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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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daran, es mir heimzuzahlen. Sie lockte mich in die Falle, und sie hörte nicht auf, immer wieder und wieder das Messer in meinen betäubten und vergifteten Körper zu stoßen, bis fast jeder Tropfen meines Vampirblutes aus mir herausgeflossen war, bevor meine Wunden ein paar kostbare Sekunden lang Zeit hatten, zu heilen.
    Ich kann es ihr nicht verübeln. Ich hätte wahrscheinlich genauso gehandelt an ihrer Stelle.
    Aber diese Augenblicke des Wahnsinns und der Raserei werde ich wohl nie vergessen, und ich werde sie auch nicht in irgendeinen unerforschten Winkel meines Geistes sperren. Es waren ihre Schläue und ihre Willenskraft, die mich bezwangen, genauso wie die scharfe Klinge, die meine Kehle durchschnitt und mein Herz teilte. Solange ich weitermache, werde ich jede Nacht an diesen Augenblick zurückdenken, und an den Abgrund, der sich vor mir auftat, den Sprung in den sterblichen Tod, der fast wahr geworden wäre. Das hat Claudia für mich getan.
    Aber während das Blut floß und die Kraft, zu sehen und zu hören und sich schließlich zu bewegen, mit sich nahm, wanderten meine Gedanken immer weiter zurück, bis zu den Tagen vor dem Entstehen der verdammten Vampirfamilie in ihrem Paradies aus Tapeten und Spitzenvorhängen, bis zurück zu den blassen Bildern von den Hainen und Ländern alter Sagen, in denen der dionysische Gott der Wälder immer wieder von neuem hatte ertragen müssen, daß sein Fleisch zerfetzt, sein Blut vergossen wurde.
    Wenn es schon keinen Sinn gab, dann gab es doch wenigstens einen Schein von Übereinstimmung, die bestürzende Wiederholung desselben alten Themas.
    Und der Gott stirbt. Und der Gott erhebt sich. Aber diesmal wird niemand erlöst.
    Mit Akaschas Blut, hatte Marius zu mir gesagt, wirst du Unheil überstehen, dem die anderen von unserer Art nicht standhalten würden.
    Später, als ich in dem Gestank und der Dunkelheit der Sümpfe zurückblieb, fühlte ich, wie ich vom Durst bestimmt war, wie er mich antrieb, ich fühlte, wie sich in dem stinkenden Wasser mein Mund öffnete und wie meine Fangzähne die warmblütigen Dinge suchten, die mich wieder auf die Beine bringen konnten.
    Und drei Nächte später, als ich wieder geschlagen war und meine Kinder mich ein für allemal in dem lodernden Inferno unserer Stadtwohnung zurückließen, war es das Blut der Alten, das Blut von Magnus und Marius und Akascha, das mir die Kraft gab, mich vor den Flammen in Sicherheit zu bringen. Doch ohne das göttliche Blut der Alten, ohne eine frische Zufuhr davon, mußte ich warten, bis die Zeit meine Wunden heilte.
    Aber was Louis in seiner Geschichte nicht erzählen konnte, war alles, was danach mit mir geschah, wie ich jahrelang am Rande der menschlichen Herde jagte, ein häßliches, verkrüppeltes Monster, das nur die ganz Jungen und Schwachen zu Fall bringen konnte. In ständiger Gefahr vor meinen Opfern, war ich die sprichwörtliche Antithese eines romantischen Dämons, brachte Schrecken anstatt Entzücken und wäre von den alten Geistern von Les Innocents in ihrem Dreck und ihren Lumpen kaum zu unterscheiden gewesen.
    Die Wunden, die ich davongetragen hatte, beeinträchtigten meine geistigen Kräfte, meine Fähigkeiten, logisch zu denken. Und was ich im Spiegel zu sehen bekam, wenn ich mich überhaupt getraute hineinzusehen, war nicht gerade Balsam für meine Seele. Im Gegenteil.
    Aber nicht ein einziges Mal habe ich während all dieser Zeit nach Marius gerufen, um ihn zu mir zu holen. Ich konnte ihn nicht um sein heilendes Blut bitten. Lieber in schlimmster Einsamkeit leben, die schlimmsten Qualen erleiden, als festzustellen, daß er wußte, was mit mir war, und sich schon längst von mir losgesagt hatte.
    Und von Gabrielle, die mir alles verziehen hätte und deren Blut genügend Macht besaß, um meine Heilung wenigstens zu beschleunigen, wußte ich nicht einmal, wo ich nach ihr hätte suchen sollen.
    Als ich mich so weit erholt hatte, um die lange Reise nach Europa antreten zu können, ging ich zu dem einzigen, an den ich mich wenden konnte: zu Armand. Armand, der noch immer auf dem Stück Land lebte, das ich ihm gegeben hatte, in derselben Stadt, in der mich Magnus geschaffen hatte, Armand, der noch immer das blühende Theater der Vampire am Boulevard du Temple leitete, das noch immer in meinem Besitz war. Armand schuldete ich keine Erklärungen. Aber schuldete er nicht mir etwas?
    Es war ein Schock, ihn zu sehen, als er auf mein Klopfen an die Tür kam. Mit seinem maßgeschneiderten schwarzen

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