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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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man m Frankreich so was wie dich früher genannt hat, euch Landherren? Man nannte euch Hasenfänger, weil ihr Hasen gefangen habt, um nicht zu verhungern. Und was bist du jetzt in diesem Haus? Ein heruntergekommenes Gespenst, ein Rattenfänger. Du bist genauso verrückt wie die Alten, die nur noch Unsinn brabbeln, ohne Sinn und Verstand! Und die Ratten jagst du, weil du zu nichts anderem taugst.
    Wieder lachte ich. Ich lachte und lachte. Ich mußte an die Wölfe denken, und ich lachte.
    »Du bringst mich immer zum Lachen«, sagte ich zu ihm. »Unter diesem Friedhof in Paris hätte ich auch über dich gelacht, wenn es mir nicht so unfreundlich vorgekommen wäre. Und sogar als du mich verflucht hast und mich für all die Geschichten, die man sich über uns erzählt, verantwortlich gemacht hast, fand ich es sehr komisch. Wenn du nicht drauf und dran gewesen wärst, mich über die Mauer vom Turm zu werfen, hätte ich da auch gelacht. Ständig bringst du mich zum Lachen.«
    Dieser Haß zwischen uns war köstlich, jedenfalls kam es mir so vor. Welch ein erregendes Gefühl, ihn dort vor mir zu haben, mich über ihn lustig zu machen und ihn herunterzuputzen.
    Aber plötzlich veränderte sich die Szene. Ich lag nicht mehr im Schotter, sondern ich ging durch mein Haus. Und ich trug nicht mehr die schmutzigen Lumpen, in die ich mich jahrelang gewickelt hatte, sondern ich hatte einen schönen schwarzen Frack und ein mit Satin gefüttertes Cape. Und das Haus, dieses Haus war wunderbar, und all die Bücher standen an ihrem Platz in den Regalen. Der Parkettfußboden glänzte unter dem Leuchter, und von überallher kam Musik, der Takt eines Wiener Walzers, der volle Klang der Geigen. Mit jedem Schritt spürte ich wieder neue Kraft, und ich fühlte mich leicht, so wunderbar leicht. Ich hätte die Treppe hinauflaufen und zwei Stufen auf einmal nehmen können. Ich hätte hinaus und hoch hinauf in die Dunkelheit fliegen können, mit meinem schwarzen Umhang als Flügel.
    Und dann bewegte ich mich durch die Dunkelheit nach oben und stand mit Armand auf dem Dach. Strahlend stand er neben mir, in seinem altmodischen Abendanzug, und zusammen blickten wir über den Dschungel rauschender dunkler Baumwipfel bis hinüber zu dem silbrigen Fluß in der Feme und dem tiefen Himmel, dort, wo die Sterne durch die perlgrauen Wolken stachen.
    Bei diesem Anblick mußte ich weinen, während ein feuchter Wind Ober mein Gesicht strich. Armand stand neben mir und hatte den Arm um mich gelegt. Und er sprach von Vergebung und Traurigkeit, von Weisheit und von den Dingen, die man durch Schmerzen erfährt. »Ich liebe dich, mein dunkler Bruder«, flüsterte er.
    Und ich fühlte die Worte wie Blut durch mich hindurchfließen.
    »Ich wollte keine Rache«, flüsterte er. Sein Gesicht war ergriffen, sein Herz gebrochen. »Aber du bist gekommen, um geheilt zu werden«, sagte er, »du wolltest mich nicht! Ein ganzes Jahrhundert lang hatte ich gewartet, aber du wolltest mich nicht!«
    Und da wußte ich, was ich schon die ganze Zeit gewußt hatte, ich wußte, daß meine Wiederherstellung eine Täuschung war, daß ich natürlich noch immer das Skelett in Lumpen war. Und das Haus war noch immer eine Ruine. Und in dem übernatürlichen Wesen, das mich hielt, steckte die Kraft, die mir den Himmel und den Wind zurückerobern könnte.
    »Du mußt mich lieben, und das Blut gehört dir«, sagte er. »Das Blut, das ich noch keinem anderen gegeben habe.« Ich fühlte seine Lippen an meinem Gesicht.
    »Ich kann dich nicht täuschen«, erwiderte ich. »Ich kann dich nicht lieben. Was bist du für mich, daß ich dich lieben sollte? Ein totes Ding, das nach der Macht und der Leidenschaft anderer dürstet? Oder gar die Verkörperung von Durst?«
    Und in einem Augenblick unberechenbarer Kraft war ich es nun, der ihn nach hinten und vom Dach stieß. Völlig schwerelos war er, als sein Körper mit der grauen Nacht verschmolz.
    Aber wer war nun besiegt? Wer fiel immer tiefer und tiefer hinunter durch die weichen Zweige der Bäume bis auf den Boden, wo er hingehörte? Zurück zu den Lumpen und dem Schmutz unter dem alten Haus. Wer lag am Ende zwischen den Schottersteinen und drückte Gesicht und Hände fest gegen die kühle Erde?
    Vielleicht habe ich mir das alles indessen nur eingebildet, sein letztes Angebot und die Qualen danach. Und daß er geweint hat. Aber ich weiß, daß er in den darauffolgenden Monaten zurückgekommen ist. Daß er da war. Manchmal hörte ich, wie er durch jene

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