Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten
einmal im Kreise herum, wobei ihre schwarzweißen Seidengewänder sie kurz umtanzten; und überall wurden die Menschen wie von unsichtbaren Händen aufgefangen und zu Boden geschleudert. Ihre Körper lagen zuckend da. Die Frauen blickten auf die geschlagenen Opfer und rauften sich die Haare.
Es dauerte einen Moment, ehe ich begriff, was da geschah - daß sie die Männer tötete. Es war nicht durch Feuer. Es war irgendein unsichtbarer Angriff auf die lebenswichtigen Organe. Blut quoll aus ihren Ohren und Augen, während sie ihren Geist aushauchten. Wutentbrannt stürzten sich einige Frauen auf Akascha, nur um demselben Schicksal entgegenzueilen. Die Männer, die sie angriffen, wurden augenblicklich bezwungen.
Dann hörte ich ihre Stimme in meinem Kopf:
Töte sie, Lestat. Schlachte die Männer bis auf den letzten nieder.
Ich war wie gelähmt. Ich stand neben ihr, damit ihr niemand nahe kommen konnte. Aber sie hatten ohnehin keine Chance. Das war schlimmer als ein Alptraum, schlimmer als die dummen Schrecken, deren ich während meines ganzen verwünschten Lebens teilhaftig geworden war. Plötzlich stand sie vor mir, umgriff meine Arme. Ihre weiche, eisige Stimme dröhnte in meinem Gehirn.
Mein Prinz, mein Geliebter. Du wirst das für mich tun. Schlachte die Männer ab, so daß die Legende ihrer Bestrafung die Legende des Tempels übertrumpfen wird. Sie sind die Gefolgsleute des Blutgottes. Die Frauen sind hilflos. Bestrafe die Männer in meinem Namen.
»Ach, um Himmels willen, verlange das nicht von mir«, flüsterte ich. »Sie sind bedauernswerte Menschen!«
Die Menge schien völlig kopflos geworden zu sein. Jene, die in den Hinterhof geflüchtet waren, fanden sich in einer Falle. Überall lagen Tote und Sterbende, während die nichtsahnenden Pilger flehentlich um Einlaß baten.
»Laß sie in Ruhe, Akascha, bitte«, sagte ich zu ihr. Hatte ich jemals in meinem Leben so inbrünstig um etwas gebeten wie jetzt? Was hatten diese armen Leute schon mit uns zu tun?
Sie kam näher. Ich konnte nur noch ihre schwarzen Augen sehen.
»Mein Geliebter, das ist ein heiliger Krieg. Nicht das abscheuliche Aussaugen menschlichen Lebens, wie du es Nacht für Nacht ohne Sinn und Verstand getan hast, nur um zu überleben. Jetzt tötest du in meinem Namen und für meine Sache, und ich schenke dir die größte Freiheit, deren man überhaupt nur teilhaftig werden kann: Ich sage dir, daß es rechtens ist, deinen sterblichen Bruder zu morden. Nun nutze die neue Macht, mit der ich dich ausgestattet habe. Wähle deine Opfer, eins um das andere, nutze deine unsichtbare Kraft oder die Kraft deiner Hände.«
Mir schwindelte. Verrügte ich über diese Macht nur, um Menschen auf der Stelle niedersinken zu lassen? Ich sah mich in den raucherfüllten Gewölben um, wo der Weihrauch noch immer aus den Kesseln dampfte und die Körper übereinanderstolperten, wo Männer und Frauen sich schreckensbleich umarmten, während andere sich in die Ecken verkrochen, als ob sie dort noch Sicherheit finden könnten.
»Ihnen ist kein Leben mehrbeschieden«, sagte sie. »Tu, wie ich dir befohlen habe.«
Mir war, als sei ich Opfer einer Vision; sicher entsprang dies alles nicht meinem Herzen oder meiner Seele. Ich sah eine ausgemergelte Gestalt vor mir auftauchen; ich blickte sie mit knirschenden Zähnen an, konzentrierte meine ganze Bosheit wie in einen Laserstrahl, und dann sah ich, wie das Opfer von den Füßen schnellte und rückwärts taumelte, während das Blut aus seinem Mund strömte. Leblos und verdorrt sank es zu Boden.
Ja, töte sie. Versuche, die weichen Organe zuerst zu treffen, zerreiße sie; laß das Blut fließen. Du weißt, daß du das schon immer tun wolltest. Töten, als sei es nichts, zerstören, ohne Skrupel und Reue!
Es war wahr, so wahr, aber es war auch verboten, verboten, wie nichts sonst auf Erden …
Ein junger Mann, vom Wahnsinn besessen, stürzte auf mich zu, wollte mir an den Hals. Tote ihn. Er verfluchte mich, als ich ihn mit der unsichtbaren Kraft zurückschleuderte. Und dann fühlte ich sein letztes Aufzucken tief in meinem Hals und meinem Magen und als plötzlichen Druck in den Schläfen; ich fühlte es, als hätte ich ihm tatsächlich mit eigenen Händen den Schädel eingedrückt und das Gehirn ausgequetscht. Es zu sehen, wäre unschicklich gewesen; es gab keine Notwendigkeit, es zu sehen. Ich mußte nur sehen, wie das Blut aus seinem Mund und seinen Ohren und über seine Brust spritzte.
Ach, sie hatte ja so recht, daß
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