lockerte, als ich sah, daß sie alle in den Anblick des Scheiterhaufens versunken waren, drehte ich mich mit aller Kraft herum, riß mich los und rannte so schnell ich konnte in den Wald.
Während dieses ersten Spurts wurde mir klar, über welche Kräfte ich verrügte. Ich legte in Sekundenschnelle eine gewaltige Strecke zurück, wobei meine Füße den Boden fast kaum berührten.
Aber sofort ertönte der Schrei: ›DER GOTT IST GEFLOHEN! ‹ Und unverzüglich hallte
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